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Tax Compliance. Markus Brinkmann
Читать онлайн.Название Tax Compliance
Год выпуска 0
isbn 9783811447011
Автор произведения Markus Brinkmann
Жанр Языкознание
Серия C.F. Müller Wirtschaftsrecht
Издательство Bookwire
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Übertragen auf die Forderung nach einer stabilen und kontinuierlichen Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates entsprechend der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 AStG ist es nach dieser Entscheidung des BFH unschädlich, wenn beispielsweise lediglich einzelne Managementdienstleistungen durch die ausländische Gesellschaft bezogen werden. Dabei ist beim Bezug von Managementdienstleistungen bedeutsam, dass sämtliche Rechtshandlungen der Managementdienstleistungsgesellschaft im Namen und auf Rechnung der jeweiligen auslagernden ausländischen Gesellschaft ausgeführt werden und allein die ausländische Gesellschaft die mit dem Geschäft verbundenen Gewinnchancen innehat und das unternehmerische Risiko trägt.[73]
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Darüber hinaus ist von Bedeutung, dass die ausländische Gesellschaft die ihr zugedachten Funktionen über ihre Geschäftsführungsorgane tatsächlich selbst im Aufnahmemitgliedstaat ausübt. Die Geschäftsführer müssen die wesentlichen betrieblichen Entscheidungen treffen und deren Folgen tragen und bei Auslagerung von Tätigkeiten eine Weisungs- und Kontrollfunktion gegenüber dem externen Dienstleister wahrnehmen können.[74] Insoweit zeigen sich gewisse Parallelen zur Prüfung des Ortes der Geschäftsleitung gem. § 10 AO.[75]
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Ein hiervon abweichendes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Urteil des FG Münster vom 20.11.2015,[76] das im Vergleich zur vorgenannten Rechtsprechung des BFH strengere Maßstäbe im Fall des Outsourcing von Unternehmensfunktionen anlegt und ein entsprechendes Outsourcing nur zu akzeptieren scheint, wenn die die Managementfunktion wahrnehmende Gesellschaft im selben EU-/EWR-Mitgliedstaat wie die inlandsbeherrschte ausländische Gesellschaft angesiedelt ist. Hingegen soll die Auslagerung von Unternehmensfunktionen auf Gesellschaften außerhalb des Ansässigkeitsstaates der ausländischen Gesellschaft schädlich sein.[77] Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH im Revisionsverfahren an seiner früheren Rechtsprechung orientierten oder aber strengere Anforderungen an die Annahme einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat stellen wird. Insoweit könnte der Wechsel im Vorsitz des I. Senats des BFH von Bedeutung sein. Denkbar ist auch eine Vorlage an den EuGH.
b) Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in diesem Staat auf unbestimmte Zeit
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Die ausländische Gesellschaft muss eine wirtschaftliche Tätigkeit zum Erwerbszweck ausüben, und zwar mittels einer festen Einrichtung im Aufnahmemitgliedstaat.[78] Eine feste Einrichtung setzt eine physische Präsenz im Aufnahmemitgliedstaat voraus. Im Aufnahmemitgliedstaat darf nicht nur eine Geschäftsadresse, eine Bankkontoverbindung oder ein Telefonanschluss mit einem Anrufbeantworter bestehen. Die ausländische Gesellschaft darf auch nicht lediglich unter der Adresse einer Anwaltskanzlei domizilieren.[79]
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Es müssen eigene oder angemietete Räumlichkeiten und eine der jeweiligen Funktion und dem – im Zeitablauf möglicherweise variierenden – Geschäftsumfang der betreffenden Gesellschaft angemessene Ausstattung mit Personal sowie Geld- und Sachkapital bestehen. Die jeweilige feste Einrichtung im Aufnahmemitgliedstaat muss der Abwicklung der Geschäftsvorgänge dienen, die die Geschäftstätigkeit der betreffenden Gesellschaft (z.B. Finanzierungstätigkeit, Holdingtätigkeit) erfordert.[80]
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In diesem Zusammenhang ist ferner von Bedeutung, dass der BFH in dem vorgenannten Urteil vom 13.10.2010[81] für einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb auch darauf abgestellt hat, dass vor Ort Handelsbücher geführt, Bilanzen erstellt und die Geschäftskorrespondenz aufbewahrt wurden. Die ausländische Gesellschaft sollte diesen Verpflichtungen, möglicherweise einschließlich der Prüfung der Jahresabschlüsse vor Ort, im Aufnahmemitgliedstaat nachkommen.
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Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Betrieb i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 3–5 AStG der ausländischen Gesellschaft entfaltet eine Indizwirkung für eine gegebene tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 2 AStG.[82] Dennoch verlangt der Gesetzgeber auch bei vorliegendem in kaufmännischer Weise eingerichteten Betrieb den Nachweis einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 2 AStG.[83]
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Die wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft muss zudem auf unbestimmte Zeit ausgeübt werden. Es liegt in der Natur dieser zeitlichen Vorgabe des EuGH, dass eine genaue Bestimmung dieses Zeitraums nur schwer möglich ist. Deshalb dürfte für den Nachweis des § 8 Abs. 2 AStG entscheidend sein, dass nicht nur eine vorübergehende, sondern eine dauerhafte Integration im Aufnahmemitgliedstaat beabsichtigt ist.[84]
c) Greifbares Vorhandensein der beherrschten ausländischen Gesellschaft (Geschäftsräume, Personal, Ausrüstungsgegenstände)
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Nach den Anforderungen des EuGH müssen bei der ausländischen Gesellschaft, entsprechend der Forderung nach einer festen Einrichtung im Aufnahmemitgliedstaat, (eigene oder angemietete) Geschäftsräume vorhanden sein, in denen (ständig) eigene Mitarbeiter mit den notwendigen Ausrüstungsgegenständen (Sach- und Geldkapital) konkret mit der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft (z.B. Finanzierungs-, Holdingtätigkeit) befasst sind.[85] Die Art der Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft kann der Satzung der Gesellschaft und den Jahresabschlüssen bzw. Geschäftsberichten entnommen werden.[86] Die sachliche und personelle Ausstattung orientiert sich auch außensteuerrechtlich an der Art und dem Umfang der Geschäftstätigkeit.[87]
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Die ausländische Gesellschaft muss sich als „lebender Organismus“[88] erweisen. Die Größe und Ausstattung der Geschäftsräume der ausländischen Gesellschaften muss der jeweiligen Art und dem jeweiligen Umfang der Geschäftstätigkeit in den einzelnen Geschäftsjahren entsprechen. Die konkreten Geschäfts-/Ausführungshandlungen müssen entsprechend der Art und der Intensität der Geschäftstätigkeit durch geschäftsleitendes und angestelltes und für die jeweilige Tätigkeit qualifiziertes Personal[89] vorgenommen werden. Über den im Jahresabschluss bzw. Geschäftsbericht ausgewiesen Personalaufwand kann die angemessene Personalausstattung belegt werden.[90] Die jeweiligen Geschäftsführer müssen die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamen Entscheidungen selbst treffen, was durch die jeweiligen Protokolle zu den Sitzungen der Geschäftsleitung nachweisbar sein sollte. In diesem Fall kann die ausländische Gesellschaft die ihr übertragenen Aufgaben selbstständig erfüllen. Dies entspricht insoweit auch den Anforderungen des BMF-Schreiben vom 8.1.2007,[91] auf das aus praktischer Sicht zurückgegriffen werden kann.[92] Nach dem BMF-Schreiben vom 8.1.2007[93] hat die ausländische Gesellschaft ständig[94] sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal im Aufnahmemitgliedstaat[95] zu beschäftigen. Ob aus dieser Formulierung folgt, dass mindestens zwei Personen bei der ausländischen Gesellschaft beschäftigt werden müssen, ist fraglich.[96] Bislang war eine Beschäftigung von mindestens zwei Personen dennoch ratsam,[97] auch wenn sich aus der Vorgabe des EuGH nicht auf die Anzahl des Personals schließen lässt. Allerdings könnte das Urteil des FG Münster vom 20.11.2015[98]