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Lehrenden sollte daher lauten: Fördern, fördern, fördern! (Reich 2012)

      allgemeines Ziel

      Eine konstruktivistische Pädagogik hat zum Ziel, die subjektiven Interessen und Ziele als Ausdruck der Autonomie des Lerners zum Ausgangspunkt der Überlegungen zu machen. Allgemeines Ziel wäre damit, den einzelnen Menschen bei der Wirklichkeitskonstruktion zu unterstützen, die ihm einen gangbaren Umgang mit anderen Menschen, ihren unterschiedlichen Wert- und Normvorstellungen, Zielen, Herangehensweisen und Weltsichten ermöglicht.

      Als Maxime könnte man das Ziel einer konstruktivistischen Pädagogik formulieren:

      „Handle stets so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst.“ (Lindemann 2006, 198)

      vier wichtige Aspekte

      Eine konstruktivistische Pädagogik will nicht allgemein gültige Handlungsanweisungen oder Patentrezepte vorgeben. Sie legt nicht unbedingt eine neue Methodik des Lehrens nahe, sondern prägt eine spezifische pädagogische Haltung, ein Wechsel der Betrachtungsweise. Diese enthält vier wichtige Aspekte wie z.B.

      1.Vielfalt und Toleranz,

      2.kritischer Diskurs,

      3.Verantwortung und

      4.Handeln (Lindemann 2006).

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       Die konstruktivistische Didaktik übt Kritik an der traditionellen Didaktik. Können Sie sich vorstellen, was die konstruktivistische Didaktik an der traditionellen Didaktik kritisiert?

      Die Sichtweise traditioneller Didaktik ist:

      1.Die Realität scheint die äußere Voraussetzung aller Wissenschaften (z.B. Naturgesetze) zu sein, welche die durch die Interpretation des Faktischen scheinbar die Realität abbilden.

      2.Das Wissen repräsentiert damit etwas Abbildbares und die Fachwissenschaften symbolisieren diese Realität.

      3.Fachwissenschaften machen daher bestimmte Aussagen zur Realität und die Didaktik hat die Aufgabe, diese Aussagen lerngerecht aufzubereiten.

      „Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine äußere Realität scheint den Dingen an sich zuzukommen, die sich im Wissen abbilden lassen; Fachwissenschaften sind dieser Abbildung am nächsten; diese Abbildung scheint didaktisch dann in zweiter Linie simuliert werden zu müssen, um in der Steuerung von Lernprozessen der ursprünglichen Realität möglichst nahe zu kommen. […] Die hier vertretene Didaktik hält diese überkommene Bestimmung der Didaktik für grundsätzlich falsch.“ (Reich 2012, 127)

      Die konstruktivistische Didaktik räumt mit dieser Illusion der traditionellen Didaktik und des Realismus auf, die Welt so, wie sie ist, abbilden zu können.

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       Kritik zu üben, ist die eine Seite, die andere ist zu sagen, wie denn eine konstruktivistische Didaktik auszusehen hat. Haben Sie eine Vorstellung?

      Beziehung Beziehungsdidaktik

      Die konstruktivistische Didaktik geht von der Tatsache aus, dass Lehrende und Lernende immer in einer Beziehung stehen. Entsprechend spricht man von einer Beziehungsdidaktik. Sie ist nicht eine neue Form des Lehrens, sondern eine spezifische, pädagogische Haltung. Es geht um einen Wechsel der Betrachtungsweise. Im Fokus der Beziehungsdidaktik stehen die beiden Akteure des Lehr-Lern-Prozesses. Reich meint, dass sich in der heutigen Didaktik vor allem die Rolle des Lehrenden ändern muss. Eine Didaktik, die überwiegend die Inhaltsseite betont, hat an Wirkung verloren. Dagegen betont eine Beziehungsdidaktik die Beziehungsseite. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Inhalte an Bedeutung verlieren. Didaktik entsteht aus dem Zusammenwirken beider Seiten (Reich 2012).

      „Das Wechselspiel von Inhalten und Beziehungen ist grundlegend für didaktische Prozesse. Inhalte stehen immer auch in Beziehungskontexten. Selbst wenn Inhalte verständlich und klar vermittelt werden, so wird die Wirksamkeit inhaltlichen Lernens erst dann gesteigert, wenn sie auf der Basis auch emotionaler Übereinstimmungen, auf Sympathien, Freundlichkeit, Wertschätzung und Feedback vermittelt werden. Es gehört zu den großen Irrtümern in vielen didaktischen Theorien, dass man sich um die Beziehungsseite, wenn überhaupt, nur dann kümmern muss, wenn es Störungen in den Beziehungen gibt.“ (Reich 2012, 103f.)

      drei Folgerungen

      Entsprechend stellt Reich für die konstruktivistische Didaktik drei Folgerungen auf: Für die Didaktik bedeutet dies

      1.ein neues Denk- und Ausbildungsprofil, das stärker auf ein Miteinander von Lehrenden und Lernenden und eine wechselseitige Reflexion von Inhalten und Beziehungen setzt. Deshalb will die konstruktivistische Didaktik die dialogische und kommunikative Praxis umfassend entwickeln.

      2.dass sie keine homogenen Lerngruppen mehr voraussetzen kann, sondern sich einer Vielfalt von Interessen, Erwartungen, Ansprüchen kritisch zu stellen hat.

      3.dass sie im politischen Streit aktiv Partei für die Lerner ergreifen muss, um deren Chancen unter der Maxime höherer Gerechtigkeit zu verbessern, die Verschwendung oder Nichtnutzung der Ressource Bildung zu vermeiden, die Möglichkeiten des Lernens gegen die Kurzlebigkeit gesellschaftlicher Konsuminteressen und die Klischee-Erwartungen der Vereinfachung allen Wissens zu verteidigen (Reich 2012).

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       Welche Empfehlungen gibt der Konstruktivismus Lehrern? Was würden Sie den Lehrenden empfehlen?

      einige Ratschläge

      Für die neue Sicht des Lehrenden gibt Reich aus der Sicht einer konstruktivistischen Didaktik einige Ratschläge :

      1.„Sei ein interessierter, neugieriger, offener und kreativer Forscher im Symbolischen, d.h. verstehe das Lehren und Lernen nie nur als eine fachliche Vermittlungsaufgabe, nie nur als einen inhaltlichen Trainingsjob, nie nur in einem engen symbolischen Sinn. Als Didaktiker muss sich jeder Lehrende und möglichst auch der Lernende als ein Lernforscher verstehen, was für Lehrende heißt, konsequent die Wirkungen ihres Tuns nicht nur zu bedenken, sondern auch umfassend zu evaluieren.“ (Reich 2012, 108)

      2.„In der konstruktivistischen Didaktik sind alle Lerner auch Didaktiker. Auch sie benötigen Visionen, Zauber, eine hohe Erlebnisdichte und vor allem Antriebe, um ihr Lernen erfolgreich zu gestalten.“ (Reich 2012, 110)

      3.„Schaffe den anderen nicht nach deinem Bild, hoffe und vertraue auf Unterschiedlichkeit, Andersartigkeit, Spannung und Lebendigkeit, vermeide Stereotypien, Gleichmacherei, versuche nicht, die Vorstellungen des anderen zu kontrollieren und akzeptiere seine Freiheit; aber setze auch Grenzen zu deiner Freiheit, wenn du anderer Auffassung bist, damit ihr über unterschiedliche Vorstellungen streiten und euch entwickeln könnt.“ (Reich 2012, 113)

      4.„Akzeptiere das Kontingente, das Unvollständige, das Offene, nicht Ausgesprochene oder Ungewohnte, die Differenz zwischen Erleben und Sprechen, die Unterschiedlichkeit der Antriebe, die du nicht vollständig durchschaust, die Ahnungen und Intuitionen, die du hast – und reflektiere sie im Symbolischen, um Offenheit und Toleranz gegen andere, die dies unterschiedlich von dir erfahren, zu entwickeln.“ (Reich 2012, 112)

      In Bezug auf eine Beziehungsdidaktik fordert Reich, dass das Denken und Handeln systemisch sein muss; deshalb spricht er auch des Öfteren von einer systemisch-konstruktivistischen Didaktik:

      „Systemisch müssen heute alle Didaktiken denken, sofern sie die Beziehungsseite und die Kommunikation von Lernenden und Lehrenden nicht vernachlässigen wollen.“ (Reich 2012, 32)

      Reich zählt zehn Grundsätze auf, die in den Interaktionen, in den Beziehungen aller Beteiligten in einer Beziehungsdidaktik gelten sollten:

      1.Selbstwert,

      2.Wertschätzung,

      3.Teilnehmerorientierung,

      4.Lösungsorientierung,

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