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Sturmdivisionen im Frontabschnitt 14 bis 19 vermerkt worden und …“

      Kohlhaas herrschte ihn an, den Mund zu halten. Kurz darauf fand er die rot markierte Stelle am unteren Ende der besagten Seite.

      „Die Verluste der Volksarmee sind allerdings von einer anderen Dienststelle bearbeitet worden, aufgrund der …“, erklärte der Offizier.

      „Halten Sie den Mund!“, schrie ihn Frank an. „Verschwinden Sie! Sofort!“

      „Es tut mir sehr Leid, Herr General!“

      „Raus!“

      Kaum hatte der Waräger den Unterstand wieder verlassen, da schleuderte Frank den Stapel Papiere wie eine Giftspinne von sich und trat gegen einen Plastikstuhl.

      „Zur Hölle mit dieser ganzen Scheiße!“, flüsterte er und hielt sich den Kopf.

      Es dauerte nur noch Sekunden, dann konnte Frank seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Leise weinend setzte er sich in eine dunkle Ecke. Jetzt wusste er es endlich. Auch der sympathische, junge Pjotr, dessen Leben Frank im russischen Bürgerkrieg gerettet hatte, war von diesem Krieg verschlungen worden.

      In diesem Moment wurde dem General wieder einmal klar, dass Gott, wenn er denn überhaupt existierte, niemanden beschützte oder liebte. Er hatte die Menschen wohl schon lange verlassen und den Blick von seiner Schöpfung abgewandt. Vielleicht schaute er aber auch zu, als zynischer Voyeur, der die kleinen Kreaturen, die er geschaffen hatte, mit kaltem Blick beim Sterben betrachtete.

      Seit Tagen versuchte die GCF, die immer wütender und aufsässiger werdenden Bewohner von Leipzig im Zaum zu halten. Als diese von der herannahenden Volksarmee und den ihr folgenden deutschen Freiwilligenmilizen hörten, geriet die Situation endgültig außer Kontrolle. Bereits vor einer Woche war der oberste Stadtverwalter von Leipzig von einem Unbekannten vor dem Rathaus erschossen worden. Wenige Stunden später hatten mehrere Hundert mit Knüppeln, Äxten und Schusswaffen aller Art bewaffneten Männer Anstalten gemacht, das Gebäude zu besetzen. GCF-Soldaten und VVM-Männer hatten schließlich dazwischengeschossen und die Aufständischen in die Flucht geschlagen.

      Nun, da die Bevölkerung Leipzigs wusste, dass die Volksarmee im Anmarsch war, versammelten sich Tausende von Menschen in der Innenstadt und protestierten zunächst friedlich gegen die Besatzungstruppen der Weltregierung. Doch das änderte sich innerhalb kürzester Zeit, denn die aus vielen Ländern nach Deutschland gebrachten GCF-Soldaten verloren angesichts der vorrückenden Truppen des Nationenbundes am Ende die Nerven und schossen erneut auf die Demonstranten.

      Damit wurde ganz Leipzig ins Chaos gestürzt. Die ganze Nacht hindurch tobten Straßenschlachten und Unruhen in den Gassen. Schließlich gingen die Volksarmisten sofort zum Angriff über, um Leipzig so schnell wie möglich zu befreien.

      „Wir müssen uns beeilen und die Stadt einnehmen, bevor weitere GCF-Truppen eintreffen!“, schärfte Frank seinen unter großem Zeitdruck vorrückenden Soldaten ein.

      Diese griffen die feindlichen Verbände, die sich in Fuchshain und Großpösna verschanzt hatten, entschlossen an, nachdem die mobile Artillerie der Rus einige Straßenzüge mit heftigem Trommelfeuer eingeebnet hatte.

      Die von Ludwig Orthmann angeführten deutschen Freiwilligenverbände hatten derweil Paunsdorf erreicht und befanden sich bereits in schweren Häuserkämpfen mit einigen VVM-Trupps.

      Frank betrachtete den Bildschirm im Vorderteil seines Kommandopanzers. Ständig zeigten kleine Kameras, die an der Außenhülle des Tanks angebracht waren, neue Bilder und Eindrücke. Zudem wurden ununterbrochen Informationen und Außenaufnahmen von den anderen Transportpanzern, die überall Waräger an die Front brachten, übertragen.

      Der General war bemüht, sich in diesem Chaos halbwegs zurechtzufinden und den Angriff so gut es ging zu koordinieren.

      „Unsere Geschütze sollen die VVM-Stellungen in Holzhausen unter Feuer nehmen!“, befahl er und drehte sich zu einem Leutnant um.

      „Wir sollten die VVMs generell gezielt mit unseren Panzern und Sturmtruppen angreifen. Die rennen schneller weg, wenn es ernst wird. So können wir die Abwehrfront des Feindes leichter aufreißen“, meinte der Russe. Frank nickte.

      „Ja, eine gute Idee. Ich werde den Angriffsplan noch einmal modifizieren.“

      Hunderte von grau uniformierten Volksarmisten und schwer gerüsteten Warägern rannten inzwischen gegen die gegnerischen Linien an und arbeiteten sich durch heftiges Sperrfeuer vor. Kohlhaas hatte derartige Sturmangriffe schon viele Mal erlebt, immer waren sie verlustreich und blutig. Doch es gab keine andere Möglichkeit, Leipzig einzunehmen. Außerdem musste es schnell gehen, bevor der Feind weitere Hilfe aus dem Hinterland bekam.

      Schließlich dauerten die Gefechte bis zur Abenddämmerung und es gelang den Warägern, den Gegner zumindest aus Fuchshain zu vertreiben. Morgen würden sie versuchen, bis nach Großpösna vorzudringen, beschlossen Frank und die anderen Offiziere vor Ort. Wenn es überhaupt gelang, Leipzig im Sturm zu nehmen, dann nur unter großen Opfern, denn die GCF- und VVM-Soldaten hatten sich mittlerweile überall in gut geschützten Positionen verschanzt.

      Doch in den frühen Morgenstunden des folgenden Tages ereignete sich etwas, womit niemand gerechnet hatte. In der tiefen Dunkelheit griffen mehrere Hundert Leipziger, die sich mit allem Möglichen bewaffnet hatten, die GCF-Soldaten und ihre Helfer von den VVM plötzlich von hinten an. Offenbar hatten die Aufständischen zuvor mit Ludwig Orthmann Kontakt aufgenommen und sich mit ihm abgesprochen.

      Zunächst überfielen sie nur einige Stellungen, die mit unachtsamen VVM-Milizionären bemannt worden waren, und töteten die Männer im Schlaf. Dann rückten sie jedoch weiter durch die dunklen Gassen vor und attackierten in einer selbstmörderischen Aktion die überraschten Soldaten der Weltregierung. Laut brüllend fielen sie über die verwirrten Feinde mit Knüppeln, Äxten und Gewehren her, mit einer solchen Kühnheit angreifend, dass sie den GCF-Soldaten ernsthafte Probleme bereiteten.

      Die Aufständischen schleuderten Handgranaten in die Gräben und Unterkünfte der oft noch schlafenden Feinde und metzelten jeden nieder, der sich nicht schnell genug verteidigen konnte. Und es wurden immer mehr. Zunächst waren es nur einige hundert Männer gewesen, doch als die Sonne aufging, waren es plötzlich Tausende.

      Den vor der Stadt liegenden Volksarmisten blieb das in den Straßen Leipzigs ausgebrochene Chaos nicht verborgen und Frank befahl einen sofortigen Großangriff mit allen verfügbaren Truppen.

      Innerhalb weniger Stunden schafften es die Volksarmisten und Waräger, bis in die Leipziger Innenstadt vorzudringen. Hier hatten die Aufständischen bereits sämtliche Feinde getötet oder in die Flucht geschlagen.

      Zugleich strömten Zehntausende von Menschen auf die Straßen und gegen Abend brach ein regelrechter Volksaufstand aus. Während die restlichen GCF-Soldaten in stundenlangen Häuserkämpfen bis in den Westen Leipzigs zurückgedrängt werden konnten, wandte sich die Wut der Leipziger nun gegen jeden Diener der Weltregierung, der noch nicht geflohen war. Der Volksaufstand und die Straßenkämpfe im Leipziger Westen tobten weitere zwei Tage, dann hatten die GCF-Soldaten und ihre Helfer von den VVM die Stadt endgültig geräumt.

      Etwa 500 Mitglieder der internationalen Logenorganisation hatten sich heute an einem geheimen Ort irgendwo im Gebiet des ehemaligen US-Bundesstaates Iowa getroffen, um wichtige Dinge zu besprechen und vor allem die Befehle des obersten Rates persönlich zu empfangen. Aus Sicherheitsgründen hatte man das Treffen, welches eigentlich in New York hatte stattfinden sollen, in diese unscheinbare, ländliche Region verlegt. Zahlreiche Logenbrüder aus England, Deutschland, Frankreich, dem Nahen Osten und vielen anderen Regionen der Welt waren nach Nordamerika gekommen, was für nicht wenige von ihnen nervenaufreibend und mühsam gewesen war.

      Mittlerweile war das Lachen, das zu Beginn dieses Krieges noch auf vielen Gesichtern zu sehen gewesen war, aus denselben verschwunden, denn langsam wurde den Logenbrüdern klar, dass auch sie nicht unverwundbar waren. Vor allem die Zerstörung Londons saß den Mitgliedern der weltweiten Bruderschaft noch immer in den Knochen. Außerdem fürchteten sie, dass Tschistokjow oder Matsumoto eines Tages auch die anderen Zentren ihrer Macht vernichten könnten.

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