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Russlands und an vielen anderen Orten der Welt tobten die Kämpfe jedoch unbeirrt weiter. Der sich aufblähende Weltkrieg verschlang mit jedem weiteren Tag mehr und mehr Menschen.

      In der Barentssee lieferten sich die Kriegsschiffe und U-Boote des Nationenbundes schwere Gefechte mit den Seestreitkräften des Weltverbundes, während die schon stark dezimierte japanische Flotte den Gegner im ostchinesischen Meer zurückzudrängen versuchte. Erbitterte Luftschlachten tobten zugleich über den russischen Weiten, denn die GCF hatte damit begonnen, immer verheerendere Bombenangriffe auf die russischen Städte zu fliegen.

      Frank und die von ihm befehligten Soldaten lagerten inzwischen nahe der sächsischen Stadt Meißen. Dort verharrten sie und verhielten sich zunächst ruhig. Einige andere Verbände der Warägergarde, die General Kohlhaas direkt unterstellt waren, hatten sich hingegen weiter nördlich eingegraben, um dort die Frontlinie der Volksarmee zu verstärken.

      Mittlerweile war es sehr heiß geworden, die Sonne brannte unbarmherzig vom Himmel herab. Frank hatte seinen Unterstand schon den ganzen Tag lang nicht verlassen. Er hockte in einer dunklen, kühlen Ecke und wartete ab, genau wie die anderen Offiziere, die mit ihm in diesem Loch hausen mussten. Soeben hatte er noch eine kurze Nachricht von Alf, dem es wieder besser ging, erhalten. Doch auch das konnte Franks Laune nicht merklich steigern.

      Um den Deutschen herum saßen oder lagen seine russischen Kameraden in dem halbdunklen, mit einem langen Schützengraben verbundenen Unterstand. Die Russen unterhielten sich leise, ihre Stimmen hörten sich für Frank nach einer Weile wie ein unterschwelliges Brummeln im Hintergrund an. Der General kauerte schweigend in einer Ecke und starrte auf den Boden. Plötzlich kam einer der Offiziere zu ihm herüber und überreichte ihm einen Datenträger mit Anweisungen des Oberkommandos.

      „Ich danke Ihnen, Major Merkin!“, sagte Kohlhaas, er versuchte zu lächeln.

      „Machen Sie doch nicht so ein trauriges Gesicht, Herr General. Die nächste Weihnachtsfeier halten wir bestimmt schon an der Atlantikküste ab“, bemerkte einer der Russen.

      „Oder wir schauen uns bald die Welt vom Himmel aus an“, meinte Frank. Ein zynisches Grinsen folgte.

      „Oder wir sitzen neben dem Teufel und trinken eine Pulle Wodka in der Hölle“, gab der Offizier zurück, während die anderen lachten.

      Daraufhin schwiegen sie alle wieder, bis einer der Soldaten auf einmal anfing zu singen. Er sang ein altes, russisches Volkslied und Frank spitzte die Ohren, um den mit rauer Stimme vorgetragenen Text zu verstehen. Das Lied handelte davon, wie schön Russlands Wälder im Frühling sind. Schließlich begann auch Frank die Melodie leise zu summen und vergaß für eine Weile, dass er sich in einem Schützengraben irgendwo an der Front befand. Draußen begann es derweil zu regnen und es wurde schlagartig kälter.

      Bis Ende Juni blieben die Soldaten beider Seiten noch in ihren Stellungen und warteten ab, während eine drückende Sommerhitze über Sachsen herfiel. Schließlich versuchte die Volksarmee der Rus über Döbeln und Grimma nach Leipzig vorzustoßen, wo sich der Gegner bereits in Position gebracht hatte. Immer mehr GCF-Soldaten trafen indes auch im Ostteil des Verwaltungssektors Europa-Mitte ein, wo sie eine breite Abwehrfront bildeten, die durch zahlreiche Panzer und Geschütze verstärkt wurde. Die Verluste der Volksarmee hatten sich mittlerweile stark erhöht, genau wie der ständig wachsende Widerstand des Gegners.

      In Ostasien waren die Japaner ihrerseits mit über 1 Million Soldaten zu einer Großoffensive in der Mandschurei übergegangen und versuchten, die sich dort formierenden GCF-Truppen so lange wie möglich aufzuhalten und auf dem Festland zu binden. Von diesem kühnen Vorstoß erhoffte sich Präsident Matsumoto, dass er ein wenig mehr Zeit gewinnen konnte, um sein Inselreich weiter zu befestigen und vor allem gegen eventuelle Atombombenangriffe zu schützen. Doch das extrem dicht besiedelte Japan war nur schwer gegen Nuklearschläge abzusichern; eine geringe Menge von Atombomben reichte bereits aus, um auf einen Streich Abermillionen Menschen zu töten. Dafür musste man nur die übervölkerten Ballungszentren im Herzen der Insel treffen.

      Längst war das japanische Volk von einer entsetzlichen Panik ergriffen worden. Seit dem Tag, als es gehört hatte, dass Artur Tschistokjow dem Weltverbund ebenfalls mit seinen Atombomben geantwortet hatte, regierte die Furcht. Ununterbrochen wurden jetzt Evakuierungs- und Umsiedlungspläne in die Tat umgesetzt, was nichts daran änderte, dass Japan einfach zu klein und zu sehr mit Menschen überlaufen war, dass sich diese im Falle eines Atomschlages allzu erfolgreich verstecken konnten.

      Währenddessen rückten auch die über den Balkan und Italien kommenden GCF-Verbände nach Norden vor, um in der Slowakei und Polen eine neue Front gegen die Volksarmee zu eröffnen. Unter den hier versammelten Soldaten der Global Control Force befanden sich Hunderttausende von Afrikanern und Arabern, die den Einberufsbefehlen der Weltregierung oft nur widerwillig gefolgt waren und keine sonderlich gute Disziplin aufwiesen. Allerdings waren sie zahlreich. Aus Sicht der Weltregierung stellten sie entbehrliches Kanonenfutter dar. Am 06. Juli bombardierte die Luftwaffe der internationalen Streitkräfte Bratislava und zerstörte die Infrastruktur der slowakischen Großstadt. Einige Divisionen der Volksarmee wurden daraufhin in den Süden der Slowakei verlegt, um dort die Stellung zu halten.

      So wuchs der Weltkrieg mit jeder fortschreitenden Woche zu einem immer größeren Moloch heran. Bisher unbeteiligte Regionen wurden samt ihren unglücklichen Bewohnern von seinen Klauen ergriffen und in riesige Schlachtfelder verwandelt.

      Frank und seine Männer lagen mittlerweile vor Eilenburg in Sachsen, das in den letzten Tagen von der GCF besetzt worden war. Am feindlichen Widerstand bissen sich die Waräger und Volksarmisten die Zähne aus, während die Stadt mit jedem weiteren Tag mehr zu einer Ruinenlandschaft wurde.

      Aber alle waren in diesen finsteren Tagen zumindest darüber froh, dass keine Atombomben vom Himmel kamen. Die nukleare Vernichtung Berlins und Londons saß den Menschen noch immer tief in den Knochen und sie rechneten jeden Tag damit, dass das gegenseitige Bombardieren mit Kernwaffen fortgesetzt wurde. Doch zunächst verzichteten sowohl die Weltregierung als auch der Nationenbund auf den Einsatz der gefürchteten Massenvernichtungswaffen, die ganze Städte mitsamt ihren Bewohnern, ihren historischen Gebäuden und allen wundervollen Kulturdenkmälern auf einen Schlag ausradieren konnten.

      Artur Tschistokjows Gesicht erfüllte den Fernsehbildschirm und der russische Präsident blickte mit ernster Miene in die Kamera. Er saß an einem schmucklosen Schreibtisch in einem hell ausgeleuchteten Raum. Hinter ihm schmückte eine Drachenkopffahne die graue Betonwand des Atombunkers. Heute sprach der Präsident erneut zum russischen Volk. Er wirkte, obwohl man ihn so gut es ging zurechtgemacht hatte, traurig und erschöpft.

      „Meine lieben Landsleute!

       Die Mächte des Hasses und der Menschheitszerstörung haben unser tapferes Volk inzwischen in einen schrecklichen Krieg gedrängt und versuchen mit allen Mitteln, den Nationenbund zu vernichten. Ihr satanischer Groll gegen alles Schöne und Gute hat sie einmal mehr dazu verleitet, auch mit den unmenschlichsten und furchtbarsten Waffen gegen die Menschen Russlands vorzugehen. Wo ihre Sklavenhorden plündernd und mordend durch die Lande ziehen, da hinterlassen sie Zerstörung, Chaos und Leid. Gehetzt von den knallenden Peitschen ihrer Herren, rennen sie gegen unsere Abwehrfronten an, um in unsere Städte, Dörfer und Landschaften einzudringen. Diese Bestien in Menschengestalt, die unsere Frauen vergewaltigen und unsere Kinder erschlagen, kennen nur ein Ziel: Die völlige Vernichtung von allem, was uns lieb und teuer ist.

      Derweil versuchen unsere tapferen Soldaten mit aller Kraft, dem Ansturm des Bösen stand zu halten. Sie setzen ihr Leben in blutigen Schlachten an unzähligen Orten ein, um unser geliebtes Volk vor dem Untergang zu bewahren. Die atomare Zerstörung Berlins durch unsere Feinde, die Kinder des Teufels, hat mir wieder einmal vor Augen geführt, dass diese geborenen Verbrecher nur mit rücksichtsloser Entschlossenheit und den gleichen brutalen Mitteln aufgehalten werden können. Ihr Hass auf jedes Volk, das lediglich seine Freiheit beansprucht, kennt keine Grenzen. Ihnen ist jede Teufelei recht, um die Menschheit für immer in eine Hölle aus Zerfall und ewiger Sklaverei zu treiben.

      Ich bin in diesen Stunden bei euch, meine russischen Brüder und Schwestern. Ich fühle mit euch und weiß, was viele von euch zu erdulden haben. Ich denke an jeden unserer tapferen Soldaten an

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