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bewusst an.

      Der Raum, in dem ich mich befand, war ungefähr vier Meter lang und drei Meter breit. Die kahlen Wände waren grob verputzt. Es gab kein Fenster; das einzige spärliche Licht, das in den Raum hinein drang, fiel durch einen schmalen Spalt unter der schweren Holztür hindurch. Ich ging ein paar Meter zur Seite und setzte mich auf das alte, klapprige Bett, auf dem ich vorhin aufgewacht war. Knapp einen Meter entfernt standen ein alter Sessel, dessen dunkles Polster an mehreren Stellen aufgerissen war, ein ebenso mitgenommenes Sofa und ein kleiner Holztisch. Am anderen Ende des Raumes befand sich eine alte Kommode.

      Ich erhob mich langsam und bewegte mich auf wackligen Beinen zur Tür. Mein Körper zitterte, als ich das Ohr gegen das kalte Holz presste. Von draußen war kein Geräusch zu hören. Ich legte die Hand auf die Klinke und drückte sie vorsichtig herunter. Mit dem Gewicht meines Körpers drückte ich gegen die Tür, doch diese bewegte sich keinen Zentimeter.

      »Verdammt«, seufzte ich und erschrak über den zittrigen Klang meiner eigenen Stimme. Für einen kurzen Moment überlegte ich, um Hilfe zu rufen, doch ich verwarf den Gedanken wieder. Irgendjemand hatte mich hier eingesperrt und die Vorstellung, dass dieser Mensch hier auftauchen und mir etwas antun würde, weckte tiefstes Unbehagen in mir.

      Meine Augen hatten sich mittlerweile recht gut an die Dunkelheit gewöhnt. Ich lehnte mit dem Rücken am Bettgestell und sah mich ängstlich um. Unzählige Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich hatte doch niemandem etwas getan, was sollte das alles nur bedeuten? Je mehr ich über das nachdachte, was mir nun zustoßen könnte, desto unsicherer wurde ich. Was hatte man mit mir vor? Meine Familie war nicht reich und auch ich selbst hatte in meiner kurzen Schauspielerkarriere keine Reichtümer angehäuft; eine Erpressung machte dementsprechend nicht wirklich viel Sinn. Ich hatte doch auch keine Feinde, die mir so etwas antun würden. Meiner Wirkung auf Jungs war ich mir schon bewusst und der Gedanke, dass dies der Grund für die Entführung sein könnte, löste eine regelrechte Panik in mir aus. Ich legte mich auf das Bett und starrte mit zitterndem Körper die Decke an, während die ersten vereinzelten Tränen meine Wangen herunter rollten und auf das Laken des Bettes tropften.

      Ich ging davon aus, dass ich eine Zeit lang bewusstlos gewesen war, aber wie lange ich wirklich weggetreten war, konnte ich beim besten Willen nicht einschätzen. Wie spät war es wohl? Ohne Fenster und Blick ins Freie war es mir unmöglich, die Tageszeit zu bestimmen, und meine innere Uhr schien derbe aus dem üblichen Trott geraten zu sein. Aber auf jeden Fall würde man mich bereits vermissen. Meine Freundinnen hätten sich bestimmt schon Sorgen gemacht und meinen Vater angerufen. Wahrscheinlich war die Polizei bereits auf der Suche nach mir. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man mich hier finden würde. Ich atmete tief durch. So ein Schwachsinn…; niemand wusste, wo ich war, niemand würde mich hier finden…; als ich registrierte, wie naiv diese ganzen Gedanken waren, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten.

      Ein entferntes Geräusch ließ mich zusammenfahren. Mein Kopf wirbelte herum, meine Augen starrten dem Eingang des Raumes entgegen. Kein Laut war zu hören. Ich hielt den Atem an. Wenn niemand kam, könnte mich auch niemand befreien; aber wenn die Person kam, die mich hier eingesperrt hatte, dann…; nein, diesen Gedanken wollte ich nicht zu Ende denken.

      Ich wollte den Blick gerade abwenden, als der feine Lichtstrahl, der unter der Tür hindurch fiel, plötzlich unterbrochen wurde. Das Licht war nicht ausgegangen, aber irgendetwas befand sich nun zwischen der Lichtquelle und mir. Der dunkle Schatten bewegte sich und wurde immer schmaler. Jemand näherte sich von außen der Tür. Ich setzte mich mit einer ruckartigen Bewegung auf, wischte mir mit dem Ärmel meines T-Shirts die Augen ab und rutschte verängstigt zum Kopfende des Bettes zurück. Der Schatten zweier Füße war vor der Tür nun zur Ruhe gekommen. Mein Körper begann zu zittern und ich umklammerte mit beiden Armen meine angezogenen Beine. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf dem abgedunkelten Spalt unter der Tür. Ich hörte meinen rasenden Herzschlag, spürte den schnellen, stakkatoartigen Rhythmus in meiner Brust.

      Das klickende Schließgeräusch des Schlosses ließ mich zusammenfahren. Die Klinke wurde langsam heruntergedrückt und die Tür öffnete sich wie in Zeitlupe. Helles Licht durchflutete den kleinen Raum und zeichnete im Türrahmen den bedrohlichen Schatten eines Mannes ab. Die Gestalt stand regungslos da und beobachtete mich. Ich wollte schreien; schreien so laut ich nur konnte, doch ich brachte keinen Ton heraus; meine Kehle war wie zugeschnürt.

      Es vergingen schier endlose Sekunden in denen weder ich, noch der Mann im Türrahmen, sich bewegten. Ich wagte kaum zu atmen. Krampfhaft versuchte ich, jede noch so kleine Bewegung zu vermeiden; als wäre ich unsichtbar, solange ich nur reglos verharrte. Schließlich machte der Mann einen Schritt nach vorne und betrat den Raum. Ich schlug die Hände vor das Gesicht und begann schrill und hysterisch zu schreien. Die Frequenz des Schreies schmerzte in meinen eigenen Ohren und ließ den Laut noch gequälter erscheinen. Sämtliche Muskeln in meinem zitternden Körper waren völlig verkrampft, mein Herz schien fast zu platzen. Ich erwartete jeden Moment seine Hände auf meinem Körper zu fühlen und seinen keuchenden Atem zu spüren, als die Tür mit einem lauten Knallen in ihr Schloss flog.

      Ich erschrak und vergaß dabei sogar für einen Moment, zu schreien. Ich riss die Hände vom Gesicht weg und starrte zur Tür. Es war wieder dunkel um mich herum. Von außen wurde ein Schlüssel im Schloss herumgedreht. Meine Augen fixierten den Schatten, der sich nun wieder unter dem Türspalt abzeichnete. Als dieser sich von der Tür entfernte, atmete ich tief durch. Ich hatte die Arme wieder um meine zitternden Beine geschlungen, das Rasseln meines Herzens schien den gesamten Raum vibrieren zu lassen.

      Eine beruhigende und zugleich auch beängstigende Stille breitete sich um mich herum aus. Allmählich gewöhnten sich meine Augen wieder an die Dunkelheit und mit jeder Kontur des Raumes, die zu mir durchdrang, verschwanden die Visionen der Angst mehr und mehr in den hinteren Regionen meines Bewusstseins. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so allein gefühlt. Die selbstsichere Heather mit dem stets so ausgeprägten Selbstbewusstsein hatte in Panik die Flucht angetreten und ein verunsichertes, junges Mädchen in einem dunklen Gefängnis zurückgelassen. Eine Seite an mir, die ich so nicht kannte – und die ich auch nie kennenlernen wollte…

      Mein Blick fiel auf den kleinen Holztisch neben dem Sessel, auf dem der fremde Mann einen Teller abgestellt hatte, der mit einer Art Kunststoffglocke abgedeckt war. Unschlüssig starrte ich den Teller an, dann fiel mein Blick wieder zur Tür. Das matte Licht, das durch den schmalen Spalt hindurch schien, wurde von keinerlei Hindernissen beeinträchtigt. Ich war allein.

      Meine Augen wanderten zurück zu dem alten Tisch. Langsam lösten meine Arme die Umklammerung meiner angezogenen Beine und ich rutschte bis an die Bettkante vor. Nach einem erneuten Blick zur Tür stand ich auf und ging mit unsicheren Schritten auf den Tisch zu. Meine Hand zitterte, als ich sie in Richtung des Plastikdeckels ausstreckte. Kurz bevor ich die dunkelgraue Glocke berührte, ballte ich die Hand zur Faust und zog sie ruckartig zurück. Ich weiß nicht, was ich in diesem Moment befürchtet hatte. Dies war kein Kinofilm, hier sprangen mit aller Wahrscheinlichkeit keine Monster vom Teller.

      Nach einigen Sekunden wagte ich einen zweiten Versuch. Vorsichtig berührte ich mit den Fingern den Griff des Deckels und hob ihn an. Ich legte den ihn zur Seite und starrte auf den mit drei Wurst- und Käsesandwiches gefüllten Teller. Ich atmete tief durch, ohne den Blick abzuwenden. Dann schleuderte ich den Teller mit einer ruckartigen Bewegung vom Tisch. Das Porzellan zerbrach mit einem klirrenden Geräusch und verteilte seine Scherben zwischen den Sandwiches. Erschrocken drehte ich den Kopf zur Seite und starrte zum wiederholten Male die Tür an. Verdammt, warum musste ich jetzt solchen Krach machen?

      Ich hielt den Atem an und lauschte, doch alles blieb ruhig. Mit langsamen Schritten ging ich zurück zu meinem Bett und legte mich auf das Laken. Ich war völlig unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen; mit leeren Augen blickte ich minutenlang die Decke an. Je länger ich in meinem Gefängnis dalag, umso größer wurde das Angstgefühl, das sich wie ein tonnenschweres Kleidungsstück an meinen zitternden Körper schmiegte.

       Kapitel 4

      Mein Atem keuchte, mein Herz schlug wie wild. Wie von Sinnen rannte ich über die grüne Wiese, die Grashalme kitzelten an meinen nackten

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