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Gemeinsam zum Erfolg. Lars Balzer
Читать онлайн.Название Gemeinsam zum Erfolg
Год выпуска 0
isbn 9783035500912
Автор произведения Lars Balzer
Жанр Учебная литература
Серия hep praxis
Издательство Bookwire
Die betrieblich organisierte Form der Grundbildung – Ausbildung in Lehrbetrieb, Berufsfachschule und überbetrieblichen Kursen – ist die verbreitetste Form der beruflichen Grundbildung, wir sprechen vom dualen oder trialen System (SBFI, 2013a; vgl. auch Wettstein & Gonon, 2009, S. 110). Mit «dual» sind die beiden klassischen Lernorte Betrieb und Berufsfachschule angesprochen, mit «trial» darüber hinaus die überbetrieblichen Kurse (üK). Klein- und Mittelbetriebe (KMU) nehmen in der dualen respektive trialen Berufsbildung eine wichtige Rolle ein, werden doch etwas mehr als die Hälfte der Lernenden in Klein- oder Kleinstbetrieben mit weniger als zwanzig Beschäftigten ausgebildet und rund zwei Drittel in Betrieben mit weniger als fünfzig Beschäftigten (Müller & Schweri, 2012, S. 39). Vor allem in der Romandie und im Tessin, in kleinerem Umfang ebenfalls in der Deutschschweiz, existieren aber auch schulisch organisierte Vollzeitausbildungen. Darunter fallen beispielsweise Wirtschafts- und Handelsmittelschulen und Informatikmittelschulen.
Angebot und Nachfrage verfügbarer Ausbildungsplätze (Lehrstellen) sind abhängig von verschiedenen Faktoren – einerseits von ökonomischen Entwicklungen (Bedürfnisse des Arbeitsmarktes, konjunkturelle Schwankungen und Ausbildungsbereitschaft respektive Ausbildungsfähigkeit von Betrieben), andererseits von demografischen Veränderungen und von Interessen und Berufswünschen der Jugendlichen.
Die demografische Entwicklung der letzten Jahre hat dazu geführt, dass sich die Situation auf dem Lehrstellenmarkt geändert hat: So wurde 2013 ein Überhang an Lehrstellen ausgewiesen (SBFI, 2013b), nachdem seit Ende des letzten Jahrhunderts die jährlich wiederkehrende Lehrstellenknappheit dazu geführt hatte, dass nicht genügend Lehrstellen für die an einer beruflichen Ausbildung interessierten Jugendlichen verfügbar waren. Diese aus Sicht der Jugendlichen günstige Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen (BfS, 2012). Trotzdem ist nicht garantiert, dass Jugendliche problemlos ihren Wunschberuf erlernen können.
Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage an Lehrstellen gestaltet sich je nach Branche sehr unterschiedlich. In der «Berufshitparade 2013» der Jugendlichen auf Lehrstellensuche belegten die technischen Berufe, die Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen, im Büro- und Informationswesen sowie die Berufe im Verkauf die ersten Plätze (SBFI, 2013b, S. 72), während Berufe in der Lebensmittelbranche aufgrund der anforderungsreichen Arbeitszeiten oder des Arbeitsumfeldes bei den Jugendlichen weniger beliebt sind und schon seit Längerem Schwierigkeiten mit der Rekrutierung von Nachwuchs haben (Marti, 2010). In bestimmten Berufen zeichnet sich ein Kampf der Ausbildungsverantwortlichen um interessierte (leistungsstarke) Jugendliche ab. Prestigeträchtige Berufe mit hohem Anforderungsniveau7 dürften deshalb weiterhin den leistungsstärksten Jugendlichen vorbehalten sein.
Abbildung 1-5 zeigt Angebot und Nachfrage auf dem Lehrstellenmarkt vom April 2013 im Überblick.
Abbildung 1-5
Lehrstellenmarkt Stand April 2013 (SBFI, 2013b, S. 12)
Abschliessend lässt sich festhalten, dass es im Hinblick auf eine hohe Abschlussquote auf Sekundarstufe II eine wichtige Aufgabe der Berufsbildung ist, für ein differenziertes, bedürfnis- und bedarfsorientiertes Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten zu sorgen, das nebst anforderungsreichen Ausbildungen auch Gefässe und Unterstützungsmassnahmen für misserfolgsgefährdete junge Menschen zur Verfügung stellt. Wie in → Kapitel 1.1 aufgezeigt, muss es ein übergeordnetes gesellschaftliches und damit politisches Anliegen sein, auch Jugendliche mit schlechten Startchancen in eine Berufsausbildung zu integrieren, die ihnen entspricht. Gelingt diese Integration nicht, besteht die Gefahr, dass sie als «working poor» aus dem System fallen und die Gesellschaft längerfristig über das Sozialhilfesystem für sie aufkommen muss.
1.1.4Die drei Lernorte im schweizerischen Berufsbildungssystem
Wie schon erwähnt, findet in der Schweiz die Vermittlung der beruflichen Grundbildung in der Regel an drei Lernorten statt, die im Berufsbildungsgesetz wie folgt bestimmt werden:
a. im Lehrbetrieb, im Lehrbetriebsverbund, in Lehrwerkstätten, in Handelsmittelschulen oder in anderen zu diesem Zweck anerkannten Institutionen für die Bildung in beruflicher Praxis;
b. in Berufsfachschulen für die allgemeine und die berufskundliche Bildung;
c. in überbetrieblichen Kursen und vergleichbaren dritten Lernorten für Ergänzungen der beruflichen Praxis und der schulischen Bildung.
(Art. 16 Abs. 2 BBG).
Im Gesetz ist weiter festgehalten, dass die Ausbildungsinhalte für jeden Lernort in den Bildungsverordnungen und Bildungsplänen der einzelnen Berufe festgelegt werden (Art. 16 Abs. 3 BBG) und dass es Aufgabe der drei Lernorte ist, zu kooperieren, damit die Ziele der beruflichen Grundbildung erreicht werden können (Art. 16 Abs. 5 BBG).
1.2Ein berufspädagogischer Blick auf die Zusammenarbeit
1.2.1Die Kooperation zwischen den drei Lernorten
Konkrete Angaben darüber, wie solche Zusammenarbeit umgesetzt und gewährleistet werden soll, finden sich in den gesetzlichen Grundlagen nur dahingehend, dass die Berufsfachschule Koordinationsaufgaben im Hinblick auf die Zusammenarbeit der an der Berufsbildung Beteiligten übernehmen kann (Art. 21 Abs. 6 BBG). Es erstaunt daher nicht, dass Lernortkooperation erst in einzelnen Regionen oder Berufen konkret in Angriff genommen und umgesetzt worden ist (Fleischmann, 2010, S. 2). Eine Vorreiterrolle nehmen hier die beiden Basler Halbkantone ein, die im Rahmen des Projektes «Umsetzung des neuen Berufsbildungsgesetzes in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt» eine bikantonale Umsetzungsgruppe ins Leben gerufen haben, die sich aus allen massgebenden Verbundpartnern beider Kantone zusammensetzt: Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen der Arbeitswelt, der Berufsfachschulen, der überbetrieblichen Kurse und der Lehraufsicht. Diese Gruppe zeichnet verantwortlich für die Implementierung der neuen Bildungsverordnungen. Die Steuerung des Prozesses liegt bei den Bildungsämtern der beiden Kantone (Mohler & Diesch, 2010). Mit dem Projekt wird sichergestellt, dass bei der Zusammenarbeit von wirklicher Kooperation (→ Abschnitt 1.2.2) gesprochen werden kann. Eine solche besteht nicht nur aus Koordination, sondern aus gemeinsam getragener Verantwortung für die Ausbildung.
Ein weiteres Beispiel für Zusammenarbeit findet sich in der Umsetzung der zweijährigen Grundbildung für Schreinerpraktikerinnen und -praktiker, wo eine enge Koordination zwischen den Lernorten durch gemeinsame Veranstaltungen für die Berufsbildungsverantwortlichen während der Einführungsphase der neuen Bildungsverordnungen, während der Vorbereitung der Qualifikationsverfahren sowie durch regelmässige gegenseitige Besuche gewährleistet wird (Merz, 2010).
Studien, die sich mit lernfördernden Aspekten der Lernortkooperation befassen, gibt es in der Schweiz erst vereinzelt. Ein Entwicklungsprojekt des Schweizerischen Instituts für Berufspädagogik (SIBP, heute Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB IFFP IUFFP) analysierte die Lernortkooperation in Form von lernortübergreifendem Unterricht im schulischen und betrieblichen Setting in fünf Anlehrberufen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine lernortübergreifende Zusammenarbeit, die sich auf ein gemeinsam festgelegtes und unter den Lernorten abgestimmtes Ausbildungsprogramm mit gemeinsam definierten Ausbildungszielen stützt (Zusammenarbeit als «Integration» im Sinne von Landwehr, 2002; → Abschnitt 1.2.2) einen positiven, lern- und motivationsfördernden Effekt auf die Lernenden und die Ausbildungsverantwortlichen hat (Grassi, Rhiner & Scharnhorst, 2005). Das Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen untersuchte die Förderung von Lernkompetenzen von Lernenden zweier kaufmännischer Berufsfachschulen und kam zum Schluss, dass eine optimale Lernförderung eine gute Koordination der Ausbildungspartnerinnen und -partner voraussetzt