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schlang sie den Riemen über ihre eigene Schulter und befestigte dann ihre Brustplatten. Sie ließ die Gestalt des ohnmächtigen Häuptlings nicht aus dem Auge bis sie den Raum verlassen hatte.

      In einer Nische der äußeren Höhle, direkt neben der Öffnung, die zum Vorplatz führte, - befand sich ein Stapel runder Haken, etwa achtzehn bis zwanzig Fuß lang. Sie wählte fünf davon und trug die Haken mit sich fort, während sie dem äußeren Ende der Höhle zuschritt. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie beobachten und zurückhalten konnte, eilte sie zu den Haken, die bereits in den Felsen eingeschlagen waren. An diesen kletterte sie mit der Geschwindigkeit eines Äffchens empor, bis sie die oberste Reihe der Haken erreicht hatte, denen sie nun in Richtung auf das andere Ende der Schlucht folgte. Dort war über ihrem Kopf eine Reihe von schmalen runden Löchern eingeschlagen, die in drei Reihen nebeneinander verliefen. Sie klammerte sich nur mit den Füßen fest, entnahm dem Bündel zwei Haken und, mit einem in jeder Hand, reichte sie nach oben, soweit sie eben kommen konnte und steckte die Haken in zwei gegenüberliegende Löcher der äußeren Reihe. An diesen neuen Haken hängend, nahm sie min zwei weitere Haken mit jedem Fuß und hielt den letzten Haken mit dem Schwanz fest. Sie drehte den Schwanz nach oben und steckte den fünften Haken in eines der Löcher aus der mittleren Reihe. Dann, einmal am Schwanz, dann an den Händen oder Füßen hängend, kletterte sie nach oben und brach so ihre Treppe hinter sich ab, um sie vorn wieder aufzubauen. Ein knorriger Baum auf dem Gipfel des Felsens ließ seine uralten Wurzeln nach unten hängen und bildete so die letzten Stufen der Treppe aus der steilen Schlucht zu der Höhe.

      Dies war der letzte Fluchtweg für die Mitglieder des Stammes, wenn der Feind sie von unten her bedrängte. Es gab drei Notausgänge aus dem Dorf. Ihre Benutzung war, bei Todesstrafe, auf den Notfall beschränkt. Dunkle Blume wusste das genau, aber sie wusste auch, dass es schlimmer als der Tod sein musste, wenn sie dort blieb, wo der rasende Häuptling Es-sat seine Hand an sie legen konnte.

      Nachdem sie die Anhöhe erreicht hatte, eilte Dunkle Blume durch die Dunkelheit zu der nächsten Schlucht, welche das Gebirge etwa eine Meile vom Tal des Menschen entfernt unterbrach. Es war der .Rachen des Wassers«. Dorthin waren ihr Vater und ihre Brüder von Es-sat unter dem Vorwand geschickt worden, diesen Nachbarstamm auszuspionieren. Es bestand die Möglichkeit, eine schwache Möglichkeit, dass sie ihre Angehörigen finden würde. Falls sie nicht mit ihnen zusammentraf, lagen eine Anzahl verlassener Höhlen einige Meilen entfernt. Dort konnte sie sich beliebig lange vor Es-sat versteckt halten, vorausgesetzt, dass sie den entsetzlichen Bestien entkam, von welchen die Schlucht ihren Namen hatte und deren Gegenwart die Höhlen seit Generationen unbewohnbar gemacht hatte. Behutsam schlich Dunkle Blume am Rande der Schlucht entlang. Sie kannte den Platz nicht, an welchem ihr Vater und ihre Brüder lagerten. Manchmal blieben die Kundschafter am Rande, manchmal stiegen sie zum Boden der Schlucht hinunter. Dunkle Blume wusste nicht, was sie tun oder wohin sie sich wenden sollte. Sie fühlte sich sehr klein und hilflos in der unendlichen Dunkelheit der Nacht.

      Fremde Laute drangen plötzlich an ihre Ohren. Sie kamen aus den einsamen Weiten des Gebirges über ihr, aus der Feme des unsichtbaren Tales und von den nahen Hügeln. Einmal hörte sie einen Laut, in dem sie das Bellen eines Gryfbullen zu erkennen glaubte. Sie schauderte.

      Plötzlich vernahmen ihre scharfen Ohren ein anderes Geräusch. Vielleicht war es ihr Vater oder einer der Brüder. Es kam näher heran. Ihre Augen versuchten das Dunkel zu durchbohren. Sie rührte sich nicht - sie atmete kaum. Und dann, jäh, ganz nahe, leuchteten zwei gelbgrüne feurige Punkte in der Finsternis.

      Dunkle Blume war mutig. Aber, wie immer bei primitiven Völkern, barg auch für sie die Nacht endlose Schrecken. Nicht allein die bekannten Gefahren, noch entsetzlicher - die unbekannten! Sie hatte in dieser Nacht schon viel durchgemacht und ihre Nerven waren aufs Äußerste gespannt - Nerven, die auf den geringsten Schock in übertriebener Weise reagieren mussten.

      Aber dies war kein geringer Schock. Einen Vater oder einen Bruder suchen und stattdessen den Tod aus der Nacht grinsen zu sehen! Ja, Dunkle Blume war mutig, aber sie war eine Frau. Mit einem Schrei, der von den Hügeln widerhallte, wandte sie sich um und floh den Rand der Schlucht entlang und hinter ihr kam im raschen Lauf der teufelsgesichtige Löwe der Berge.

      Dunkle Blume war verloren. Der Tod war unvermeidlich. Darüber konnte es keinen Zweifel geben. Aber unter den reißenden Zähnen dieser Bestie zu sterben, dem eingeborenen Erzfeind ihrer Art - es war unvorstellbar! Aber es gab noch einen Ausweg, dem Löwen zu entrinnen. Er hatte sie schon fast erreicht - noch eine Sekunde und er würde sie packen. Dunkle Blume, wandte sich jäh nach links. Nur ein paar Schritte jagte sie in der neuen Richtung, bevor sie über dem Rand der Schlucht verschwand. Der Löwe war überrascht, er bohrte alle vier Pranken in den Boden und konnte kaum am Rande des Abgrunds stehen bleiben. Er starrte in die schwarzen Schatten der Tiefe und stieß ein zorniges Brüllen aus.

      Durch das Dunkel ging Om-at den Weg, der zu den Höhlen seines Volkes führte. Hinter ihm folgten Tarzan und Ta-den. Schließlich blieben sie unter einem großen Baum stehen, der nahe bei den Felsen stand.

      »Zuerst werde ich zur Höhle der Dunklen Blume schleichen«, flüsterte Om-at. »Dann werde ich die Höhle meiner Ahnen besuchen und mit meinem eigenen Blute sprechen. Es wird nicht lange dauern. Danach können wir Ta-den zu seinem Volke begleiten.«

      Schweigend und lautlos ging er zum Fuß des Felsens, wo ihn Tarzan bald wie eine Maus an der Wand hinaufklettern sah. Im trüben Licht des Mondes konnte Tarzan die Haken nicht erkennen, die in den Stein eingeschlagen waren. Om-at bewegte sich sehr vorsichtig. In der unteren Reihe der Höhlen musste ein Wachtposten sein. Was er jedoch von seinen Stammesbrüdern und ihren Gewohnheiten wusste, ließ ihn vermuten, dass der Wachtposten schlief. Er täuschte sich auch nicht. Dennoch ließ seine Vorsicht nicht nach. Leise und rasch stieg er der Höhle der Dunklen Blume entgegen, während Tarzan und Ta-den ihn von unten beobachteten.

      »Wie macht er das nur?«, fragte Tarzan. »Ich kann auf der senkrechten Wand keinen Halt für seine Füße entdecken und doch kommt er mit der größten Leichtigkeit voran.«

      Ta-den erklärte ihm die Hakenleiter. »Auch du könntest mit dieser Treppe leicht fertig werden«, sagte er, »obwohl ein Schwanz natürlich eine sehr bedeutende Hilfe wäre.«

      Sie behielten Om-at im Auge und konnten keine Anzeichen finden, dass man ihn bemerkt hatte. Er war gerade im Begriff, die Höhle der Dunklen Blume zu betreten, als sie plötzlich einen Kopf in einem der unteren Höhleneingänge erscheinen sahen. Es wurde sehr schnell klar, dass sein Besitzer Om-at entdeckt hatte.

      Er kletterte sofort nach oben, um Om-at zu folgen. Schweigend sprangen Tarzan und Ta-den zum Fuß des Felsens. Der Urmensch war zuerst dort, und der Affenmensch sah ihn nach oben klettern, wo der unterste Haken in den Fels geschlagen war. Nun sah Tarzan auch die anderen Haken, die nahezu parallel in Zickzack-Reihen am Felsen nach oben liefen. Er sprang, packte einen Haken mit einer Hand und zog sich nach oben bis er den zweiten mit der anderen Hand ergreifen konnte. Als er weit genug nach oben gekommen war, um auch seine Füße gebrauchen zu können, fand er bald, dass er sehr schnell vorwärts kam. Ta-den war ihm jedoch voraus, denn diese Leitern waren nichts Neues für ihn, und außerdem hatte er den Vorteil, mit seinem Greifschwanz zupacken zu können. Trotzdem hielt sich auch der Affenmensch recht wacker. Plötzlich jedoch musste er seine Anstrengungen noch verdoppeln, da der Waz-don nach unten blickte und seine Verfolger entdeckte. Augenblicklich zerriss ein wilder Schrei das Schweigen der Schlucht - ein Schrei, der sofort von hundert wilden Kehlen wiederholt wurde. Ein Krieger nach dem anderen erschien in der Öffnung der Höhle.

      Die Kreatur, die den Warnschrei ausgestoßen hatte, war nun auf dem Vorplatz der Höhle der Dunklen Blume« angekommen. Hier wandte er sich um und machte sich zürn Kampf mit Ta-den bereit. Er nahm seine Keule aus der Schlinge, die bisher um seinen Hals gehangen hatte, und auf dem ebenen Boden vor der Höhle sperrte er den Aufstieg Ta-dens.

      Aus allen Richtungen kamen die Krieger auf die Eindringlinge zu. Tarzan, der ein wenig zur Linken Ta-dens auf gleicher Höhe angekommen war, erkannte, dass nur ein Wunder sie retten konnte. Zur Linken des Affenmenschen befand sich eine Höhle, die entweder verlassen sein musste oder deren Bewohner noch nicht wach geworden waren, denn der Vorplatz war leer geblieben. Tarzan war geistesgegenwärtig und blitzschnell war

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