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nimmt.

      Massnahmen am Übergang

      Die in → Kapitel 1.1 dargelegten Leitlinien von Bund und Kantonen zur Optimierung der «ersten Schwelle» führten zum Projekt «Nahtstelle Sekundarstufe I – Sekundarstufe II», das von 2006 bis 2010 durchgeführt wurde: Um die Zielsetzung eines Abschlusses auf Sekundarstufe II für 95 Prozent aller Personen unter 25 Jahren zu gewährleisten, wurden gemeinsam von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt verschiedene Unterstützungsmassnahmen entwickelt und umgesetzt (Galliker, 2011). Dies führte dazu, dass heute das Bild an der «ersten Schwelle» durch eine Vielfalt an Zwischenlösungen und Unterstützungsangeboten, mit besonderem Fokus auf Jugendliche mit schulischen und sozialen Schwierigkeiten, geprägt ist.

      Hauptziel dieser Angebote ist die Integration der Jugendlichen in die Berufsbildung. Als wichtigste und wohl bekannteste Massnahme sind hier die verschiedenen kantonalen Brückenangebote zu nennen, die Jugendliche mit individuellen Bildungsdefiziten, denen der direkte Einstieg in eine nach­obligatorische Ausbildung nicht gelingt, auf eine berufliche Grundbildung vorbereiten. Als Brückenangebote gelten beispielsweise berufsvorbereitende Schuljahre, Vorlehren und Angebote zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit (sogenannte Motivationssemester). Das Case Management Berufs­bildung (CM BB) sichert gefährdeten Jugendlichen im Rahmen eines strukturierten Verfahrens mit einer fallführenden Stelle ab der Sekundarstufe I bis zum Abschluss einer Ausbildung auf Sekundarstufe II eine individuelle Unterstützung zu (→ Abschnitt 4.3.1). Diverse kantonale und private Coaching- und Mentoringprojekte bieten zudem eine Begleitung von Jugendlichen bereits während der obligatorischen Schulzeit über die «erste Schwelle» hinweg an. Ziel ist eine Förderung berufsrelevanter und/oder sozialer Kompetenzen sowie Unterstützung im Bewerbungsprozess. Nebst diesen konkreten Unterstützungsangeboten für Jugendliche existiert eine Fülle von weiteren strukturellen Massnahmen zur Optimierung der Nahtstelle, wie beispielsweise der Einsatz von Lehrstellenförderinnen und -förderern, die Schaffung von Lehrbetriebsverbünden oder das Führen eines Lehrstellennachweises (Lena) durch die Kantone (BBT, 2012b).

      Selektion durch die Lehrbetriebe

      Obwohl sich gesamthaft kein einheitliches Vorgehen feststellen lässt, werden in der Regel in der Lehrlingsselektion die folgenden Unterlagen und Erfahrungen mitberücksichtigt: Schulzeugnisse, Bewerbungsunterlagen und Bewerbungsgespräch, Schnupperlehren und Betriebsbesuche, interne oder externe Eignungstests sowie Gespräche mit Eltern (Stalder, 2000; Imdorf, 2005; Neuenschwander, 2010). Laut einer Studie, bei der 1500 Lehrbetriebe im Kanton Bern befragt wurden, sind Selbst- und Sozialkompetenz, Mathematikkenntnisse sowie handwerkliches Geschick (in den entsprechenden Berufen) ausschlaggebende Kriterien bei der Lehrlingsauswahl (Stalder, 2000). Für die auswählenden betrieblichen Berufsbildenden ist ebenfalls wichtig, dass die Lernenden sich in den Betrieb einfügen können und wollen, dass sie zur Zusammenarbeit fähig sind und traditionelle Arbeitstugenden zeigen, wie Fleiss, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Ordnung, Sauberkeit und Sorgfalt. Damit sind überfachliche Kompetenzen angesprochen, für deren Erfassung im Rahmen der Früherfassung in → Kapitel 2.6 das Diagnoseinstrument smK72+ vorgestellt wird.

      Bei einer Befragung von 243 betrieblichen Berufsbildenden aus Wirtschaft und Verwaltung, Baugewerbe, Hoch- und Tiefbau sowie Handel in den Kantonen Bern und Luzern wurden als wichtigste Selektionskriterien Selbst- und Sozialkompetenzen der Jugendlichen sowie unentschuldigte Absenzen auf der Sekundarstufe I aufgeführt. Daneben spielen Geschlecht, Nationalität, Schultyp sowie fachspezifische Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen eine bedeutende Rolle im Auswahlprozess (Neuenschwander, 2010).

      Aufgrund der vorangehenden Ausführungen lässt sich festhalten, dass die für die Ausbildung im Lehrbetrieb verantwortlichen Personen über den Anschluss von Jugendlichen ans Berufsbildungssystem oder ihren Ausschluss bestimmen und somit eine grosse Verantwortung tragen. Um lehrstellensuchenden Jugendlichen ein chancengerechtes Auswahlprozedere zu garantieren, sollten die für die Selektion verantwortlichen Personen ihre Aufgabe ernst nehmen, ihr die gebührende Aufmerksamkeit und Sorgfalt schenken und für faire und transparente Auswahlverfahren sorgen. Eine sorgfältig durchgeführte Selektion kann die Gefahr von Lehrvertragsauflösungen und Lehrabbrüchen vermindern. Dieser Präventionsgedanke ist nicht nur unter einer pädagogischen, sondern auch unter einer ökonomischen Perspektive bedeutsam, weil Vertragsauflösungen zusätzlich zum Rekrutierungsaufwand zu Mehraufwand für die Betriebe führen.

      Ein Vergleich der Selektionspraktiken der Betriebe ist allerdings schwierig, weil die jeweiligen Vorgehensweisen sehr unterschiedlich sind und sich nicht an allgemein festgelegten Kriterien orientieren.

      1.1.3Nachobligatorische Bildung: Berufsbildung in der Schweiz

      Die Berufsbildung beinhaltet die Bereiche Brückenangebote und berufliche Grundbildung, die auf der Sekundarstufe II angesiedelt sind, den Bereich der höheren Berufsbildung auf Tertiärstufe, in den die eidgenössischen Berufsprüfungen, die eidgenössischen höheren Fachprüfungen sowie die Bildungsgänge an höheren Fachschulen fallen, sowie die berufliche Weiterbildung (vgl. Abb. 1-4, hervorgehoben). Gekennzeichnet ist das System durch klar definierte Bildungsangebote und eine hohe Durchlässigkeit, indem beispielsweise bereits erbrachte Bildungsleistungen beim Besuch weiterführender Ausbildungen angerechnet werden. Ein breites Angebot, das unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse berücksichtigt, sorgt für eine hohe Arbeitsmarktfähigkeit und führt zu einer guten Arbeitsmarktintegration von Personen des gesamten Begabungsspektrums (Hoeckel, Field & Grubb, 2009).

      In der Schweiz entscheiden sich jährlich rund zwei Drittel der Schulabgängerinnen und Schulabgänger für eine berufliche Grundbildung (SBFI, 2013a).

      Abbildung 1-4

      (Berufs-)Bildungssystem Schweiz (SBFI, 2013a, S.5, adaptiert)

      Die Berufsbildung ist auf Bundesebene durch das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung – das Berufsbildungsgesetz (BBG) – sowie durch die Verordnung vom 19. November 2003 über die Berufsbildung – die Berufsbildungsverordnung (BBV) – geregelt. Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt setzen sich gemeinsam für eine gut funktionierende Berufsbildung ein.

      Die beruflichen Grundbildungen in rund 250 anerkannten Berufen dauern zwischen

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