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existenziell. Bis es irgendwann, manchmal nach einer Minute, manchmal erst nach fünf Stunden, »klick« macht – und plötzlich klar wird, dass in jeder Nachricht auch Evangelium, also eine »gute Nachricht«, steckt. Diese gute Nachricht aus dem Weltgeschehen zu schürfen wie ein Goldgräber die Nuggets aus der Erde ist für mich jedes Mal ein bereicherndes Erlebnis.

      Zum Glück bin ich auf dem Weg vom Thema zum sendefähigen Beitrag nicht allein. Heidrun Dörken, die Rundfunkbeauftragte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), prüft jedes meiner Manuskripte sorgfältig – und macht es durch kluge Nachfragen besser. Und wenn Heidrun mal nicht kann, springen Helwig Wegner-Nord, der Leiter des Medienhauses der EKHN, oder Dr. Joachim Schmidt, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der EKHN, für sie in die Bresche. Allen dreien danke ich für ihre kompetente und freundschaftliche Begleitung.

      Aber auch dem Team von hr3 gebührt ein herzliches Dankeschön. Weil Redaktion, Studio-Techniker und Moderatorinnen und Moderatoren dort ein sehr entspanntes Radio-Klima kultiviert haben: eine nette Mischung aus Geschäftigkeit, Aktualität, Coolness und Sendungsbewusstsein. Oder wie es immer wieder heißt: hr3 – macht Spaß.

      Der aktuelle Slogan der Welle lautet übrigens: »hr3 – bei drei ist mehr drin.« Und ich finde: Das kann man getrost auch auf die Verkündigungssendungen beziehen. Weil »Moment mal« in den gehobenen Boulevard-Journalismus und das erfolgreiche Unterhaltungsradio eben noch eine ganz andere Perspektive einbringt: die Dimension des Glaubens, die neben aller medialen Konsumfreude den Menschen wieder auf sich und auf Gott verweist. Die vielen Reaktionen von Hörerinnen und Hörern (vor allem per Mail) und die hohen Downloadzahlen zeigen jedenfalls, dass es bei vielen Menschen noch immer und ganz neu ein starkes Interesse an spirituellen Fragestellungen gibt.

      Dass diese täglichen Einsdreißig Ihnen den Tag erhellen, wünscht

      Fabian Vogt

      JANUAR

      1

      Da ist es, das neue Jahr. Die Regierung hat uns in der Neujahrsansprache richtig Mut gemacht, wir ahnen alle längst, was wir besser machen können – und wir haben uns diesmal auch ganz besonders fest vorgenommen, dass wir es schaffen.

      Wissen Sie, was mein Problem dabei ist? Eigentlich hasse ich gute Vorsätze! Diese kleinen nervigen Vorhaben, die ein schlechtes Gewissen machen. Diese unruhigen An-die-Kandare-Nehmer. Diese sanft penetranten Selbstermahnungen, die uns vorgaukeln, das Glück wäre mit dem Besiegen einiger schlechter Angewohnheiten plötzlich zum Greifen nah.

      Ja, ich weiß: Natürlich ist es gut, wenn ich mir vornehme, nicht mehr zu rauchen, Sport zu treiben und meine Beziehungen zu pflegen. Aber wir wissen doch alle, wie es läuft. Manchmal klappt es, und manchmal klappt es eben nicht. Vielleicht hasse ich gute Vorsätze ja nur deshalb, weil ich so oft an ihnen scheitere.

      Ich finde es spannend, wie vehement die Bibel auf eines immer wieder hinweist: Aufgrund von guten Vorsätzen bekommt niemand ein erfülltes Leben. Zumindest nicht, solange solche guten Vorsätze uns einreden: »Du hast es selbst in der Hand! Du musst nur wollen!«

      »Nein«, sagt die Bibel, »du kannst noch so viel wollen, das, was ein Leben reich und stark macht, wirst du allein nicht schaffen.« Das ist deswegen interessant, weil die Bibel zugleich hervorhebt: Veränderung ist möglich – weil Gott nichts unmöglich ist.

      Es fühlt sich nun mal anders an, ob ich bei Veränderungen auf mein Wollen oder auf Gottes Können baue. Denn dann bin ich mit den Herausforderungen meines Lebens nicht allein. Darum mag ich es so, dass Gott sagt: »Das Alte ist vorbei. Ich schaffe etwas ganz Neues.« Mein guter Vorsatz für das neue Jahr lautet: Daran will ich glauben.

      JANUAR

      2

       72 Stunden

      Mist! Was ist denn nun mit den guten Vorsätzen? Natürlich habe ich mir an Silvester doch was vorgenommen: Schlanker will ich werden, gelassener, freundlicher, vielseitiger, sportlicher, verbindlicher, ein bisschen frommer und irgendwie insgesamt besser. Es soll endlich alles anders werden. Und vor allem: Gelassen wollte ich diese Veränderungen angehen.

      Doch nun habe ich dummerweise von dieser 72-Stunden-Regel gelesen, dieser geheimnisvollen Formel, die zurzeit in Manager- und Marketing-Seminaren so gerne verkündet wird: »Wenn Sie nach einer wichtigen Entscheidung nicht innerhalb der nächsten 72 Stunden – also innerhalb der nächsten drei Tage – einen ersten konkreten Schritt gehen, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihr Vorhaben tatsächlich umsetzen, auf unter 1 Prozent.« Was für ein Stress. Aber angeblich hat das jemand sogar mal empirisch nachgewiesen.

      Das heißt: Schöne Absichten, die nicht innerhalb von 72 Stunden in der Realität verankert werden, treiben fast immer in der Strömung des Alltags davon. Und ganz absurd klingt diese Theorie ja nicht. Tatsächlich bleiben viele Ideen, Pläne, Gedanken und Träume unverwirklicht, weil wir sie immer wieder auf die lange Bank schieben.

      Gefährlich ist in diesem Zusammenhang eigentlich nur die Vorstellung, dass ausgerechnet der 31. Dezember eines Jahres der entscheidende Stichtag für grundlegende Veränderungen im Dasein eines Menschen sein soll. Der christliche Glauben hat – was das angeht – zum Glück eine ganz andere Vorstellung von Neuanfang. Gott kann jeden Augenblick eines Jahres nutzen, um neue Wege aufzutun. Oder andersherum: Immer wenn Menschen Erfahrungen mit Gott machen, beginnt in ihrem Leben etwas Neues. Insofern könnte jeder Tag so ein Tag sein.

      Und dann? Na, dann beginnen die 72 Stunden von vorne.

      JANUAR

      3

       Exkommunikation

      Jetzt mal ehrlich, wie sieht es denn mit Ihren guten Vorsätzen aus? Ich meine: Die hören und fühlen sich in der Silvesternacht und am Neujahrsmorgen immer gut an. Aber dann stellt man ziemlich schnell fest, dass es gar nicht so leicht ist, sein Leben zu ändern. Meist scheitern wir schon an unseren Diätzielen – von wirklich herausfordernden Veränderungen ganz zu schweigen.

      Der 3. Januar ist in diesem Zusammenhang übrigens ein spannender Tag. Da wurde nämlich im Jahr 1521 der Reformator Martin Luther exkommuniziert. Aus der Gemeinschaft der Glaubenden offiziell ausgeschlossen, weil er mit seinen revolutionären Reformen das ganze damalige Weltverständnis infrage stellte. Fortan war er vogelfrei.

      Was das mit uns zu tun hat? Das kann ich Ihnen sagen: Martin Luther besaß den Mut, aus zerstörerischen Strukturen auszusteigen. Auch wenn er dafür sozial geächtet wurde. Und ich behaupte mal: Allzu oft bleiben Menschen in falschen und zerstörerischen Strukturen stecken, weil sie genau davor Angst haben – den Halt zu verlieren und von der Gemeinschaft nicht mehr anerkannt zu werden.

      Echte Veränderungen haben aber nun mal ihren Preis. Und wer nicht bereit ist, diesen Preis zu bezahlen, bezahlt auf Dauer einen viel höheren – nämlich mit einem unguten, halbherzigen Leben. Also: Sollten Sie für das neue Jahr bedeutende Veränderungen vorhaben, dann denken Sie an den glaubensstarken Martin Luther. Der fand nämlich bald auch eine neue Gemeinschaft, in der er sich wirklich frei fühlen konnte.

      JANUAR

      4

       Welt-Braille-Tag

      Sechs winzige Punkte machen den entscheidenden Unterschied. Ja, diese sechs kleinen Punkte sind wie das Tor in eine völlig neue Welt. Die Welt der Literatur, der Poesie, der Sprachbilder und der Informationen. Gäbe es diese sechs Punkte nicht, bliebe vielen eine fantastische Welt verschlossen.

      1829 erfand der 20-jährige Blinde Louis Braille

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