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      „Das geht Sie nichts an. Verlassen Sie das Haus. Sofort!“

      Er überlegte.

      Die Stimme.

      Richtig. Das war die Stimme von …

      „Meine Hörer haben ein Recht darauf. Schließlich hat dieser ‚Oskar‘ in meiner Sendung angerufen“, beschwerte sich Demian Roberts.

      „Herr Roberts? Richtig? Sie verlieren aber wirklich keine Zeit!“

      „Ja, das bin ich. Und wer sind Sie?“

      Der Lichtkegel der Kameralampe blendete Hells Augen. Er hob wieder die Hand, um Demian Roberts erkennen zu können.

      „Mein Name ist Oliver Hell. Und ich sage Ihnen jetzt zum letzten Mal: verlassen Sie das Haus. Und wenn Sie der Papst wären. Sie haben hier nichts verloren. Auch ein Radiomoderator hat sich daran zu halten.“

      Hell gab dem SEK-Beamten ein Zeichen. Der bestätigte mit einem Nicken. Kurz drauf wurden der Moderator und sein Kameramann unsanft aus der Haustüre geschoben.

      „Ich habe Ihren Namen, Herr Kommissar Hell. Das haben meine Hörer nicht gerne, dass Sie die Presse von der Berichterstattung abhalten!“, brüllte der Moderator noch in die Nacht hinein. Er meckerte noch etwas von Polizeistaat, was aber Hell und Weinert nicht mehr hörten.

      Hell machte eine abwehrende Handbewegung. „So ein Spinner.“

      „Pressefutzies“, sagte Weinert mit einem Schulterzucken.

      „Wir holen uns nachher noch die Nummer des Anrufers. Das wird dem Herrn Roberts sicher auch nicht schmecken“, sagte Hell.

      Der SEK-Beamte, der gerade die Pressevertreter aus dem Haus geschoben hatte, kam wieder zurück ins Wohnzimmer.

      „Chef, das müssen Sie sich anschauen. So etwas gibt es nicht.“

      „Was denn?“, fragte Weinert und war schon auf den Beinen.

      Der SEK-Einsatzleiter war schon auf dem Weg nach draußen, Hell folgte ihm. Als sie die Türe erreicht hatten, wurde ihnen sofort klar, was der Kollege gemeint hatte.

      Vor der Türe stand jetzt der Moderator und sprach in die Kamera seines Kollegen. Er gab offensichtlich ein Interview. Das alleine war aber nicht der Grund, warum der SEK-Beamte sie gerufen hatte.

      Die kleine Sackgasse hatte sich mit Schaulustigen gefüllt. Beinahe dreißig Menschen drängten sich vor dem Reporter. Der drehte sich gerade zu den Schaulustigen um. Die Menschen drängten sich vor das Mikrofon.

      Jetzt wurde es Hell klar. Der Kerl hatte alles live gesendet. Auch das, was im Haus gesprochen wurde, alles war live im WDR ausgestrahlt worden.

      Ein paar Gesprächsfetzen drangen zu ihnen herüber.

      „Sind die auf Sendung?“, fragte Weinert.

      Hell brummte mürrisch vor sich hin. „Scheinbar.“

      Er rief einen Beamten der Bereitschaft zu sich, der dem Treiben bis zu dem Moment tatenlos zugesehen hatte.

      „Sorgen Sie dafür, dass diese Pressefritzen mitsamt den Gaffern aus der Straße verschwinden. Und sperren Sie die Gasse vorne ab. Die bringen es fertig und rennen durch den Garten und zerstören dort mögliche Spuren.“

      Er blieb am Gartentor stehen. Die Beamten gingen zu Roberts und seinem Kameramann herüber. Sofort hielt der wieder seine Kamera auf die Beamten.

      Einer der Beamten schob die Kamera zur Seite. „Herr Kommissar, ist das ihre Art mit der Pressefreiheit umzugehen?“, rief Roberts provokant in Hells Richtung.

      Hell schüttelte nur den Kopf. „Was? Mehr haben Sie nicht zu sagen, Herr Kommissar. Das ist aber ein schwaches Bild. Wie sollen Sie denn einen Mord aufklären, Sie Held?“

      Jetzt wurde es Hell zu bunt. Er ging auf die Straße und rief Roberts zu, „Herr Roberts, Sie spielen mit harten Bandagen, ja? Wie wäre es, wenn wir Sie wegen Wiederstands gegen die Staatsgewalt verhaften? Sie behindern eine laufende Ermittlung, dringen widerrechtlich in ein Haus ein, zerstören Spuren. Soll ich noch mehr aufzählen?“

      „Wir sind hier, weil dieser ‚Oskar‘ in meiner Show angerufen hat. Er hat nicht Sie angerufen, Herr Kommissar Hell. Das sollten Sie nicht vergessen!“

      Er trat aus der Menge heraus, die die Beamten mittlerweile in Richtung der Einmündung in die kleine Straße schoben. Sie bildeten eine Kette. Roberts schrie so laut, dass sie einige der neben ihm stehenden Schaulustigen die Ohren zuhielten.

      „Aha, dann sind Sie also stolz darauf, dass sich Mörder berufen fühlen, sich in ihrer Show zu präsentieren. Was sagen ihre Hörer denn zu dieser Tatsache?“ Hell formte seine Hände zu einem Trichter.

      Roberts blieb erst ruhig. Hell erkannte, er musste erst überlegen und sich sein Sprüchlein zurechtlegen. Doch dann sagte er, „Wir tun hier nur das, was uns die Pressefreiheit zuspricht. Wir informieren die Menschen, die Angst haben. Wir informieren, Sie hingegen wiegeln nur ab.“

      Hell war schon im Gehen, als er sagte, „Wir wiegeln nicht ab, wir klären auf. Wir hetzen niemanden auf, wir tauchen auch nicht dort auf, wo wir nichts zu suchen haben, Herr Roberts! Aus reiner Sensationsgier.“

      Roberts sagte noch etwas, was Hell nicht mehr verstand. Er schloss das Gartentor hinter sich.

      „Diese Idioten denken, weil Sie nachts ein paar Hörer haben, sind sie die Könige der Stadt“, sagte Weinert. Sie gingen zusammen ein paar Schritte auf das Haus zu.

      Am Eingang zur Sackgasse wurde es wieder laut. Hell schaute zurück und sah den Mercedes der KTU in die Straße rollen. Er kniff die Augen zu, um zu erkennen, wer am Steuer saß. Er meinte, Tim Wrobel zu erkennen, den Leiter der KTU. Den KTU-Mitarbeiter auf dem Beifahrersitz erkannte er nicht. Er blieb vor der Türe stehen, um die Tatortermittler zu begrüßen, während Weinert seine Männer zusammentrommelte. Für sie war der Einsatz beendet. Die Polizeibeamten würden die weitere Absicherung übernehmen.

      Als zweiter Tatortermittler kroch mit müdem Gesicht Heike Böhm aus dem Sprinter. Hell hatte richtig gesehen, der Chef der KTU selber hatte in dieser Nacht Bereitschaft. Wenn er richtig kombinierte, so kamen die beiden soeben von der Untersuchung der Unfallstelle auf der Margarethenhöhe.

      „Hallo Tim“, begrüßte Hell Tim Wrobel, „Hast Du keine Leute, oder warum bist Du selber hier?“

      „Leute haben wir genug, doch sind die im Moment alle mit Gauernacks PKW und dem Fahrzeug des Unfallverursachers beschäftigt. So wie es aussieht, haben bei dem Fahrzeug die Bremsen nicht versagt, er ist einfach in den Wagen von Gauernack reingeknallt.“

      Er reichte Hell die Hand, begann noch vor der Türe sich den weißen Overall überzustreifen.

      „Ich versteh überhaupt nicht, warum Gauernack auf dieser Straße unterwegs war“, sagte Hell.

      Der Staatsanwalt wohnte in Unkel. Vom neuen Präsidium hätte er bloß den Rhein entlang fahren brauchen. Der Weg über die Margarethenhöhe war ein Umweg. Vor allem fuhr er die Margarethenhöhe hinauf. Diese Frage beschäftigte schon an der Unfallstelle zuvor die Oberstaatsanwältin.

      „Wo wollte Jakob denn nur hin? Er hat sich von mir verabschiedet und mir berichtet, dass er dringend nach Hause müsse“, sagte sie zu Hell noch an der Unfallstelle. Auf ihrem Gesicht war das Entsetzen wie eingemeißelt.

      Ein paar Meter hinter ihnen lag noch immer das Autowrack, das zwischen dem Unfallgegner und einem Baum eingeklemmt worden war. Der BMW des Unfallverursachers war schon von der Feuerwehr aus der Böschung gezogen worden. Erst danach konnte man mit der eingehenden Untersuchung des Fahrzeuges von Gauernack beginnen. Die Feuerwehr hatte das Dach des Audi A8 aufgeschnitten, um an den Staatsanwalt zu gelangen. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt war den Einsatzkräften klar, dass hier jede Hilfe zu spät kam.

      „Die Frage müssen wir klären, wir haben den Wagen schon oberflächlich untersucht, auch sein Handy. Er hatte einen letzten Anruf auf dem Telefon. Die Mitarbeiter klären

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