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Anwesende war aus Angst vor den ADR-Trupps bereits in den Verwaltungssektor „Amerika-Nord“ geflohen.

      Doch der Rat der Weisen rief die untergeordneten Brüder immer wieder zur Ordnung, er duldete keine Feigheit vor dem Feind. So war es in den letzten Wochen bereits dazu gekommen, dass die GSA in den eigenen Reihen einige Exempel an pflichtvergessenen oder fahnenflüchtigen Mitgliedern der Organisation statuiert hatte.

      Der Vorsitzende des obersten Rates, wie auch sein Stellvertreter, der Weltpräsident, fuhren inzwischen eine harte Linie gegen alle, die ihre Befehle missachteten. Nur so könne die Disziplin aufrecht erhalten werden, meinten sie.

      „Meine lieben Brüder!

       Als oberster Weiser und Kopf unseres Bundes werde ich euch die Entscheidungen des Rates überbringen. Zunächst einmal gilt es aber, noch einmal einige grundliegende Dinge klar zu stellen. Es hat in den letzten Wochen ein paar Vorfälle in unseren Reihen gegeben, die mich sehr verärgert und auch besorgt haben. Einige wenige Mitglieder unserer Vereinigung haben tatsächlich die Frechheit besessen, den Rat der 13 zu bitten, mit Tschistokjow und Matsumoto ernsthafte Friedensgespräche zu beginnen. Vermutlich haben sie das aus Angst, dass sie morgen von ein paar ADR-Männern aus ihren schönen Villen geschleift werden und mit einem Genickschuss im Straßengraben enden könnten, getan. Der Rat hat allerdings reagiert und diesen elenden Feiglingen die wohlverdiente Quittung für derartige Unverschämtheiten überreicht. Was die ADR kann, das kann die GSA nämlich schon lange, und so haben wir diesen Verrätern demonstriert, dass sie nicht auf die ADR zu warten brauchen, um einen Genickschuss zu bekommen!“, donnerte der Vorsitzende des Rates.

      „Dies soll allen Mitgliedern unserer Organisation eine Lehre sein. Feigheit und Verrat werden bestraft – gnadenlos! Bei zukünftigen Anfragen dieser Art wird der Rat nicht anders reagieren!“

      Ein verhaltenes Klatschen ertönte. Einige der anwesenden Brüder starrten den obersten Weisen mit angstvollen Blicken an.

      „Jetzt komme ich zu den Entscheidungen des Rates, die in ihrer Ausrichtung nach wie vor klar und unmissverständlich sind. Wir werden die Atombombenangriffe gegen den Nationenbund und Japan unbeirrt fortsetzen, denn wir haben das größere Arsenal an Kernwaffen. Unser nächstes Etappenziel ist die Zerschlagung des russisch-japanischen Bündnisses, wobei Matsumoto der Schwachpunkt dieser Allianz ist. Wenn wir sein dicht besiedeltes Land mit Nuklearwaffen angreifen, dann werden wir sehen, ob der edle Samurai noch weiter sein Schwert gegen uns schwingen wird.

      Wenn er vor zehn oder zwanzig Millionen Toten und riesigen Ruinenlandschaften steht, dann werden wir herausfinden, ob er noch die Nerven hat, weiterzukämpfen. Da er sein Volk ja so sehr liebt und immer nur das Beste für Japan will, werden wir ihm jetzt einen Vernichtungsschlag präsentieren, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.“

      Wieder ertönte Applaus, diesmal wirkte er jedoch lauter und zuversichtlicher. Die meisten der Anwesenden schienen sich sicher zu sein, dass der nächste Atombombenangriff Japan in die Knie zwingen würde.

      „Und auch wenn Tschistokjow und Matsumoto dann noch immer nicht zermürbt sein sollten, haben wir noch eine Vielzahl weiter Atombomben für sie. Notfalls lassen wir von ihren Landschaften und Städten nur noch verbrannte Erde übrig“, rief der Vorsitzende des hohen Rates mit geballter Faust.

      Die geheime Versammlung dauerte noch mehrere Stunden und am Ende war die Vorgehensweise unzweideutig festgelegt worden. Jetzt sollte es die Japaner treffen. In einer Weise, wie es sich Matsumoto in seinen kühnsten Alpträumen nicht vorstellen konnte.

      Die Befreiung Leipzigs und der dort ausgebrochene Volksaufstand wurde von Tschistokjows Propaganda bis zum Exzess ausgeschlachtet.

      „Deutschland erhebt sich gegen die Logenbrüder!“, titelten die großen Zeitungen des Nationenbundes und auch in Deutschland selbst wurde die Bevölkerung nun wesentlich kämpferischer und rebellischer.

      „Das hatte ich unseren Landsleuten gar nicht mehr zugetraut. Offenbar sind doch noch ein paar darunter, die keine Feiglinge sind“, meinte Ludwig Orthmann und lächelte Frank zu.

      „Es mangelte ihnen einfach an Selbstvertrauen. Und woher sollten sie es auch haben? Man hat ihnen immer nur eingeredet, dass sie auf Knien leben müssen und der Feind unbesiegbar ist. Das ist er aber nicht!“, antwortete Frank mit Blick auf die jubelnde Masse, welche die Straßen der Innenstadt verstopfte.

      Zehntausende von Deutschen ließen ein ohrenbetäubendes Geschrei erklingen und viele von ihnen schwangen die Fahnen des alten, deutschen Staates oder die der Freiheitsbewegung. In den letzten Tagen waren einige ADR-Trupps nach Leipzig gekommen, wo sie nun damit beschäftigt waren, die Macht der Weltregierung endgültig zu zerschlagen. Außerdem waren der Volksarmee eine Reihe von Waffendepots der GCF in die Hände gefallen, was bei der Ausrüstung weiterer Freiwilligenmilizen sehr hilfreich war. Die hier versammelten Waräger hatten derweil den Befehl bekommen, schon morgen weiter nach Westen zu marschieren, um durch die GCF-Frontlinie bei Zeitz zu stoßen. Doch heute wollten sie erst einmal ihren Sieg in den Straßen von Leipzig feiern.

      Frank und Ludwig Orthmann bahnten sich ihren Weg durch die vor Freude pulsierende Menge. Immer wieder wurde General Kohlhaas mit einem Schulterklopfen begrüßt oder man überreichte ihm Blumen. Schließlich gingen die beiden durch den Haupteingang des Rathauses, das von einem Trupp deutscher Freiwilliger besetzt worden war. Kurz darauf kamen sie in die oberste Etage, wo sich das Büro des ehemaligen Stadtverwalters befand.

      Einige grinsende Freiwillige erwarteten sie bereits. Einer von ihnen sagte zu Ludwig Orthmann: „Den Arsch hier können Sie direkt auch noch entsorgen!“

      Dann deutete er auf das Bild Dieter Bücklings an der Wand hinter sich.

      „Mit Vergnügen!“, antwortete Orthmann, das Porträt vom Haken nehmend.

      Kohlhaas stieß derweil eines der großen Fenster auf und winkte den jubelnden Leipzigern zu. Neben dem Fenster hing noch immer die Fahne der Weltregierung, die Frank nun abriss und durch die Deutschlandfahne ersetzte.

      Kaum hatte die Flagge des Weltverbundes den Boden erreicht, wurde sie von unzähligen, gierigen Händen ergriffen und unter dem lauten Geschrei der Menge verbrannt. Indes kam Orthmann von hinten heran. Er hatte Bücklings Porträt in der Hand.

      „Gestatten Sie, Herr Kohlhaas?“, sagte er lachend, schob den General ein wenig zur Seite und hielt das große Bild des Sub-Governeurs aus dem Fenster.

      Die Menschenmasse antwortete augenblicklich mit einem zornigen Raunen, während Orthmann grimmig nach unten starrte.

      „Guten Flug, Dieter!“, zischte er dann und das Porträt fiel hinab, um mit einem lauten Krachen auf dem Straßenpflaster zu zerbersten.

      Inzwischen hatten sich Hunderttausende von GCF-Soldaten durch den Norden von Kasachstan bis nach Saratov an der Wolga gekämpft, wo sie in den russischen Weiten Fuß zu fassen versuchten. Welle um Welle von Volksarmisten brandete ihnen entgegen, um sie am Vordringen über den Strom zu hindern. Unzählige Soldaten starben auf beiden Seiten in diesem mörderischen Grabenkrieg. Auch hier wurde inzwischen alles eingesetzt, was sich der menschliche Erfindergeist an Tötungsmitteln hatte ausdenken können. Flugzeuge warfen Tausende von chemischen Bomben auf die Truppen unter sich ab und ließen ganze Landstriche in tödlichen Giftgasnebeln versinken, während das gegenseitige Abschlachten auf beiden Seiten immer mehr in eine regelrechte Barbarei ausartete. Panzerverbände rannten gegen befestigte Stellungen an, walzten ihre unglücklichen Gegner nieder, während Schwärme von Skydragons die Schlachtfelder mit Raketen verwüsteten.

      Die GCF griff mit riesigen Massen von Soldaten an und es wurden täglich mehr. Trotzdem versuchten Tschistokjows Truppen die Frontlinie mit dem Mut der Verzweiflung zu halten und die Kriegspropaganda der Rus bemühte sich, aus jedem erfolgreich verteidigten Fleckchen Erde einen „gewaltigen Sieg“ zu formen.

      Umso bedrohlicher die Situation im Süden Russlands wurde, umso brutalere Mittel setzte schließlich auch die Volksarmee ein. Irgendwann ließ das Oberkommando ebenfalls Giftgas und jede andere verfügbare Waffe hervorholen, um den Feind aufzuhalten. Artur Tschistokjow dachte nun sogar daran, die vorrückenden GCF-Verbände mit taktischen Atombomben zu dezimieren, doch er fürchtete

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