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Zeit entwickelten sich die unterschiedlichsten Zählweisen (eine Auswahl zeigt die Tabelle)1. Dass nicht nur nach dem Jahreslauf der Sonne, sondern auch nach je 12 Mondumläufen oder einer festen Anzahl von Tagen gezählt wurde, erschwert dabei den Vergleich.

      Als Erstes müssen wir also herausfinden, wie die früher gebräuchlichen Jahreszählungen mit der unseren zusammenhängen. Das erscheint zunächst nicht weiter schwierig. So berichtet beispielsweise der arabische Astronom Ibn Yunus über die Sonnenfinsternis vom 24. Januar 1004, deren Datum durch Rückrechnung sicher bestätigt werden kann:

       »Diese Finsternis fand statt in der Zeit vor Sonnenuntergang am zweiten Tag (der Woche) am 29. des Monats Rabi al-auwal des Jahres 394 nach der Higra, wobei dies der Tag 24 vom zweiten Kanun des Jahres 1315 nach Alexander dem Sohn des Philippos, des Griechen, war, der dem 28. des Tubah des Jahres 720 nach Diokletian entspricht, das heißt dem 10. des Bahman-mah des Jahres 372 nach Yazdagerd.«2

      Dieser Aufzählung zufolge, entspricht hier die Jahreszählung nach Alexander derjenigen, die heute Seleukidenära3 genannt wird und deren Jahr 1 SE das Jahr -311 u.Z. bezeichnet.4

      Auf Kaiser Augustus verweist auch die Spanische Era. Sie geht, so wurde vermutet, auf die Anordnung von Tributzahlungen und Erzlieferungen der Provinz Hispanien durch Augustus im Jahre -37 AD. zurück. Die Bezeichnung Era (oder Ära), die allgemein zur Bezeichnung einer Zeitrechnung verwendet wird, soll sich demnach vom lateinischen Wort aes ableiten, das für Erz, im übertragenen Sinne auch für eherne Zeiträume steht. Auf Era bezogene Datierungen wurden in großer Zahl in Spanien und Portugal gefunden. Die spanische Era wird bei Isidor von Sevilla1 erwähnt, der allerdings auch keinen schlüssigen Grund für ihre Einführung nennen kann. Allerdings wurden dem Isidor seit dem frühen Mittelalter viele Schriften fälschlich zugeschrieben, darunter die berüchtigten pseudoisidorischen Dekretalen. Aber selbst wenn die Erwähnung der Era durch Isidor korrekt wäre, könnte sie nur wenig zur Aufklärung beitragen, da die erhaltenen Era-Datierungen erst nach 500 Era einsetzen. Von diesen wurden allerdings die Meisten aufgrund ihrer Anachronismen schon längst als Fälschungen aus der Zeit nach der Rückeroberung Spaniens erkannt.

      Die Kalenderreform des Gaius Julius Cäsar

      Die Biografie des Gaius Julius Cäsar ist durch ihn selbst und durch andere Berichterstatter in so vielen Einzelheiten überliefert, dass an seiner Existenz nicht ernsthaft gezweifelt werden kann. Auch seine genaue Lebenszeit erscheint gesichert: Wie schon dem Astronomen Edmond Halley (1656-1752) auffiel, lässt sich sogar der genaue Zeitpunkt von Cäsars Landung in Britannien aus dem Bericht fast auf die Stunde genau bestimmen!

      Drei Tage vor dem letzten Vollmond im Sommer des Jahres -54 AD, das wäre der 27. August, erreichte Cäsars Flotille am Nachmittag die Küste vor Dover.1 Der einsetzende Tidenstrom machte jedoch die Landung zunächst unmöglich und trieb die Schiffe einige Meilen nach Nordosten.

      Nach Rechnung der Hydrologen ging der Strom jedoch an diesem Tag bis zum Abend in Richtung Südwest.

      Nur durch Annahme eines Schreibfehlers und damit eines um drei Tage früheren Termins konnte D. Olson2 Bericht und Gezeiten in Einklang bringen. 297 Jahre später gibt es dagegen keinerlei Problem: Der letzte Sommervollmond des Jahres 243 u.Z. fiel auf den 16.9. und fand rund drei Stunden früher statt als jener -54 u.Z. Am Tage des Berichts setzte der Tidenstrom demnach gegen 15 Uhr ein und trieb die Schiffe wie berichtet nach Nordosten...

      Der Julianische Kalender, so wird überliefert, geht auf den römischen Herrscher Gaius, aus dem Geschlecht der Julier zurück, der den Beinamen Cäsar erhielt. Dieser ersetzte den bis dahin in Rom geltenden Kalender, der bis dahin mit Hilfe von bei Bedarf eingefügten Schaltmonaten mit dem Jahreslauf abgeglichen worden war, durch einen Vierjahreszyklus. Nur zu oft waren bis dahin die Schaltungen aus wirtschaftlichen oder politischen Interessen manipuliert worden und so schließlich 'gänzlich ins Wilde' gelaufen.1

      Cäsars Reform unter Anleitung des Astronomen Sosigines aus Alexandria sah vor, dass von nun an alle vier Jahre ein Schalttag das Auseinanderdriften von Kalender und Sonnenjahr verhindern sollte. Jahresbeginn sollte in Zukunft der 1. Januar sein. Um diesen Ausgangszustand herzustellen, seien im Umstellungsjahr 45 v. Chr., dem 'Jahr der Verwirrung' drei zusätzliche Monate mit insgesamt 80 Tagen eingefügt worden. Auf den 23. Februar folgten 23 Schalttage und zwischen dem 29. November und 1. Dezember wären die Schaltmonate Undecembris mit 33 Tagen und Duodecembris mit 34 Tagen eingefügt worden. Infolgedessen verschob sich der 21. März, der zuvor am Platz des heutigen 1. Januar im Jahreslauf2 lag, nun auf den traditionellen Jahresbeginn der Römer am Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche, wo er sich auch heute befindet.

      Irgendwas stimmt auch hier nicht! Wenn der 21. März erst seit Cäsars Zeiten den Frühlingsanfang bestimmt, dann fand auch der 1. Januar seinen Platz erst nach der Umstellung. Davor wäre er, auf das Sonnenjahr bezogen, im Oktober gelegen. Cäsar hätte demzufolge zwar die Kalenderabweichung korrigiert, den Beginn des römischen Amtsjahres aber beibehalten? Wozu hätte das gut sein sollen?

      Die Sonnenuhr des Augustus hätte, wie wir sahen, nur deshalb die Tagundnachtgleiche am 23. September angezeigt, weil zuvor irrtümlich geschaltet wurde? Und Augustus selbst hätte diese Abweichung vom julianischen Kalender später berichtigt, obwohl die Anzeige seiner monumentalen Sonnenuhr sich damit gegen den römischen Kalender verschob, sodass sein Geburtstag zur Tagundnachtgleiche nun auf den 26. 9. fiel? Wie man es auch dreht und wendet: Die Überlieferungen bleiben unvereinbar.

      Könnte, möglicherweise, der 'julianische' Kalender auch auf einen anderen römischen Kaiser zurückgehen?1 Man mag's kaum glauben, aber fast drei Jahrhunderte nach dem Cäsar unserer Schulbücher lebte der Kaiser Gaius Julius Verus Maximinus Thrax. Nehmen wir einmal an, jener Kaiser hätte die Kalenderreform durchgeführt, sodass der Jahresbeginn auf die Tagundnachtgleiche fiel. Viel später erst wären dann Reformer samt Reform um dreihundert Jahre vorgezogen worden.2 Damit sich die überlieferten Datumsangaben nicht gegen den Jahreslauf verschoben, musste natürlich nach dem Sonnenkalender zurückgerechnet werden. Da jedoch vor der Reform keine regelmäßigen Schaltjahre begangen wurden, fehlten in 300 Jahren 75 Schalttage und der so errechnete 1. Januar -44 u. Z. lag entsprechend weit vor dem Frühlingsbeginn.

      Durch die Restabweichung gegenüber dem Sonnenjahr von einem Tag alle 128 Jahre wäre dann aber die Sonnenuhr des Augustus ursprünglich um drei Tage vorgegangen. Damit dessen Geburtstag auf die Tagundnachtgleiche fiel, mussten zuvor eben drei Schalttage ausgefallen sein. Diese waren Cäsars Reform zuzuschlagen, sodass jene nun 78 Schalttage umfasste. So fehlen gerade noch 2 von den 80 Schalttagen der julianischen Kalenderreform. Mit denen wäre auch der in dreihundert Jahren aufgelaufene Fehler des julianischen Kalenders berücksichtigt und so die Selbsttäuschung perfekt. Cäsars Kalenderreform könnte also durchaus das Produkt einer Rückrechnung sein!1

       Widersprüchliche Überlieferungen zum Julianischen Kalender

      In diesem Falle hätte die spätere Korrektur Papst Gregors tatsächlich die Verhältnisse nach der Julianischen Reform wieder hergestellt – wenn auch mit einer falschen Begründung.

      Damit wäre auch gleich das bei Titus Livius zu findende Datum des 11. Juli für die Sonnenfinsternis des Jahres 190 v. Chr. erklärt.1 Wie die astronomische Rückrechnung zeigt, fand diese jedoch am 14. März jenes Jahres statt. 'Der Kalender lief der astronomischen Zeit also um rund vier Monate voraus.' 2 Dies wäre umso erstaunlicher, als die Überlieferungen des folgenden Jahrhunderts auf weitgehende Übereinstimmung hin deuten.

      Wurde jedoch über den angenommenen Beginn des Julianischen Kalenders hinaus ohne Schaltjahre rückgerechnet, so ergibt sich

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