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Und drauf das freie Feld gewann

       Eilt unter wilden Herzensschlägen

       Er dem verrathnen Karl entgegen.

       »Mein Herr und König, ach verzeiht,

       Wenn ich statt Wonn' Euch bringe Leid,

       Wenn jetzt das Unheil aus meinem Munde

       Vergiftet des Sieges süße Kunde.«

       »So sprecht, Herr Taland, doch sogleich,

       Welch' Unfall traf mein armes Reich,

       Oder wohl gar mein liebes Gemahl,

       Oder mein Kind, oder alle zumal?«

       »Nicht Reich und Kind! zu dieser Stund

       Ist beides, Herr! stark und gesund,

       Aber, o dürft ich doch nimmer sprechen

       Von dem verruchten, schwarzen Verbrechen!«

       Schon wacht des Königs ganzer Grimm:

       »Sprich, Unglücksbote!« zürnt er ihm,

       Und was auch Taland's Gewissen sagt,

       Die schuldlose Gattin wird verklagt:

       Sie habe verletzt der Treue Band,

       Gesündigt frech an König und Land,

       Und daß kein Hüter ihr Aug' bewache,

       Verschlossen Herrn Taland im finstern Gemache.

       Und Karl befiehlt, im Zorn entbrannt:

       »Die Buhlerin, sie sei verbannt!

       Und daß ihr Blick ferner dem Frevel nicht tauge

       So raubt auf immer das Licht ihrem Auge!«

       Wie drauf Herr Karl auf seinem Schloß

       Erscheint, da ist die Lust nicht groß,

       Denn Hildegardis' Mißgeschick

       Betrübet jeden guten Blick;

       Noch fühlen All' ihr herbes Leiden,

       Als sie vom Kinde mußte scheiden,

       Und durch den Spruch, den Karl gefällt,

       Hinausziehn in die fremde Welt. –

       Inzwischen wankt in düsterm Sinn

       Die tiefgebeugte Königin,

       Das Herz beim Kind und beim Gemahl,

       Der Gränze zu und neuer Qual.

       Die niedern Knechte, ihr Geleit,

       Gedenken jetzt in Traurigkeit

       Zum Erstenmal, daß um zu enden,

       Sie ihr die Augen sollen blenden.

       »O Gott,« ruft ihre Dienerin,

       »So richtest du die Tugend hin!«

       Doch jene zürnt: »Mit Gott kein Rechten!«

       Und wendet mild sich zu den Knechten:

       »So nehmet dieses Auges Licht!

       Seitdem das Liebste mir gebricht,

       Erregt die Erde mir nur Schmerzen,

       Den Himmel schau' ich mit dem Herzen!«

       Allein das Auge, wie verklärt,

       Das nach den Knechten hin sich kehrt,

       Macht, daß das Herz der Harten zagt,

       Und Keiner sie zu blenden wagt.

       »Lebt wohl, Frau Königin! wir gehn,

       Mag auch, was will, mit uns geschehn!

       Das hohe Licht des Himmels spricht

       Aus Euerm Blick, die Erde nicht.«

       »Sieh Gottes wundervolle Hand!«

       Ruft sie, zur Dienerin gewandt,

       Und nimmt vereint mit ihr den Pfad

       Gen Rom nun hin, der heil'gen Stadt.

       Doch Karl'n dem König fehlt die Ruh

       Und Herrn Talanden auch dazu;

       Ja dieser Arge büßt den Schein

       Der Augen nun von selber ein.

       Umsonst ist aller Aerzte Fleiß –

       Da zieht er, wie auf Gott's Geheiß,

       Zu baden sich im Segensstrom,

       Mit seinem Bruder Karl gen Rom.

       Und siehe da, kaum sind sie hier,

       Da tritt die hohe Frau herfür,

       Berührt den Blinden, und sogleich

       Umfängt ihn neu des Lichtes Reich.

       Und vor ihr nieder sinkt Taland,

       Und spricht: »So hat's der Herr gewandt!«

       Bekennt freiwillig jede Schuld

       Und fleht um Hildegardis' Huld.

       »Das gilt dein Leben, arger Knecht!«

       Ruft Karl; doch Gnad' ergeht für Recht,

       Auf Hildegardis' frommes Flehn

       Darf er nur aus dem Reiche gehn.

       Drauf durch des heil'gen Vaters Mund

       Fleußt neuer Segen auf den Bund

       Des hohen Paars, zu Gottes Ehr';

       Den scheidet forthin Keiner mehr.

       Und zum Gedächtniß der Geschicht

       Hat Hildegardis aufgericht

       Ein Kloster, welches, hoch erhöht,

       Zu Kempten diesen Tag noch steht.

       30. Wie Sancimon und Celebrand das Kloster zu

       Kempten gebauet.

       P . F . H u e b e r Unsterbl. Gedächtniß etc. der

       Helden von Thaurn, Andechs und Hohenwarth.

       Ingolstadt 1670. S. 190. B r u s c h chron. p. 98.

       Der erste Stein des fürstlichen Klosters Kempten ist

       von Rolando, so dazumal aus den Franzosen der

       stärkste soll gewesen sein, im Beisein vieler Fürsten

       und Herren mit großer Majestät gelegt worden. Zu

       Verfertigung des ganzen Gebäues aber hat Hildegardis

       zween an Größe und Stärke unvergleichliche Riesen

       gebraucht, Sancimon und Celebrand mit Namen,

       welche so viel Stein und Mörtel alltäglich herzugetragen

       haben, als sechzehn gemeine Taglöhner hätten

       ausrichten können; waren aber dabei dermaßen gefräßige

       Leut, daß sich Jedermann mit Lachen über sie

       verwundert, da sie wie andere Herkules ganze Ochsen

       hinweggefressen. Einer derselben, Celebrand, ist nach

       dem Tode der Stifterin nach Welschland gekommen,

       Sancimon aber zu Kempten gestorben und mitten in

       des Klosters Kirche begraben worden.

       31. Heinrich Findelkind von Kempten.

       Nach dem Volksbuch: Historisches Schatzkästlein für

       Bayern. München 1832. I., S. 21. Vgl. H o r m a y r

       goldene Chronik S. 128.

       Der Mayr von Kempten, von seinem Abte geliebt,

       und durch diese Gunst, durch rastlosen Fleiß und

       Segen von Oben bereichert, hatte neun Söhne. Dazu

       wurde ihm ein zehnter Knabe bei Nachtszeit vor die

       Thüre seines Hauses gelegt. Die Hausfrau und Ehewirthin

      

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