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der Kapellbrücke (Nr. 22) droht Gefahr: 1869 planen Geschäftsleute aus der Altstadt – um nicht ins Abseits zu geraten – die neue Seebrücke vom Bahnhof direkt auf den Kapellplatz zu führen. Es existiert denn auch ein anonymes Bild aus dieser Zeit, ohne Kapellbrücke, auf dem der Wasserturm (Nr. 23) wie eine einsame, vom Sturm verschonte Eiche aus der Reuss ragt.

       Tore zur Hofbrücke und zur Schifflände am Kapellplatz (Nr. 2), abgetragen 1835. Gemälde von Xaver Schwegler 1897.

      Die Umgestaltung des rechten Seeufers zur Hotelmeile und Aussichtsterrasse erfolgt in drei Etappen zwischen 1835 und 1906. Bahnbrecher ist der Wirt des Schwanen (Nr. 56), der den Neubau nach dem Brand seines Hotels in der Altstadt 1835 vor die Stadttore an das Seeufer zu stellen wagt, dorthin, wo schon zwei Jahre später die Dampfschiffe anlegen. Östlich davon entsteht 1845 der luxuriöse Schweizerhof (Nr. 57), der mit den 1856 erstellten Seitenflügeln ein neues Wahrzeichen in Luzern setzt. Erbauer sind die Gebrüder von Segesser, die zeigen, dass das im Umgang mit vornehmen Gästen geübte Patriziat sich im Hotelbau eher engagiert als in der Industrie. In einer zweiten Phase, zwischen 1861 und 1871, schiessen 14 weitere Hotels aus dem Boden, darunter nun etliche in der Nähe des Bahnhofs. In einer dritten Phase, nach den Krisenjahren 1875–1885, nimmt der Hotelbau mondäne Züge an. Er konzentriert sich auf die äussere Halde, wo man nach 1882 einige Zeit auf den Bau eines neuen Gotthardbahnhofs spekuliert. Im Anschluss an das 1870 eröffnete Hotel National (Nr. 62) entstehen 1882 der Kursaal (Nr. 64) und 1906 das Palace (Nr. 65); das Montana (1910) nützt, über eine Standseilbahn erschlossen, die erhöhte Prachtlage über dem See. Opfer dieses touristischen Baubooms ist die Hofbrücke, die zwischen 1834 und 1854 in drei Etappen abgebrochen wird; zu Füssen der Hofkirche (Nr. 50) müssen auch die verwinkelten Kaplanenhäuser und am See manche alten Gewerbebauten weichen.

      Mit dem Kriegsausbruch 1914 wird es still in Luzern. 1915 kommen nur noch knapp 30 000 Gäste, sechsmal weniger als zwei Jahre zuvor. In den folgenden Jahren muss mehr als ein Viertel der seit 1836 erbauten Hotels schliessen. So richtig in Schwung kommt der Tourismus erst wieder mit der Hochkonjunktur nach 1950; aber die Bettenzahl von über 8000 wird nie mehr auch nur annähernd erreicht.

       Entwicklungsakzente im 20. Jahrhundert (1914–2015)

      Luzern durchlief im 20 Jahrhundert ähnliche Entwicklungen wie andere Städte. Dazu gehörte auch der Auszug in die Vororte. Während die städtische Bevölkerung von 1970 bis 2000 um einen Sechstel zurückging, nahm jene der Vororte rasant zu. 2015 zählte der Gürtel der 13 Agglomerationsgemeinden zwischen Horw und Gisikon, Rothenburg und Meggen mit rund 200000 Einwohnern zweieinhalb mal so viele wie die Stadt mit ihren rund 80000. In dieser Situation wurde die Frage nach Fusionen sowohl vom Kanton als auch von der Stadt ins Spiel gebracht. Der Kanton forderte ein starkes Zentrum mit «deutlich über 100 000» Einwohnern, das als starker wirtschaftlicher Motor wirken und als viertgrösste Stadt der Schweiz national mehr Gewicht erhalten sollte. Erwartet wurde auch, dass Fusionen die Koordination der Verkehrsund Siedlungspolitik in den stark zusammen gewachsenen Lebensräumen verbessert würde, und sich in der Verwaltung dank Synergien Einsparungen ergäben. Ab 2002 begannen erste Fusionsgespräche zwischen Luzern und Littau. Volksabstimmungen ergaben 2007 Ja-Mehrheiten für eine Fusion von 52,6% in Luzern und 54,6% in Littau. Auf den 1. Januar 2010 trat der Zusammenschluss in Kraft, der eine Vergrösserung der Stadtfläche um 13,25 auf 29,1 km2, und der Einwohnerzahl um 17205 auf 76702 erbrachte. Ab 2009 liefen auch Abklärungen zur Schaffung einer «starken Stadtregion» von 150 000 Einwohnern durch Fusionen mit den Nachbargemeinden Adligenswil, Ebikon, Emmen und Kriens. Bei Volksabstimmungen im November 2011 und März 2012 zeigte sich aber, dass nur die Stadt gewillt war, mit diesen Gemeinden zu fusionieren, während diese selbst es ablehnten. Dabei dürfte das Selbstbewusstsein dieser Gemeinden eine Rolle gespielt haben, die mit zum Beispiel knapp 29000 Einwohnern in Emmen und 27000 in Kriens doch eine ansehnliche Grösse aufwiesen.

       Überblick

1910:Bau einer Luftschiffhalle in Tribschen
1912:Eröffnung der Dietschibergbahn
1914:Beginn des Hotelsterbens als Folge des 1. Weltkriegs
1928/29:Erste Autobuslinien von Luzern in Vororte wie Horw, Meggen etc.
1933:Eröffnung des Kunst- und Kongresshauses beim Bahnhof (1995 abgebrochen)
1938:Anfang der Internationalen Musikfestwochen (heute Lucerne Festival)
1949:Abbruch des in gotische Zeit zurückgehenden Freienhofs neben der Jesuitenkirche
1952–57:Erste Verkehrsampeln und Parkuhren
1957:Gründung des Zentralschweiz. Technikums (Fachhochschule)
1959:Eröffnung des Verkehrshauses als schweiz. Verkehrsmuseum (Nr. 67)
Ab 1960:Die Agglomeration beginnt die Stadt bevölkerungsmässig zu überholen.
1964:Luzern-Stans-Engelberg-Bahn eröffnet
1970:Frauenstimmrecht im Kanton Luzern
1971:Brand des Bahnhofs
1973–79:Anschluss an das Erdgasnetz und die regionale Kläranlage in Emmen
1978:Eröffnung des Natur-Museums (Nr. 108)
1981:Luzern wird an die Autobahn Norddeutschland-Süditalien angeschlossen
1986:Eröffnung des Historischen Museums (Nr. 107)
1993:Brand der Kapellbrücke (Nr. 22)
1997:Gründung der Hochschule Luzern durch die sechs Zentralschweizer Kantone (LU, UR, SZ, NW, OW, ZG)
1998/2000:Eröffnung des neuen Kultur- und Kongresszentrums KKL (Nr. 76)
2000:Gründung der Universität Luzern mit drei Fakultäten Erste Luzerner Stadtregierung mit nichtbürgerlicher Mehrheit
2007:Luzern und Littau beschliessen ihre Fusion auf den 1. Januar 2010
2011:Erstes Fussballspiel in der neuen Arena auf der Allmend
2011/12:Adligenswil, Ebikon, Emmen und Kriens lehnen eine Fusion mit Luzern ab
2009/13:Eröffnung der neuen Messehallen auf der Allmend
2016:Start der neuen Wirtschaftsfakultät an der Universität

       Die neue, schwungvoll gewölbte Langensandbrücke verbindet das Neustadtquartier mit Tribschen. Sie wurde 2011 mit dem Prix Acier ausgezeichnet.

      Erfolgreicher verlief die Aktivierung, die Luzern als Kultur- und Bildungszentrum im 20. Jahrhundert und namentlich in den letzten 20 Jahren erfuhr. In die Jahrzehnte seit 1930 fällt unter anderem der Bau von zwei Kunsthäusern, die Gründung der Musikfestwochen, die Eröffnung von vier bedeutenden Museen, und in neuester Zeit die Gründung zweier Hochschulen: 1997 der Fachhochschule Zentralschweiz, und 2000 der Universität Luzern. Beide Schulen nahmen seither einen formidablen Aufschwung. Mitte Oktober 2014 waren 5913 Studierende in den Studiengängen der Hochschule eingeschrieben, und an der Universität gab es 2015 im Frühjahrssemester 2814 Studierende. Luzern war wieder – ähnlich wie schon im 17. Jahrhundert – eine Studentenstadt geworden.

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