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Tax Compliance. Markus Brinkmann
Читать онлайн.Название Tax Compliance
Год выпуска 0
isbn 9783811447011
Автор произведения Markus Brinkmann
Жанр Языкознание
Серия C.F. Müller Wirtschaftsrecht
Издательство Bookwire
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Als Anknüpfungstat kommen insbesondere §§ 370, 378 AO in Betracht aber auch § 130 OWiG in Betracht. Bei der Verhängung von Verbandsgeldbußen gegen Unternehmen stellen die Ermittlungsbehörden regelmäßig auf die Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG ab, die wiederum eine strafbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO oder leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO erleichtert hat.
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Das zulässige Höchstmaß einer Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG liegt bei 10 000 000 EUR (bei vorsätzlicher Straftat, hier also § 370 AO). Im Falle einer Ordnungswidrigkeit als Anknüpfungstat ist das in dieser Vorschrift angedrohte Höchstmaß der Geldbuße entscheidend. Bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung liegt dieses bei 50 000 EUR. Anders ist dies jedoch, wenn auf eine Aufsichtspflichtverletzung als Anknüpfungstat abgestellt wird: Durch den Verweis in § 130 Abs. 3 S. 2 OWiG auf § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG kommt die Ordnungswidrigkeit einer Aufsichtspflichtverletzung als Auslöser des verzehnfachten Bußgeldrahmens in Betracht.
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Darüber hinaus kann das gesetzliche Höchstmaß des Bußgeldrahmens überschritten werden, wenn dies zum Zwecke der Gewinnabschöpfung erforderlich ist (§ 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 S. 2 OWiG); dies betrifft bei Steuerdelikten den Zinsschaden.[70]
b) Vermögensabschöpfung, § 29a OWiG
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Wird keine Geldbuße festgesetzt, kommt die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 29a OWiG (in der bis zum 30.6.2017 geltenden Gesetzesfassung „Verfall“) in Betracht.[71] Nach h.M. ist Gegenstand der Vermögensabschöpfung bei Steuerordnungswidrigkeiten der infolge der Steuerverkürzung eingetretene Zinsgewinn[72] und die ansonsten fällig gewordenen Säumniszuschläge, nicht aber die vorenthaltene Steuer selbst.[73]
c) Nebenfolgen
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Neben den vorbeschriebenen Sanktionen gibt es weitere das Unternehmen treffende Konsequenzen. Hierzu gehört als Nebenfolge einer Verbandsgeldbuße insbesondere die Eintragung gem. § 149 Abs. 2 GewO in das Gewerbezentralregister. Diese kann insbesondere bei Unternehmen, die an der Vergabe öffentlicher Aufträge teilnehmen, äußerst nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen haben.
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Auf die Voraussetzungen einer Haftung für fremde Steuern (nach §§ 69 ff. AO und anderen Vorschriften, wie z.B. § 25d UStG) sei an dieser Stelle nicht weiter eingegangen. Es wird auf das 15. Kap. Rn. 6 ff. verwiesen.
3. Konsequenzen für Tax Compliance
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Von den Sanktionen bei Verletzung steuerlicher Pflichten wiegen die straf- und bußgeldrechtlichen Sanktionen am schwersten. Für das Unternehmen sind dies neben den finanziellen Nachteilen – insbesondere bei der Verhängung von Verbandsgeldbußen nach § 30 OWiG oder der Einziehung des Werts von Taterträgen gem. § 29a OWiG – nicht zuletzt die damit verbundenen Reputationsrisiken, die bereits mit Einleitung von straf- bzw. bußgeldrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Unternehmensverantwortliche bzw. das Unternehmen selbst, erst Recht jedoch bei Verhängung einer solchen Sanktionsmaßnahme drohen. Hinzu kommen die außerstrafrechtlichen Nebenfolgen, die etwa bei einer Eintragung ins Gewerbezentralregister für ein Unternehmen, das von öffentlich vergebenen Aufträgen abhängig ist, existenzbedrohend sein können.
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Ein Tax Compliance Management System muss daher zum Ziel haben, die Risiken der Sanktionierung von steuerstraf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfehlungen der Unternehmensverantwortlichen (d.h. Organe, aber auch leitende Mitarbeiter) zu minimieren. Dies gelingt, wenn durch ein strukturiertes und dokumentiertes System ein Verschulden widerlegt werden kann, die Verantwortlichen sich also exkulpieren können.[74] Ausgangspunkt solcher risikoorientierter Überlegungen ist zweckmäßigerweise die Vorschrift mit den niedrigsten Anforderungen an einen Verschuldensnachweis. Von den zuvor dargestellten Vorschriften ist die „Schwelle zur Sanktionierung“ am ehesten bei der Aufsichtspflichtverletzung i.S.d. § 130 OWiG überschritten. So ist ein die bußgeldrechtliche Verantwortung auslösendes Verschulden bereits dann anzunehmen, wenn die Zuwiderhandlung des Mitarbeiters durch die „gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert“ worden wäre. Die gehörige Aufsicht wurde dann eingehalten, wenn der Verantwortliche alle Maßnahmen getroffen hat, die erforderlich und zumutbar sind.[75] Dies beinhaltet in jedem Fall eine sorgfältige Auswahl, Koordination, Instruktion und Kontrolle der Mitarbeiter und damit wesentliche Bestandteile eines (Tax) Compliance Management Systems (insofern wird eine allgemeine Compliance-Verpflichtung in der Literatur teilweise auch aus § 130 OWiG abgeleitet[76]). Allerdings sind für den Umfang der Aufsichtspflicht „in erster Linie Art, Größe und Organisation des Betriebs, die unterschiedlichen Überwachungsmöglichkeiten, aber auch Vielfalt und Bedeutung der zu beachtenden Vorschriften und die Anfälligkeit des Betriebs für Verstöße gegen diese Bestimmungen“ maßgeblich.[77] Kann eine Haftung nach § 130 OWiG ausgeschlossen werden, kommt auch keine andere Form der Verschuldenszurechnung in Betracht.[78]
Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 2. Kapitel Allgemeine Rechtsgrundlagen der Tax Compliance › IV. Allgemeine Rechtsgrundlagen der Tax Compliance
IV. Allgemeine Rechtsgrundlagen der Tax Compliance
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Die Einhaltung steuerlicher Vorschriften und die Erfüllung steuerlicher Pflichten, im Sinne einer Pflicht zu rechtstreuem Verhalten, bedarf keiner zusätzlichen Rechtsgrundlage. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Pflichten selbst, im Bereich Tax Compliance sind dies insbesondere solche aus dem voranstehend unter II. (Rn. 4 ff.) dargestellten Pflichtenkatalog.
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Bislang nicht abschließend geklärt ist jedoch, ob es eine gesetzliche Pflicht zur Einrichtung und Unterhaltung einer Tax Compliance-Organisation gibt.
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Die Frage ist in der Literatur umstritten, jedoch bislang ungeklärt. Das LG München I hat in seiner sog. Siemens/Neubürger-Entscheidung[79] eine Pflicht zur Einrichtung einer auf Schadensprävention und Risikokontrolle angelegten Compliance-Organisation angenommen, die im Urteilsfall durch den Vorstand verletzt worden sei. Wir verstehen das Urteil allerdings als eine Einzelfallentscheidung, die nicht ohne Weiteres in dem Sinne verallgemeinert verstanden werden kann, dass eine generelle Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance Management Systems bestehen soll. Abgesehen davon verhält sich die Entscheidung nicht zu den Anforderungen an die konkrete Ausgestaltung eines Compliance Management Systems und insbesondere nicht dazu, ob – bei grundsätzlicher Annahme einer Verpflichtung zur Einrichtung einer Compliance-Organisation – Tax Compliance ein elementarer Bestandteil ist.
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Nach Tz. 2.6 AEAO zu § 153 AO soll die Tatsache, dass der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet hat, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, ggf. ein Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit darstellen können. Eine allgemeine Verpflichtung zur Einrichtung eines Tax Compliance Management