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zehn Stunden, weil die Pausen heraus gerechnet werden. Gern kann man auch danach noch länger arbeiten. Die Wochenenden werden durchgearbeitet, damit man in der zweiten Woche am Donnerstag nach der Arbeit die Heimreise antreten kann. Die Rückfahrt war ohnehin nicht möglich, er war auf die Fahrgemeinschaft angewiesen und so sagte Frank-Peter zu, wohl wissend, dass alle anderen vor ihm einen höheren Stundenlohn bekommen hatten. Zwei Tage später kreuzte auch der Bauleiter Werner Adler auf. Die Elektriker hatten eine Sonderstellung, sie unterstanden nicht dem Bauleiter, sondern wurden vom Elektriker Gerhard Lochmann in die Arbeiten eingeteilt, einem ortsansässigen „Wessi“. Nach kurzer Zeit bemerkte er wohl, dass Frank-Peter gewissenhaft und schnell arbeitet und zog sich selbst mehr und mehr aus der aktiven Arbeit zurück. Er verbrachte immer mehr Zeit im Hausmeisterbüro bei Kaffee und Kuchen, den er durch seine guten Kontakte mit der Küche immer in ausreichender Menge bekam. Zudem glich dieses Hausmeisterbüro eher einer Kneipe, denn zusammen mit Rudolf Hausmann, dem damaligen Lebensgefährten der Chefin qualmten beide um die Wette. War Friedrich Rübner im Haus, schloss er sich auch schon mal im Hausmeisterbüro ein, damit er beim Nichtstun nicht auch noch erwischt werden würde. Als Gerhard Lochmann wegen einer Gallenoperation und einigen Komplikationen danach für längere Zeit ausfiel, übernahm Frank-Peter den Elektropart der Baustelle. Weil Friedrich Rübner die Elektrofirma, die das ursprüngliche Objekt gewartet hatte zu teuer war und er mit eigenen billigen Fachkräften vor allem aus dem Osten weit günstiger arbeitete, hatte er die Zusammenarbeit aufgekündigt. Daraufhin beseitigte die alte Elektrofirma alle Unterlagen der vielen im Haus verteilten Schaltschränke. So war es vor allem in einem der beiden zusammenhängenden Häuser oft ein Glückspiel, Fehler zu suchen und neue Komponenten, etwa die elektrischen Türöffner einzubauen und in Betrieb zu nehmen. Werner Adler, der Bauleiter, zwei Jahre älter als Frank-Peter, machte mit goldenem Kettchen und zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren auf sich aufmerksam. Der frühere Jugendbrigadier des Baukombinates Karl-Marx-Stadt4 machte rein äußerlich nicht den Eindruck, dass er auf einer Baustelle seinen Lebensunterhalt verdient. Den Zuhälter würde man ihm indes bedenkenlos abnehmen. Aber das sind nur Äußerlichkeiten, nach denen man sich nicht richten soll, obgleich die Verhaltensweise von Werner Adler eine objektive Beurteilung schwer machte. Nach und nach sickerten erst Gerüchte, später sichere Informationen zu dessen Beziehungen mit Krankenschwestern durch, denn das Bauobjekt war bereits zum Teil mit dem Haus eins fertig und in Betrieb. Immer wenn eine Etage in diesem Haus zwei fertig wurde, bekam es kurz danach bereits Bewohner. In einem anderen Objekt von Friedrich Rübner, in Bad Kaiser, welches Frank-Peter später auch noch kennen lernte und die gesamte Elektrik einer in der Nähe befindlichen Baustelle plante und selbst installierte, hatte Werner Adler auch noch eine feste Beziehung. Immer, wenn diese Beziehungen offenkundig wurden, verloren die jeweiligen Krankenschwestern ihren Job. Als Bauleiter nahm er sich allerhand Freiheiten heraus. Während für alle anderen 18 : 00 Uhr Feierabend war, kam Werner Adler dann schon frisch geduscht aus seinem Quartier, dass er mit niemanden teilen musste. Da Werner auch ein Zimmer in Bad Kaiser hatte, kam er an den Montagen der Anreise auch nicht immer pünktlich, seine wöchentliche Abreise war in der Regel Donnerstag. Sehr viel später konnte Frank-Peter auch selbst sehen, dass Werners Stundeabrechnung all diese Fehlzeiten ausließen und selbst Wochenenden mit Stunden abgerechnet wurden, an denen Werner weit von den Baustellen entfernt war.

      Das Objekt in Bad Elbis-Solbach hatte schon beachtliche Dimensionen. Eines Tages sollten an den Enden der Korridore die Heizungen neben den schmalen Türen an die Seite versetzt werden, damit ausreichend breite Fluchttüren eingebaut werden konnten. Zuerst wurden die Heizungen an die Seite verlegt, aber aus einem unerklärlichen Grund blieben jedoch die schmalen Türen. Werner erzählte unter dem Mantel der Verschwiegenheit, dass der Gutachter auf Friedrich Rübners Kosten drei Wochen Urlaub auf Mallorca verleben durfte, wo ihm alle Unkosten beglichen wurden. Im Gegenzug hat er alle Gutachten blanko unterschrieben. Das Gleiche traf auch für das gesamte Haus zu. Werner erzählte, dass am Anfang der Baumaßnahmen des als Kurhotel geplanten, aber nie in Betrieb gegangenen Hauses eine Entkernung erfolgte, wo auch jede Menge tragende Wände entfernt wurden. Bei eine kräftigen Sturm hätte alles wie ein Kartenhaus zusammenfallen können. Nun sind aber wieder ausreichend Wände eingebaut, die das Haus stabilisieren. Als Friedrich Rübners Tochter Katrin eine 14-tägige Urlaubsreise in die USA antreten wollte, holten sie Gerhard Lochmann und Frank-Peter, um die Elektroarbeiten in ihrem Wohnbereich abzusprechen. Katja hatte eine etwa 300 m2 Wohnung auf den Dach des Hauses, die weder über einen eigenen Stromzähler noch über eine Wasseruhr verfügte. Katrin äußerte ihre Wünsche – und – dass nach dem Urlaub alles fertig sein sollte. Aus diesem Wunsch nach vierzehn Tagen Arbeit wurden Monate, die gesamte Wohnung wurde total umgebaut. Es war Frank-Peters erste Bewährungsprobe, denn alle elektrischen Arbeiten hatte er allein zu machen. In notwendigen Arbeitspausen im elektrischen Bereich half er bei der Parkettverlegung oder auch beim Trockenbau. Am Ende waren es mehr als 120 Lichtschalter und Steckdosen und mehrere tausend Meter Elektrokabel, die die edel sanierte Wohnung verschlang. Hinzu kam noch, dass die Brandmeldeanlage auch diesen Bereich des Hauses sichern musste. Die Brandmeldeanlage hatte Frank-Peter von Anbeginn als Einziger verlegt und installiert. Nur für die Inbetriebnahme und Programmierung erschien eine Spezialfirma. Selbst die Berechnung der erforderlichen Menge an Brandmeldern im großen Speiseraum überließ man Frank-Peter, der zu Hause mithilfe eines Computerprogramms ein Maßbild für die Standorte der Brandmelder erstellte. An manchen Tagen arbeitet Frank-Peter die vollen zehn Stunden auf der Leiter stehend in den Korridoren, um Komponenten der Brandmeldeanlage zu installieren oder auch den Schwesternruf zu installieren. Heftige Krämpfe in den Beinen und den Armen meldeten sich hier in den Nächten zum ersten Mal und brachten endlose schlaflose Stunden. Außerdem war er einer der wenigen, die zum Feierabend am Abend nicht sagen konnten, ob es draußen geregnet oder bereits geschneit hat. Ein anderer Elektriker, auch aus der Nähe von Leipzig, hatte Friedrich Rübner vorgerechnet, dass sich für ihn Überstunden nicht rechnen. Mit den Überstunden komme er in eine neue Steuerklasse und hat von 100 Euro Bruttolohnerhöhung aufgrund der Überstunden weniger als 20 Euro Netto für sich. Nach vierzehn Tagen war dieser Elektriker entlassen worden. Peter, der einzige „Wessi“, der eigenartigerweise mit der Ex vom Elektriker Gerhard Lochmann liiert war, rief eines Tages Friedrich Rübner an und erklärte ihm, dass er einige der geplanten Arbeiten nicht machen kann, ihm fehle das Fachwissen dafür. Peter war kein gelernter Elektriker, hatte sich aber gut eingearbeitet. Solange ihm jemand sagte, was zu machen sei, ging auch alles gut. Als Gerhard Lochmann dann krankheitsbedingt ausfiel, gab es niemand mehr, der ihm die Aufgaben zuwies. Auch Peter hatte noch vierzehn Tage, die er wegen anteiligen Urlaubs aber komplett der Firma fern blieb. Immer wenn Arbeiten abgeschlossen waren, wurden die jeweiligen Fachleute entlassen. Damit keine Ansprüche auf Abfindung entstehen können, wurden die Leute von Friedrich Rübner alle drei Jahre in eine andere seiner vielen Firmen umgesetzt. Einmal kam sogar das Gerücht auf, dass die „neue“ Firma dem Vernehmen nach eine Baufirma sei und damit die Anstellung nicht mehr im Baunebengewerke, sondern im Bauhauptgewerke mit den dort verbindlichen Tarifstrukturen erfolge. Ein Irrtum, denn die neue Firma war ebenso wieder eine Immobilien- und Gartenfirma, am Verdienst änderte sich nichts. Zu Gute halten muss man aber, dass es den Lohn immer pünktlich gab. Auch das soll heute in Deutschland nicht mehr durchweg passieren.

      Überhaupt mutete am Anfang die Baustelle in Bad Elbis-Solbach wie aus dem vorigen Jahrhundert an. Es schien nicht nur so, als wären die Quartiere mitten auf der Baustelle, sie waren es! Nur in manchen amerikanischen Filmen hatte Frank-Peter ähnliche Kulissen gesehen.

       Ein Leben auf der Baustelle, provisorische Türen zu den Schlafgelegenheiten

      Erstaunlicherweise hatte Friedrich Rübner immer rechtzeitig Hinweise erhalten, wenn ihm vermutlich von gekündigten Mitarbeitern der Zoll auf die Baustelle geschickt wurde. Er ließ dann die Polen, die seit Jahren als Schwarzarbeiter bei ihm malochten, „verschwinden“. Die Vorwarnzeiten wurden immer kürzer und Friedrich Rübner drohte dem Rest der Mannschaft, die Baustelle zu schließen. Wenn abends noch Einkäufe getätigt werden mussten, gab es immer welche, die für die Polen, die die Spitznahmen Lolek und Bolek erhielten, vor allem Bier mitbrachten. Diese wollten die preiswerteste Sorte, der Kasten solcherart Bier kostete 5,95 Euro. Frank-Peter hat es auch probiert. Ab dem zehnten Bier war es halbwegs genießbar.

      Der

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