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      „Das limbische System bildet das zentrale Bewertungssystem unseres Gedächtnisses. Dieses System entscheidet insofern grundlegend über den Lernerfolg, als es bei jeder Lernsituation fragt: Was spricht dafür, dass Hinhören, Lernen, Üben usw. tatsächlich lohnen? Kommt das System zu einem positiven Ergebnis, wird mithilfe der Neuromodulatoren neues Wissen erzeugt und mit oder zu neuen Bedeutungszusammenhängen verknüpft.“ (Herrmann 2009, 160)

      Erzählen des Verstandenen

      Didaktische Folgerung: Die Neugier des Gehirns wird unterstützt, wenn die Lerngegenstände einen Sitz im Leben haben. Werden diese durch Erzählen des Verstandenen einem anderen gegenüber wiedergegeben, ist das die wirksamste Gedächtnishilfe.

      Erfolgserlebnisse

      ■Erfolgserlebnisse und Motivation: Förderlich für effektives Lernen ist, wenn der Lerner eine leichte Leistungsspannung fühlt, Erfolgserlebnisse ermöglicht werden, wobei die erreichten Erfolge möglichst ein wenig über den erwarteten liegen sollten.

      „Bekommt das Gehirn diese Botschaft nicht, unterbleibt die Produktion dieser neuromodulatorischen Substanzen, d.h. das Gehirn stellt seine Lerntätigkeit ein. Auch dies ist einerseits wieder ein Hinweis auf die große Störanfälligkeit von Lernprozessen im Gehirn. Dieselbe Situation entsteht im Gehirn bei Versagensangst oder zu großem Stress.“ (Herrmann 2009, 161)

      Didaktische Folgerung: Gelernt wird, wenn eine Herausforderung gegeben ist, die so sein muss, dass sie bewältigt werden kann.

      Motivation

      „Das Signal ans und im Gehirn muss lauten: das Resultat der Bearbeitung dieser Herausforderung, die Bewältigung der gestellten Aufgabe, die Lösung des Problems gelang besser als gedacht. […] Gelernt wird nicht einfach alles, was auf uns einstürmt, sondern das, was positive Konsequenzen hat. […] Lernerfolg stabilisiert die Neugier, das Interesse daran, immer wieder Neues zu lernen: diesen Vorgang können wir auch Motivation nennen. […] Motivation ist Lust auf Lust.“ (Herrmann 2009, 161f.)

      Diese Überlegungen können in die Regel zusammengefasst werden: Unterforderung wie Überforderung motivieren nicht. Die Lernschritte sollten so dosiert angeboten werden, dass es reizvoll ist, sich damit auseinander zu setzen. In dem Reiz sollte einerseits Bekanntes und andererseits Neues, Überraschendes enthalten sein.

      ■Kommunikatives Handeln und Leistungsverstärkung:

      Sozialverhalten

      „Der Schüler ist also weder nur Intelligenz und auch nicht nur Gehirn, denn damit dieses optimal funktionieren kann, sind sozial-emotionale Lebensbedingungen wichtig. Der bedeutsamste Verstärker dieses Lernens ist gemeinschaftliches Handeln bzw. Handeln in Gemeinschaftsgruppen: Das Gehirn ist auf Sozialverhalten hin ausgerichtet.“ (Herrmann 2009, 162)

      Didaktische Folgerung: Das Gehirn ist ein Sozialgehirn (Sozialorgan). Es bedarf des Miteinanders, der Kommunikation. Leben und Lernen in Gruppen führt zu einem Zugewinn an Wohlbefinden und Leistungsbereitschaft bzw. -fähigkeit. Wichtig und Grundlage für effektives Lernen ist die Beziehung zu den Mitmenschen.

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       Die Hirnforschung hat sehr viele Anregungen für eine Pädagogik und Didaktik geliefert. Welche Aspekte würden Sie für eine Didaktik Sozialer Arbeit besonders hervorheben?

      Aus den Überlegungen der Hirnforschung lassen sich zusammenfassend für eine Didaktik Sozialer Arbeit folgende Anregungen ableiten:

      1.Für die in sozialen Arbeitsfeldern Tätigen ist von Bedeutung:

      –Wissen kann man nur indirekt durch Lernarrangements beeinflussen.

      –Das Gehirn lernt eigenständig.

      –Entscheidender Faktor für das Lernen ist erstens die Persönlichkeit, Ausstrahlung des Lehrenden, sein Vorbild, sein Engagement, seine Begeisterung und Kreativität.

      –Der zweite Faktor ist die Beziehung zwischen Lehrendem und Lerner. Primär geht es nicht um Inhalte, sondern um Beziehungen, die das Lernen tiefgreifend beeinflussen (Beziehungspädagogik).

      –Lehrende müssen motivieren, anderen am Lernen Spaß vermitteln (Spaßpädagogik.) Lehrende müssen sich in Lernende hineinversetzen und ihren Lernstand und ihr Interesse eruieren, sie abholen, wo sie stehen, und ihnen helfen, sich selbst zu helfen (Empathie).

      2.Für den Lerner ist von Bedeutung:

      –Das Gehirn will lernen, ist süchtig auf Lernen, kann nicht überfordert werden.

      –Lernangebote sollten nicht weltfremd, sondern alltagstauglich sein.

      –Lernende sollten an den Lerninhalten aktiv beteiligt werden.

      –Lob, Anerkennung und Wertschätzung fördern das Lernen, Entmutigung führt zu Motivationsverlust und Vermeidungsverhalten.

      Beziehungsdidaktik

      3.Beziehungsdidaktik: Der Konstruktivismus und die Neurobiologie haben die Wichtigkeit der Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden herausgearbeitet. Sie fordern eine Beziehungspädagogik. Reinhold Miller hat diese Anregung aufgegriffen und eine Beziehungsdidaktik entwickelt, die auch einer Didaktik Sozialer Arbeit wichtige Impulse geben kann. Er ist der Frage nachgegangen, „ob und wieweit Aspekte einer Beziehungsdidaktik/ des Beziehungslernens im Blickfeld der Pädagogik und Didaktik des 20. Jahrhunderts standen bzw. stehen.“ (Miller 2011, 28)

      Das Ergebnis seiner Forschungen ist: „Es gibt für jedes Unterrichtsfach eine eigene Fachdidaktik, aber es gibt bisher in der pädagogischen Landschaft keine eigene Beziehungsdidaktik. […] Die Beziehungsebene ist in der Didaktik bisher wie ein Stiefkind behandelt worden. […] Eine Beziehungsdidaktik ist keine bloße Ergänzung zur bisher vorherrschenden Allgemein- und Fachdidaktik, sondern eine ebenbürtige Partnerin in Schule und Unterricht“ (Miller 2011, 7). Ziel seiner Beziehungsdidaktik ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Einzelne ihr Selbst stärken und ihre Beziehung untereinander entwicklungsfördernd, belastungsarm, stressreduziert und sozialverträglich (= gewaltfrei) gestalten können und zu demokratischen und humanen Einstellungen und Verhaltensweisen kommen. (Miller 2011, 48)

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      Becker, N. (2006): Die neurowissenschaftliche Herausforderung der Pädagogik. Klinkhardt, Heilbrunn

      Herrmann, U. (Hrsg.) (2009): Neurodidaktik. 2., erweiterte Aufl. Beltz, Weinheim und Basel

      Lindemann, H. (2006): Konstruktivismus und Pädagogik. Reinhardt, München

      Miller, R. (2011): Beziehungsdidaktik. 5., überarbeitete Aufl. Beltz, Weinheim und Basel

      Notar, F. (20014): Ziele und Perspektiven einer Neurodidaktik hinsichtlich der Fortentwicklung schulischen Unterrichts. GRIN Verlag, Stuttgart

      Peterßen, W. H. (2001): Lehrbuch Allgemeine Didaktik. 6., völlig veränderte Aufl. Oldenbourg, München

      Reich, K. (2012): Konstruktivistische Didaktik. 5., erweiterte Aufl. Beltz, Weinheim und Basel

      Siebert, H. (2003): Pädagogischer Konstruktivismus. 2. Aufl. Luchterhand, Neuwied

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      1.Frage: Gibt es eine einheitliche Theorie des Konstruktivismus?

      2.Frage: Wie lautet die Grundannahme des Konstruktivismus?

      3.Frage: Welche Position innerhalb des Konstruktivismus vertreten Reich und Lindemann?

      4.Frage: Welche wichtige Unterscheidung muss man nach Ansicht des Konstruktivismus vornehmen?

      5.Frage: Welches pädagogische Ziel verfolgt eine konstruktivistische Pädagogik nach Reich?

      6.Frage:

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