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      Sabine Dankbar

      Karriere

      oder Jakobsweg?

      Wegezeit – Wendezeit

      Mein Weg nach

      Santiago de Compostela

      Laumann-Verlag Dülmen

       Sabine Dankbar: Titelfoto

      2. Auflage 2012

      © 2009 by Laumann Druck & Verlag GmbH & Co. KG,

      D-48249 Dülmen/Westfalen

      Gesamtherstellung:

      Laumann Druck & Verlag GmbH & Co. KG, Postfach 14 61,

      D-48235 Dülmen/Westfalen

      ISBN 978-3-89960-320-0 (gedrucktes Buch)

      ISBN 978-3-89960-414-6 (EPUB)

      ISBN 978-3-89960-415-3 (Mobipocket)

      E-Mail: [email protected]

      Internet-shop: www.laumann-verlag.de

      Vorwort

      Liebe Leserin, lieber Leser,

      seit ich denken kann, wollte ich unbedingt ein Buch schreiben! Zwischendurch hielt ich es zwar für einen verklärten Kindheitstraum, obwohl Bücher seit jeher von mir regelrecht verschlungen werden und ich sehr, sehr gerne schreibe – Briefe, Texte, Memoranden, usw. Doch nach meinem letzten Arbeitstag im April 2006 setzte sich dieser altbekannte Gedanke wieder neu bei mir fest: »Sabine, schreibe endlich das Buch, dass du immer schon schreiben wolltest!« Ich beschloss, daraus einen meiner Vorsätze für die vor mir liegende freie Zeit zu machen. Immer dann, wenn ich über das Thema nachdachte, kam ich mir prompt selber in den Sinn: Warum nicht über den Menschen schreiben, den ich am besten kannte? Zudem konnte ich feststellen, dass ich mit meinen Themen nicht allein da stand. Es interessierten sich plötzlich viele Menschen in meiner näheren und weiteren Umgebung für die Beweggründe meines Ausstiegs und die Pilgerreise, die ich plante. Warum nicht die Antworten auf diese Fragen in einem Buch verarbeiten? Letztendlich gab dann der eine wesentliche Gedanke den Anstoß, zum Thema dieses Buches wirklich mich selbst zu machen: Ich hatte Abschied genommen, um neu aufzubrechen und um mir einen neuen Weg zu suchen – genau dem wollte ich für mich ganz allein durch das Schreiben meiner Geschichte nachspüren.

      Ich wollte bewusst Abschied nehmen. Von der Sabine, die mir selbst immer fremder geworden war. Ich wollte Abschied nehmen von der materiellen Sicherheit durch den festen Job als Geschäftsleiterin, Abschied von einem Leben, das aus überwiegend Arbeit bestand. Abschied von einem Leben, das mir viel Kraft und Motivation genommen hatte. Abschied von einem Leben, das für mich als Frau kein Familienleben zugelassen hatte. Von der Verantwortung, die mir immer mehr zur Last geworden war. Und ich wollte Abschied nehmen von der eigenen Unzufriedenheit, die nicht im Äußeren begründet war, sondern im tiefsten

      Inneren brodelte. Ich wollte nicht mehr länger über die Frage nach dem Sinn in meinem eigenen Leben nachdenken, ohne überhaupt die Zeit dazu zu haben.

      Ich wollte aufbrechen in ein neues unbekanntes Leben und noch mal von vorn beginnen. Ich wollte mich erinnern, was an vergangenen Träumen und Sehnsüchten noch in mir übrig war. Ich wollte einen Aufbruch, um auf dem Jakobsweg zu pilgern. Einen Aufbruch, um Antworten auf meine Fragen zu finden. Aufbruch, um mich neu orientieren zu können, ohne dabei alten Ballast mit mir herumschleppen zu müssen. Aufbruch, um einen neuen Sinn zu finden. Aufbruch in eine Verantwortung nur für mich selbst. Ich wollte aufbrechen, in eine Zeit, in der ich endlich lernte, mich so zu lieben, wie ich bin und nicht wie ich meinte, sein zu müssen, damit ich geliebt werde.

      Ich wollte einen neuen Weg hin zu einem Beruf, der meinen Leidenschaften entsprechen sollte: Menschen und Schreiben. Einen neuen Weg hin zu einer Frau mit eigener Familie. Einen neuen Weg, der mir Zeit lassen sollte und der mich zur Ruhe kommen lassen sollte. Einen neuen Weg, der mich stark und weich zugleich sein lässt. Einen neuen Weg, der von innen heraus aus mir begangen wird. Einen Weg, der meiner ist.

      Ich habe nun einen Weg gefunden, der wirklich meiner zu sein scheint, und weil man einen Weg nie allein gehen kann, teile ich gerne meine Geschichte mit Ihnen – wenn Sie mögen. Vielleicht finden Sie sich in einigen Passagen wieder, in anderen sind sie eventuell ganz anderer Meinung als ich – am Ende stimmen Sie mir hoffentlich zu, dass wir nur durch die Begegnung mit uns selbst und mit anderen Menschen wachsen können.

      Sabine Dankbar

      1. Advent 2008

      I. Mut zu Lebensbrüchen

      Zum ersten Mal hörte ich vom Jakobsweg in einer Unterhaltung mit meiner Freundin Susanne, die wir während eines gemeinsamen Spazierganges führten. Auch heute noch ist mir die Situation sehr gegenwärtig. Es war ein schöner, später Frühlingstag im Jahr 2003. Wir befanden uns in einem zauberhaften, lichten Wäldchen bei Telgte, der Krippen- und Wallfahrtsstadt nahe Münster. Bei unserem Spaziergang passierten wir ein großes Christuskreuz, das inmitten des Waldes stand. Wir verharrten dort einige Minuten und genossen die Stille, die nur vom Vogelgezwitscher und dem Rascheln der Bäume unterbrochen wurde. In uns breitete sich eine wohltuend leise Stimmung aus, die Natur nahm uns auf eine besondere Weise gefangen. Wir spazierten weiter, unsere Gespräche drehten sich um Glaube und Spiritualität. Der Wald endete plötzlich, und vor uns schlängelte sich ein Feldweg durch neu eingesäte Felder. Susanne erzählte von ihrem Wunsch, irgendwann einmal den Camino zu gehen. Da ich überhaupt nicht wusste, was es damit auf sich hatte, beschrieb Susanne mit der so für sie eigenen Lebendigkeit diesen uralten Pilgerweg, dessen letzte Hauptroute quer durch Nordspanien von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela führt, der sogenannte Camino Francés. Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus; welche Bedeutung der Weg für sie habe, warum sie ihn unbedingt gehen möchte und dass sie es bisher aufgrund der fehlenden Zeit, aber auch aus Respekt vor der Hitze noch nicht in die Tat umgesetzt hat. Ihre Begeisterung riss mich mit. Vor allem die Vorstellung, so intensiv mit sich allein sein zu können, lockte mich sehr. Der Abstand vom Alltag, um sich selbst neu zu erfahren – welch eine Herausforderung. Ich war berührt, beeindruckt und tief in mir klang etwas an …

      Noch in der gleichen Woche kaufte ich ein Buch, um mehr zu erfahren. Es war das Pilgertagebuch von Andrea Schwarz »Die Sehnsucht ist größer«. Dass ich ausgerechnet dieses auswählte, war alles andere als ein Zufall, nichts im Leben ist Zufall. Dieser sehr persönliche Reisebericht von Andrea Schwarz ist voller Schönheit und Klugheit. Er begeisterte mich und wühlte mich auch auf. Nach der Lektüre stand für mich fest, dass ich diesen Weg gehen würde. Nur wann!? Fünf oder sechs Wochen Urlaub konnte ich mir in meinem Job einfach nicht erlauben. Ich war in der Geschäftsleitung unseres Familienunternehmens in meiner Heimatstadt Ochtrup, nicht weit von Münster entfernt, tätig. Wir entwickeln und produzieren Damenoberbekleidung im mittleren Preissegment und gehören in der deutschen Bekleidungsindustrie zu den größeren Herstellern. Ich hatte Vorbildfunktion. Für die Mitarbeiter in meinem Verantwortungsbereich, der Produktentwicklung, wäre es auch nicht möglich, sich für vier oder mehr Wochen in die Ferien zu verabschieden. Trotzdem, den Camino in Etappen zu gehen, kam für mich auf keinen Fall in Frage. Ich wollte die Magie und Einzigartigkeit des Pilgerns, dieses Loslassen von allem und jedem über einen längeren Zeitraum, genauso erleben.

      Das Buch löste aber noch etwas anderes in mir aus. Andrea Schwarz und ihre Motivation zu pilgern, das was der Weg in ihr auslöste und wie sie es beschrieb, brachten in mir Empfindungen zum Klingen, die mich zum einen sehr verunsicherten, zum anderen aber etwas in mir freisetzten. Mich hatte die Sehnsucht gepackt.

      Etwa einen Monat nach dem Spaziergang trennte sich mein Freund nach über fünf gemeinsamen Jahren von mir. Besser gesagt: Ich trennte mich, nachdem er zu mir gesagt hatte: »Ich habe dich lieb, aber ich kann nicht richtig Ja sagen, etwas hält mich ab.«

      Für mich brach eine Welt zusammen, in der folgenden Zeit litt ich sehr. Wieder war meine Sehnsucht nach einer vertrauensvollen Partnerschaft und der Wunsch nach Kindern in weite Ferne

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