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von Stephanie Glax aus dem 1906 entstandenen Mappenwerk „Abbazia“.

      Wie dem auch sei – die Liburnier unterwarfen sich schließlich im 2. Jahrhundert vor Christus den Römern und bauten nun Schiffe für ihre neuen Herren. Iulius Caesar und später die Feldherren der Kaiser fuhren auf ihnen gegen die Feinde Roms. Nach dem Untergang des Imperium Romanum, in den Stürmen der „Völkerwanderung“, verwandelte sich auch die Welt am Quarnero; der byzantinische Kaiser Heraklios erlaubte schließlich im 7. Jahrhundert die Landnahme durch das slawische Volk der Chrovati (Kroaten); das alte Liburnien fiel an das Patriarchat von Aquileja, das wiederum die Grafen von Duino als Lehensherren einsetzte. Doch 1372 kündigten die Grafen von Duino dem Patriarchen die Lehenspflicht auf und wandten sich neuen mächtigen Herren zu, die von nun an die Geschicke Istriens mitbestimmten: den Habsburgern.

      Irgendwann zwischen 1422 und 1431 kamen Benediktinermönche aus der zerstörten friulanischen Abtei St. Peter in Rosazzo an den Quarnero und gründeten hier ein kleines Kloster, das sie Abbazia S. Giacomo al palo nannten, die „Abtei St. Jakob am Stöckchen“. Eine Urkunde aus dem Jahre 1449 erwähnt ein erstes Mal diese bescheidene Niederlassung des mächtigen Benediktinerordens im istrischen Küstenland, die bald schwer unter den häufigen Einfällen der Türken und Venezianer zu leiden hatte. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts verließen die Mönche des heiligen Benedikt das Kloster, das nun von Weltpriestern geführt wurde und der kleinen Ansiedlung, die rund um die Abtei herangewachsen war, ihren Namen gab. Ferdinand I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, schenkte San Giacomo 1560 den Augustinern von Fiume für „immerwährende Zeiten“, doch auch diese sollten zu Ende gehen: 1723 erwarben die Jesuiten des Fiumaner Seminars um 2.650 Gulden die Abtei im grünen Lorbeerwald; mit der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 und der Einziehung seiner Besitzungen wurde der größte Teil der Klostergründe an Private verkauft; den kleinen Rest verlieh man an den Archidiakon von Fiume, der sich nun auch „Abt von St. Jakob“ nennen durfte. Verbunden war diese Verleihung einzig mit der Auflage, dass der Archidiakon einen Priester zum Kirchendienst in Abbazia unterhalten müsse – es wurde still um das „ärmliche Kirchlein“ am Gestade der Adria.

      Am Gang der Dinge auf diesem verträumten Flecken Erde ändert sich wenig – bis eines Tages der Holz- und Weizenhändler Higinio Scarpa (1794 – 1866) aus Fiume sich für das Terrain rund um die Abtei zu interessieren beginnt. Scarpa, Freimaurer und tüchtiger Geschäftsmann, zählt zu den Patriziern Fiumes und hat sich einen beachtlichen Wohlstand erarbeitet. Er will sein Geld sinnvoll investieren und kauft so zu Beginn der 1840er-Jahre einem gewissen Baron Haller von Hallerstein aus Triest in Abbazia ein Grundstück mit Gebäude ab, der Kaufpreis ist ein wahres Schnäppchen: Scarpa zahlt 700 Gulden für das gesamte riesige Areal – allein der heutige Park umfasst 3,64 Hektar. Er lässt das vorhandene kleine Gebäude, das Wohnsitz eines Abbazianer Seemanns namens Matija Justi ist, im Stil des späten Biedermeiers zur eleganten Sommerresidenz umbauen und nennt es nach seiner bereits 1832 verstorbenen Frau, einer geborenen Sartori, „Villa Angiolina“. Das Gebäude weist im oberen Stockwerk – im Unterschied zu heute – noch zwei offene Terrassen auf, von denen sich ein herrlicher Blick auf den Quarnero bietet.

      Das Herrenhaus der Familie Scarpa: die Villa Angiolina.

      Die besondere Aufmerksamkeit Scarpas gilt der Gestaltung des Parks, für den er zahlreiche exotische Pflanzen nach Istrien bringen lässt, darunter Magnolien, Libanonzedern, Himalayazypressen und die japanische Kamelie (Camelia japonica). Um mit seiner Jacht bequem unmittelbar vor dem Ort vor Anker gehen zu können, investiert Higinio Scarpa auch noch in den Ausbau des Hafens, genannt „Porto Herdt“ – eine Verballhornung des Wortes rt (= „Landzunge“). Der leutselige Unternehmer führt ein offenes Haus und lädt immer wieder Gäste ein, für die er sogar einen eigenen Pendelverkehr mit Zweispännern zwischen Abbazia und Fiume einrichtet. Seine glanzvollen Feste erfreuen sich in der Fiumaner Gesellschaft großer Beliebtheit und bald kann er sich spektakulärer Besuche rühmen: 1854 kommen der Banus von Kroatien, Josef Freiherr von Jellačić, und seine Frau; 1860 hält sich Kaiserin Maria Anna zur Kur in Abbazia auf – die Villa Angiolina wird zum beliebten Anlaufpunkt der Ersten Gesellschaft des Reichs und mit ihr rückt auch die Region am Quarnero allmählich immer deutlicher ins Blickfeld des österreichischen und ungarischen Adels. Noch ist Abbazia ein Geheimtipp, doch langsam beginnt das einst so verschlafene Fischerdorf sein Gesicht zu verändern: Gegen Ende der 1860er-Jahre werden erste private Hotels und Gästehäuser errichtet und die Zahl der Besucher steigt. Unter jenen nicht allzu vielen „Touristen“, die in dieser Zeit bereits den Weg in den österreichischen Süden finden, ist auch der bayrische Reiseschriftsteller Heinrich Noe (1835 – 1896). Auf seinen Wanderungen durch die Karstlandschaften Istriens und Dalmatiens kommt der polyglotte Münchner – angeblich kann er sich in 18 Sprachen verständigen – auch in das kleine Fischerdorf Abbazia und genießt hier die Gastfreundschaft der Familie Scarpa.

      Im alten Hafen: Ein „Barcarole“ wartet auf Ausflügler. Foto, um 1885.

      Scheitert an der Wiener Bürokratie: Georg Mathias Šporers visionäres „Programm“ aus dem Jahre 1872 zur Errichtung einer „Balnear und Inhalations Heilanstalt“ in Abbazia.

      Paolo Ritter von Scarpa, „Gutsbesitzer, Besitzer mehrerer hoher Amten, Consul mehrerer Mächte, Patrizier und Gemeinderath von Fiume“, pflegt wie sein Vater sorgfältig die gesellschaftlichen Verbindungen der Familie; 1855 heiratet er Maria von Bruck, die Tochter des angesehenen Wirtschaftsfachmanns Karl Ludwig von Bruck, der eben in diesem Jahr von Franz Joseph auf den Posten des Finanzministers berufen wird. Bruck, ein glühender Patriot, tatkräftiger Reformer und eifriger Verfechter des Culturfortschritts in allen Bereichen, wird 1860 durch ungerechtfertigte Anschuldigungen in den Selbstmord getrieben; sein Schwiegersohn trägt diesen unruhigen Geist jedoch weiter, seine große Vision: der Ausbau Abbazias zu einem Bade- und Kurort.1869 gründet Paolo von Scarpa eine Aktiengesellschaft, die „Elisabeth Bad Aktiengesellschaft“. Ihr Ziel es ist, in Abbazia ein maritimes „Badeinstitut“, das „Elisabeth Bad“, zu errichten. Dafür sollen weitere, an seinen Besitz angrenzende Grundstücke erworben werden, die allesamt der Kirche gehören. Es gelingt ihm sogar, die Zustimmung der kirchlichen Autoritäten zum Kauf dieser Grundstücke zu erlangen, allerdings scheitert die Aktiengesellschaft, die mit Entscheidung vom 12. August 1870 ihre Konzession erhält, am Auftreiben der entsprechenden Geldmittel. Auch in Wien, wo er seinen Plan möglichen Geldgebern vorlegt, findet dieser wenig Anklang – noch scheint die Zeit nicht reif dafür. Nach 1874 gerät das visionäre Projekt Scarpas in Vergessenheit.

      Heinrich Noe

      Unabhängig von Paolo von Scarpa verfolgt auch der aus Karlovac stammende Schriftsteller und Arzt Dr. Georg Mathias Šporer (1795 – 1884) den Plan, in Abbazia ein Sanatorium zu errichten. Protomedicus und k. k. Gubernial Rath Šporer hat als Arzt in Laibach gearbeitet und ist nach seiner Pensionierung an die Adriaküste übersiedelt; er empfiehlt vor allem für „anämische und schwächliche Individuen, namentlich für blutarme Kinder“ einen Aufenthalt in Abbazia, positive Effekte möchte er aber auch bei lungen-, magen- und herzkranken Menschen sowie bei Patienten mit einem Nervenleiden erkennen. Hartnäckig unternimmt er einige Anläufe zur Verwirklichung seiner Idee; 1872 schafft es Šporer immerhin, ein Consortium zur Gründung der Balnear und Inhalations Heilanstalt in Abbazia zu bilden, bestehend aus wohlhabenden und einflussreichen Bürgern aus Fiume, Abbazia und Volosca. Statuten werden ausgearbeitet und ein ambitioniertes „Programm“ zur Finanzierung des Instituts, das beim Innenministerium in Wien eingereicht wird. Šporers Idee dabei ist es, eine Aktiengesellschaft mit einer humanitären Non-profit-Organisation zu verbinden – die Mühlen der Wiener Bürokratie mahlen jedoch derart langsam, dass auch Šporer sein Projekt

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