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man es nimmt«, antwortete Herbert und umkreiste Genosse Franks Motorrad. »Heißer Ofen!«, sagte er dann. »Hat denn die Revolution schon stattgefunden?«

      »Zuerst müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Die Motorisierung der KP gehört dazu.« Genosse Frank löste die Schnalle des Gurtes unter seinem Kinn und nahm die Lederkappe vom Kopf. »Und? Wie ist die Lage vor Ort?«

      »Ich halte die Stellung und schlachte Hühner«, sagte Herbert.

      »Na ja«, sagte Genosse Frank und bockte sein Motorrad auf, »nicht die schlechteste Art der Vorbereitung. Ohne Blutvergießen wird sich der gesellschaftliche Wandel nicht vollziehen lassen.«

      »Aber ein Fahrrad habe ich immer noch nicht!«, beschwerte sich Herbert.

      »Fahrräder gibt es erst nach der Revolution!«, entgegnete Genosse Frank. Es klang ein wenig mürrisch.

      »Das hat sich aber vor einem Jahr noch ganz anders angehört!«, protestierte Herbert.

      »Vor einem Jahr!« Genosse Frank schraubte den Tankverschluss seines Motorrades auf, um nachzusehen, ob das Benzin noch reichte. »Da hast du bestimmt etwas falsch verstanden. Kein Wunder, du warst schließlich neu in der Partei. Aber inzwischen solltest du dir schon im Klaren darüber sein, dass es in der KP nicht in erster Linie um Fahrräder geht!«

      »Ja, aber …«, versuchte es Herbert noch einmal, wurde aber sofort von Genosse Frank unterbrochen.

      »Jetzt ist es aber genug! Denkst du wirklich, du hättest Anspruch auf irgendetwas? Wie kommst du denn darauf? Du hast für die Partei da zu sein und nicht die Partei für dich! Besitz ist nun wirklich das Letzte, worum es geht. Lies dir mal mein Traktat durch. Was darin über Idealismus steht und über persönlichen Verzicht und über die große Sache im Allgemeinen!«

      Genosse Frank hatte sich in Rage geredet. Seine Stimme war immer lauter geworden, am Ende so laut, dass Anita es vor Neugier nicht mehr ausgehalten und mit weit nach oben geschürztem Rock über die Wiese zu ihnen hingelaufen war.

      »Also hast du mich belogen!«, brüllte Herbert.

      »Überlege dir, was du sagst!«, brüllte Genosse Frank zurück. »Leg es nicht auf ein Disziplinarverfahren an, hörst du? Du bist Parteimitglied, vergiss das nicht!«

      »Was?«, rief Herbert.

      »Ja, was!«, rief Genosse Frank.

      »Hört auf!«, kreischte Anita und drängte sich, indem sie einmal die linke und dann wieder die rechte Schulter nach vorn schob, zwischen die beiden. Dabei geriet ihre Oberweite derartig in Bewegung, dass Herbert und Genosse Frank kurzzeitig die Fassung verloren.

      Genosse Frank kriegte sich als erster wieder ein. »Wer ist denn das?«, fragte er.

      »Anita«, sagte Herbert.

      »Ach so«, sagte Genosse Frank.

      »Ja, aber trotzdem!«, fing Herbert wieder an.

      »Schluss jetzt!«, bestimmte Anita. »Jetzt beruhigt ihr euch mal wieder!«

      Genosse Frank sah Anita an und wischte ein wenig verunsichert mit der gesamten Fläche seiner rechten Hand über den verchromten Lenker seines Motorrades. »Wie auch immer«, sagte er dann, »was macht denn eigentlich der andere von euch beiden?«

      »Welcher andere?«, fragte Herbert.

      »Der andere Genosse. Genosse …?«

      »Bruno«, sagte Anita.

      »Ach, Bruno«, sagte Herbert.

      »Ja, Bruno«, blaffte Genosse Frank.

      »Bruno zündet Bomben in den Machtzentralen der herrschenden Klasse«, sagte Herbert.

      »Ach nee!«, sagte Genosse Frank.

      »Aber wenn ich es doch sage!«, bekräftigte Herbert. »Hör dich bei deinen Leuten mal ein bisschen um. Der Knall hat sich bestimmt schon herumgesprochen!«

      »Na, so was!«, freute sich Genosse Frank. »Der Bruno legt Bomben! So ein verrückter Hund!« Seine Laune verbesserte sich zusehends. »Der wird es den Bonzen schon zeigen, was?«

      Herbert nickte. »Aber hallo!« Und dann trat er einen Schritt hin zu Genosse Frank und sagte: »Nur, damit das klar ist: Die Bombe haben wir zusammen gebaut!«

      »Soso«, sagte Genosse Frank.

      »Doch, das mit der Bombe ist wirklich wahr«, mischte sich Anita ein. »Im Januar ist ihnen dabei der Schuppen abgebrannt!«

      »Sagen Sie bloß!«, sagte Genosse Frank.

      »Den Rums hat hier jeder gehört!«, begeisterte sich Anita. Obwohl ihr Kleid längst wieder richtig saß, zog sie es immer wieder nach unten.

      »Können Sie mal damit aufhören?«, fragte Genosse Frank.

      »Womit soll ich aufhören?«, fragte Anita.

      »Na, hier, Sie wissen schon!«, sagte Genosse Frank.

      »Ach so«, sagte Anita und zog ihr Kleid noch ein Stück weiter nach unten.

      »An dem Tag habe ich die Weltrevolution gesehen!«, schwärmte Herbert.

      »So, wie ich sie in meinem Traktat beschrieben habe?«, fragte Genosse Frank.

      »Eins zu eins. Wie denn sonst?«, fragte Herbert zurück.

      »Tatsächlich? Ich habe das vorhin übrigens nicht so gemeint«, lenkte Genosse Frank ein. »Du kriegst dein Fahrrad, verlass dich drauf!«

      »Ich verlasse mich auf gar nichts mehr!«, maulte Herbert.

      »Na, dann eben nicht«, sagte Genosse Frank. »Ist ja auch egal, ich muss jetzt erst einmal in die KP-Zentrale, Meldung machen!«

      Er setzte die Lederkappe wieder auf und schwang sich auf sein Motorrad. Es war eine wirklich schwere Maschine, aber Genosse Frank hatte sie im Griff. Auf dem Motorrad sah er fantastisch aus, und seine Augen glänzten wie die eines Filmstars, wie die Augen von Hans Albers oder Fritz Kortner.

      »Kann ich ein Stück mitfahren?«, fragte Anita.

      »Sind Sie in der Partei?«, fragte Genosse Frank.

      »Nein«, antwortete Anita.

      »Dann nicht«, sagte Genosse Frank, startete den Motor und bretterte los. Das Motorrad röhrte und dröhnte und die Staubwolke hinter ihm verhüllte das Sägewerk und den Wald dahinter gleich mit.

      »Sie müssen doch nicht Sie zu mir sagen!«, rief ihm Anita hinterher.

      Aber das hörte Genosse Frank schon nicht mehr, denn in seinen Gedanken war er schon ganz woanders, in seinen Gedanken chauffierte er bereits ein Automobil.

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