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hin. Hauke Steffens und ich berichteten von dem erfolgten Einbruch mit Fahrzeugdiebstahl, der nach Auffinden der beiden ermordeten und danach verbrannten Frauen in der Nähe Oldenmoors zufälligerweise zwei anderen Mitgliedern derselben Bande aufgrund der an diesem Tatort gesicherten Reifenspuren und Fingerabdrücke zweifelsfrei zugeordnet werden konnten. Auch die beiden Morde und die Brandlegung auf dem Bauernhof gingen auf das Konto der zwei Russen, denn die danach anlässlich der Kieler Razzia gefundene Makarov-Pistole trug die Fingerabdrücke des einen und konnte von der Ballistik zweifelsfrei dem in einem der Totenschädel gefundenen 9 mm-Geschoss zugeordnet werden. Schmauchspuren auf seiner Kleidung verdichteten dieses Indiz. Auch eindeutige Spuren von Superbenzin, das als Brandbeschleuniger verwendet wurde, hafteten an der Kleidung beider Verdächtigen. Oberstaatsanwalt Harmsen dankte uns allen für die gute Arbeit und äußerte sich über das zustande gekommene Resümee sehr zufrieden. Die zusammengetragenen Indizien reichten wohl für eine Anklage der beiden Russen wegen Einbruchs, Autodiebstahls und Mordes aus. Natürlich konnten auch die von Waldi Mohr aufgelisteten Funde an Drogen, Geld und Waffen im Versteck der Drogenbande zweifelsfrei all deren Mitgliedern zur Last gelegt werden. Schwieriger sei es allerdings – ohne eindeutige Geständnisse der Täter –, deren Verwicklung in einen willig herbeigeführten Tod des Ralph Westphal nachzuweisen. „Das ist wohl Ihre nächste Aufgabe, Frau Oberkommissarin Masal. Wie ich höre, besitzen Sie wertvolle Sprachkenntnisse, um vielleicht zwei der Festgenommenen zum Reden zu bringen. Vor allem wollen wir auch herausfinden, wer der festgenommene Lateinamerikaner wirklich ist und wie er in die Angelegenheit verwickelt ist. Fangen Sie am besten mit diesem Kerl an, lassen wir die Frau noch ein wenig schmoren. Sie dürften an diese schon wegen ihrer sie belastenden DNA an Westphals Kleidung sowieso leichter herankommen. Versuchen Sie es, viel Glück dabei!“

       ***

      „Buenos días, Señor impostor4 Alejandro Vazques!“

      Nili ist gleich nach dem Mittagessen zusammen mit Hauke Steffens in die Untersuchungshaftanstalt in der Faeschstraße gefahren. Sie haben dort ihre Berechtigungsformulare zur Vernehmung der zwei Festgenommenen vorgezeigt. Jetzt sitzen beide Oberkommissare erst einmal jenem sogenannten Alejandro Vazques gegenüber. „Sabemos que tu no te llamas así y que tu pasaporte español es falso!“ Nili konfrontiert ihn mit ihren Erkenntnissen über seinen falschen Namen und Pass. Der derart Angesprochene ist von Nilis Frontalangriff in fließendem Spanisch offensichtlich überrascht. „Damit du es weißt“, fährt Nili fort, „wir wurden inzwischen von der Guardia Civil in Las Palmas de Gran Canaria über eure letzten drei gescheiterten Operationen umfassend informiert. Im Oktober, November und Dezember letzten Jahres wurden eure Drogen-Transportsegler Liberty Belle, Meguem und Pericles von Zoll und Polizei in den kanarischen Hoheitsgewässern aufgebracht und dabei insgesamt etwas mehr als zweieinviertel Tonnen Kokain gesichert. Was für’n Pech aber auch, nicht wahr? So viele Millionen Euro futschifutschi! Deine Bosse haben sicher vor lauter Freude Luftsprünge gemacht. Dabei wurden auch sieben deiner Kumpane – Serben, Tschechen, Ukrainer und Spanier – festgenommen, der achte, nämlich du, konnte sich allerdings offensichtlich unbemerkt von Bord der Meguem abseilen und war seitdem verschwunden. Die Guardia Civil untersucht zurzeit noch, wen du auf der Kanarischen Insel Hierro bestochen hast, um dir diesen Pass zu beschaffen, denn der wurde dort ausgestellt. Also sag schon: Wer bist du und wo kommst du wirklich her? Wenn du brav mit uns kooperierst, kann dies nur zu deinem Vorteil sein, dann gibt’s Knastrabatt!“

      Der Angesprochene verzieht keine Miene und wendet stumm den Blick von Nili ab.

      „Na denn, auch gut, wenn du nicht reden willst! Dein Pech ist allerdings, dass wir es schon längst wissen!“ Nili wirft einen kurzen Blick auf ein Fax, auf dem auch ein Foto ihres Gegenübers zu erkennen ist. „Du bist also Francisco José Villegas, geboren in Cali, Colombia, am 24. Dezember 1982, bei deinen intimen Amigos besser bekannt als Paco-Pepe. Diesmal aber gelang es uns durch einen riesen Zufall, jenen allseitig gesuchten, berüchtigten Transportstrategen und einfallsreichen Organisator für den Versand und Kokainhandel in Europa zu fangen. In deinen Kreisen wirst du nicht zuletzt auch ‚El Genio‘5 genannt, weil du trotz beharrlicher Verfolgung immer wieder wie ein Geist entkommen bist und dich wie in Rauch aufgelöst hast. Du bist also jenes sagenhafte Phantom, das uns endlich ins Netz gegangen ist. Wie in Aladins Märchen geschehen, wird nun dieser Geist in eine Flasche mit dichtem Korken gesteckt, aus der er für sehr, sehr lange Zeit nicht mehr entkommen kann! Wunderst dich wohl, Don Paco-Pepe, woher wir das alles wissen? Nun, die spanischen Kollegen haben in deiner Koje auf der Meguem so viel aufschlussreiches Material, darunter auch deinen richtigen Pass, gefunden. Dies alles reicht bei uns, um dich für mindestens fünfzehn Jahre ins Kittchen zu stecken, vielleicht aber schieben wir dich schon nach drei Jahren in die USA ab, wo dir weitere fünfzig oder sechzig Jahre blühen, weil die Amis ja ganz besonders scharf auf dich sind. Oder vielleicht doch lieber nach Kolumbien? Was dich dort erwarten mag, kannst du dir selbst am besten ausmalen!“

      Villegas gibt sich noch immer ungerührt. Nili steht vom Vernehmungstisch auf und macht eine Geste in Richtung Hauke. „Komm, wir gehen! Ciao, du Genie Paco-Pepe. Süße Träume!“ Bevor Nili dazu kommt, an die Tür zu klopfen, um aus dem verschlossenen Sicherheitsraum herausgelassen zu werden, verlautet es sehr leise: „Un momentito, por favor, Señorita Comisaria!“

       Als hätte er sich plötzlich verwandelt, sprudelte es geradezu aus Villegas heraus, so als wollte er jetzt mit einem Mal seine gesamte Last an Missetaten loswerden. Ich gebot ihm kurz Halt und schaltete den Bandrecorder ein, um seine allumfassende Beichte festzuhalten. Er sprach zweieinhalb Stunden ohne Pause und ich brauchte danach fast zwei ganze Tage, um seine Aussage ins Deutsche zu übersetzen. Er gestand so ziemlich alles, was wir schon, und noch vieles mehr, das wir bisher nicht wussten. Dennoch hatte ich irgendwie so ein Gefühl, er halte eine ganz besonders wichtige Information zurück, die er keineswegs preisgeben wolle. Nachdem wir mit ihm fertig waren und seine Aussage fein säuberlich in beiden Sprachen nebeneinander protokolliert war, unterschrieb er sie, wobei er mich zum ersten Mal sonderbar anlächelte. Am nächsten Tag nahmen wir uns dann das Mädchen vor.

      „Wie wollen wir uns unterhalten, Frau Massud? Auf Deutsch? Do you speak English? At medaberet Iwrith? Oder wollen Sie lieber eine arabische Dolmetscherin?“ Mit einiger Sympathie betrachtet Nili die verschüchterte junge Frau, die ihr am Vernehmungstisch in einem Jogginganzug gegenübersitzt. Die Kieler Kollegin Steffi Hink hält sich unauffällig im Hintergrund. „Deutsch is okay, so weit ich kann“, antwortet Habiba kleinlaut. Dann fragt sie plötzlich auf Iwrith: „Wieso sprichst du Iwrith? Bist du Jüdin?“

      „Ja, ich bin in einem Kibutz in Israel geboren, ich heiße Nili. Und du, wo kommst du her?“

      Nach einer kurzen Pause antwortet Habiba mit sehr lauter Stimme: „Ich komme ursprünglich aus Ramallah. Ich habe dort bis zur Intifada gewohnt, bis deine Polizisten meine beiden Eltern erschossen haben!“ Ihre Stimme ist voller Hass.

      Mit leiser Stimme antwortet Nili: „Und ich habe am Fuße der Golanhöhen gelebt, bis deine PLO-Banditen zuerst meinen kleinen Bruder ermordet – er war erst ein Jahr alt – und später auch meinen Vater im Jom-Kippur-Krieg getötet haben. Sind wir also quitt?“

      Für eine Weile herrscht Stille im Raum.

      „Was kannst du mir über Ralph Westphal erzählen, den hast du doch gut gekannt?“

      Bei der Erwähnung von Ralphs Namen zuckt Habiba Massud zusammen und fängt an zu schluchzen. „Ich habe ihn geliebt, habe ihn wirklich so sehr gern gehabt, das musst du mir glauben!“

      Nili schiebt ihr eine Packung Papiertaschentücher hin. „Wo hast du ihn kennengelernt?“

      „Im Zug, auf der Fahrt von Lübeck nach Kiel. Da hat uns, also dem Mustafa und mir, der Matti angedeutet, an wen wir uns heranmachen sollten, um erst einmal Kontakt aufzunehmen. Dann habe ich mich mit Ralph ab und zu getroffen und wir sind uns nähergekommen.“

      Ein erneuter Weinkrampf schüttelt sie. „Ich wollte doch nicht, dass er stirbt, ich habe wirklich nicht gewusst, dass der Matti mir das Briefchen mit reinem Kokain untergeschoben hat, das schwöre ich bei allen Heiligen! Ich habe ihn sehr gemocht, wir hatten so schöne Stunden miteinander. Er war für mich der erste Mensch seit dem Tod meiner Familie, dem ich so nah

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