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dazu der Duft, die Wärme, Farbigkeit, die Leichtigkeit und der Himmel der Provence.

      Der Gegensatz:

       Die graue und rosa Provence.

      Wichtig ist für mich, diese Geschichten von Künstlern und Künstlerinnen aus verschiedenen Ländern zu erzählen – loszulassen.

      Es spielt dabei keine Rolle, ob ich sie selbst erlebte.

      Viele Ereignisse finden dank der Erzählbarkeit statt.

      Rue des Poternes

      Rohrfederzeichnung 2009

      Erster Studienaufenthalt 1981

      In den ersten Jahren war es nicht so einfach, einen Platz im Atelier zu bekommen. Künstler vieler Nationen nahmen Aufenthalt für mindestens einen Monat.

      Ich malte erst seit einem Jahr. In der Volkshochschule kam es zu einem Gespräch mit dem Kunstlehrer Herrn W. Hinrichs. Er sah, wie gut ich mit Farben umgehen konnte, wie ernst es mir mit dem Lernen, Gestalten und Malen – nichts als Malerei – war.

      Im Frühjahr 1980 erzählte ich, dass es mir endlich möglich sei, eine Reise zu unternehmen. Daraufhin erzählte Herr Hinrichs begeistert von seinen jährlichen Reisen in die Provence, schilderte Südfrankreich in den schönsten Farben und sagte: »Für Sie wäre es das Beste, einmal in ein Atelier in diese märchenhafte Landschaft zu fahren, um das besondere Licht der Provence, das Licht der Maler, einzufangen.« Er lächelte verträumt und weitere Malschüler stellten sich neben uns.

      »Im vergangenen Jahr, auf meiner Fahrt durch die Vaucluse, kam ich zufällig in den Ort Séguret und konnte dort den Künstler Arthur Langlet, seine Frau und einige anwesende Künstlerinnen und Künstler kennenlernen.

      Herr Langlet zeigte mir die Werkstätten und lud mich für einige Tage in das Atelier ein«, sagte der Lehrer.

      »Es gibt im Atelier keinen Unterricht, Herr Langlet bietet jedoch Kurse für Lithographie und Radierung an und hilft bei dem Drucken kleiner Auflagen. Die Fotowerkstatt kann ebenfalls genutzt werden. Korrekturstunden für neu entstandene Arbeiten kann man bei dem Künstler Herrn Arthur Langlet buchen. Was meinen Sie dazu, junge Frau, ist das etwas für Sie?«

      Erstaunt sah ich den Lehrer an: »Ja sicher, ich glaube aber kaum, dass ich, die Anfängerin, genommen würde. Wo könnte ich mich dafür bewerben?«

      »Für einen Aufenthalt im ›Atelier Artistique International de Séguret‹ sollte man sich möglichst schon im Herbst für das kommende Jahr bewerben. Ich gebe Ihnen die Adresse, Sie legen dem Brief einen Lebenslauf und einige Fotos Ihrer Arbeiten dazu.«

      Da ich zu dieser Zeit noch in keiner Weise von meinem Können oder Talenten überzeugt war, bat ich Herrn Hinrichs, für mich nach Séguret zu schreiben und mich zu empfehlen. Lächelnd versprach er es.

      Im Herbst des Jahres 1980 bekam ich einen Brief aus Frankreich. Frau Langlet teilte mir mit, dass ich die besagten Fotos und eine Vita schicken möchte.

      Sie und ihr Ehemann würden danach entscheiden, ob und wann ich für einen Monat kommen könnte. Meine Spannung wuchs von Tag zu Tag. Ich malte erst seit einem Jahr, es war wenig, was ich dieser Prüfung für würdig hielt.

      Große Freude, im Dezember kam die Nachricht auf meine spärliche Fotodokumentation. Meiner Reise stand nichts im Weg, der erste Aufenthalt für einen Monat war reserviert. Ich war beglückt und aufgeregt zugleich.

      Mit Herrn Hinrichs besprach ich, was für Material für die Reise geeignet wäre. Er sagte mir, ich müsse unbedingt eine Feldstaffelei aus Metall mitnehmen, denn der Mistral sei ein starker, kalter Wind, der aus dem Norden kommt.

      Selbst Van Gogh hatte immer große Schwierigkeiten mit dem Wind, obwohl er einen mit Steinen gefüllten Jutesack an die Staffelei band. Der Wind riss sie wieder und wieder um.

      Außerdem hatte ich für mein Kommen den Monat April bestätigt, ohne zu wissen, dass es dann besonders windig und kalt sein würde. In den mittelalterlichen Gebäuden kann zum Teil im Winter nicht geheizt werden, die Mauern heizen sich erst im Sommer wieder auf.

      Ich machte mir ebenfalls keine Gedanken darüber, dass ich kein Wort Französisch sprach. Denn ein Wörterbuch kam mit in das Reisegepäck.

      Im März des Jahres hatte ich mich von meinem Ehemann getrennt, eine erste Atelierwohnung bezogen, es begann ein neues, selbstständiges Leben voll Ungewissheiten.

      Neugierig auf das Leben mit der Malerei, 44 Jahre jung, was sollte mir geschehen? Meine drei Söhne waren aus dem Haus und selbstständig.

      Seit meinem fünften Lebensjahr wollte ich malen. Durch viele Widrigkeiten in meinem Leben, konnte ich damit erst jetzt beginnen. Dass die Malerei und Bildhauerei einmal mein Beruf werden könnte, dachte ich noch nicht.

      Ich wollte ursprünglich Publizistik studieren und musste, wie in der DDR üblich, erst einen praktischen Beruf erlernen. In der Gutenbergschule und zeitgleich im Betrieb ›Deutsche Graphische Werkstätten Leipzig‹ wurde ich zur Schriftsetzerin ausgebildet. Auch während der Ehezeit arbeitete ich teilweise in diesem Beruf.

      Wichtig war, dass ich als Schriftsetzerin den Umgang mit Farben, Papieren und Schriften beherrschte, da es mir jetzt und immer wieder zugutekommt, hilfreich in der Malerei und Graphik ist. Besonders bei dem Gestalten von Künstler-Büchern.

       Zu meinem ersten Aufenthalt 1981 in Séguret

      Am ersten April begann für mich die große Fahrt in eine andere Welt. In Braunschweig hatte ich mir das nötige Material, einen Malhocker und eine Feldstaffelei, gekauft. Den großen Koffer mit Farben, Leinwänden, Kleidung, Sonnenhut und Malblöcken hatte ich per Bahn vorausgeschickt, was heute leider nicht mehr möglich ist.

      Ich konnte mir nur eine einfache Fahrkarte mit Sitzplatz, keinen Liegewagenplatz leisten. Das bedeutete leider ab Braunschweig 21 Stunden Zugfahrt, inklusive Umsteigezeiten.

      Erstes Umsteigen in Hannover in einen Zug nach Basel. In Basel in einen Zug Richtung Marseille. Ab Basel hatte ich zum Glück eine Platzkarte, der Zug war übervoll. Eine lange Fahrt, was würde mich erwarten?

      Undefinierbare Gerüche und Geräusche im Wagen ließen mich nicht einschlafen.

      Gegen drei Uhr in der Nacht war der Ort Valence endlich erreicht – wieder umsteigen.

      Inzwischen war es der erste April und Frühling in der Vaucluse, es wehte ein lauer Wind, roch nach Frühling und nach Frankreich.

      Diese Gerüche werde ich im Leben nie mehr vergessen. Wenn ich heute in Avignon ankomme, sagt mir der Duft, ich bin wieder zu Hause.

      Die Fahrt sollte erst gegen fünf Uhr weitergehen, also suchte ich den Warteraum auf.

      Der Warteraum in der zweiten Klasse war überfüllt, Menschen lagen schlafend auf Bänken und Tischen. Das kannte ich so noch nicht.

      Sehr müde begab ich mich in den Warteraum der ersten Klasse, er war fast leer. Sofort kam ein Bahnbeamter und verlangte meine Fahrkarte, sah sie an und verwies mich des Raumes.

      Bepackt mit Mappe, Reisetasche, Hut, Schirm und Staffelei ging ich aus dem Bahnhofsgebäude hinaus auf die Straße und lehnte mich an eine Wand, das Gepäck dicht an mich gepresst.

      Es dauerte nicht lange und Männer, Franzosen, kamen auf mich zu, sie sprachen mich an, wollten etwas von mir. Obwohl ich sie nicht verstand, erahnte ich ihre Wünsche.

      Unweit von mir standen leicht bekleidete Frauen, sie hatten kein Reisegepäck dabei. Es blieb mir nichts anderes übrig, als wieder in den Wartesaal der ersten Klasse zu gehen, und ich wurde erneut hinausgebeten. Nach geraumer Zeit versuchte ich es wieder, um sitzen zu können.

      Es ging gut, der Beamte kam nicht noch einmal. Als es heller wurde, fuhr der Zug nach Orange, meinem Endziel entgegen. Es waren nur vier Wagen und eine Menge Reisende, viele Spanier, auf dem Bahnsteig, denn

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