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angeliefert wurde, denn Bob Borland bekam nur noch Rechnungen aus Vancouver, wo seine hübsche Frau reichlich und ungehemmt einkaufte. Als der Staat neues Land für Williams Lake benötigte, verkaufte Borland 1912 Haus und Ranch, überließ seine verschwenderische Frau in dieser Stadt ihrem eigenen Leben und zog sich auf seinen Besitz zu Keithly Creek zurück, wo er 1923 verstarb und auch seine letzte Ruhe fand. Seine Frau heiratete wieder und verzog nach Ashcroft.

      Das 150 Mile House, mit mehr als dreißig Zimmern ausgestattet, war wegen seiner Farbe auch als „das Weiße Haus“ bekannt und bei Reisenden vor allem wegen seiner Bar und Tanzabende beliebt. „Gesetz des Hauses“ soll gewesen sein, dass der erste Frühaufsteher das Recht hatte, sich das beste Paar Überschuhe nehmen zu dürfen, die am Barofen abgestellt waren. Äußerst populär war das Road House auch wegen seiner gemischten Gesellschaft, die Reisende, Farmer, Minenarbeiter, Cowboys, Fuhrleute und zukünftige Siedler vereinte. Wie gut man schlief, war abhängig vom Raum. Über der geheizten Bar war es warm aber laut, bis der letzte Gast entschied, es sei genug. Ruhiger war es in den Räumen über der Küche, doch dort ließ man den Ofen ausgehen, sodass das Thermometer an winterlichen Tagen im Schlafgemach spätestens am Morgen bei weniger als „Null“ angekommen war. Dem „Weißen“ erging es aber letztlich auch nicht anders, als den meisten dieser Straßenhäuser, es wurde eine Beute der Flammen und durch das Feuer zerstört. Die Zeit blieb aber deswegen nicht stehen. Ringsum gab es Neuansiedlungen, Häuser, Verwaltungsgebäude, Bank, Laden, Schmiede, Tanzhalle, Gefängnis, Telegrafenstation, Schuppen, Scheunen und Ställe. Etwas weiter am Bach entstanden Sägewerk und Getreidemühle, wo die Bauern ihren Weizen ab- und Mehl aufluden. Aber so schnell, wie diese Ortschaft geboren wurde, versank sie auch wieder in der Bedeutungslosigkeit, denn die neuen Gleise der Eisenbahn wurden von Squamish am Howe Sound ab Lac La Hache ins Hinterland nicht über 150 Mile House verlegt, sondern entlang des San Jose Rivers zum Williams Lake, wo ein neuer Ort gleichen Namens entstand, der die Geschäftigkeit in diesen verlagerte und 150 Mile House zu seinem heutigen Dasein, einem kleinen Ort am Highway, schrumpfte.

      Knapp zwanzig Kilometer weiter ist man in Williams Lake. Die Stadt ist Dreh- und Angelpunkt der Cariboo Region, als auch das Tor zum Chilcotin und der zentralen Küstenregion, womit es auch gleichzeitig zum Ausgangspunkt für Urlauber wird, die auf ausgetretene Touristenpfade verzichten möchten. Die Stadt am See ist mit allem ausgerüstet, was für das riesige Einzugsgebiet nötig ist, dazu Galerien, Flugplatz, Bus- und Eisenbahnstation, Golfplätzen, und ihr Museum ist das einzige, das sich in British Columbia mit Rodeos beschäftigt. In ihren Mauern gedenkt man auch berühmter Musiker, Poeten und anderer Persönlichkeiten. Bei aller Geschäftigkeit blieb auch der Countrycharm erhalten, und sein viertägiges Rodeo am ersten Wochenende im Juli, bei dem längst Provis in den aus dem Siedlerleben entwickelten Sportarten antreten, ist eines der berühmtesten in Nordamerika. Zu solchen Countryfesten, wenn die ganze Stadt regelrecht aus dem Häuschen ist, gehören auch viel Musik und Tanz. Wer es ruhiger mag, der wählt vielleicht den schönen Williams Lake River Trail zum wandern, der über zwanzig Brücken und vierzehn Kilometer zum Ufer des Fraser Rivers führt. Mehr Zeit und Kondition verlangt dagegen der 420 km lange „Mackenzie Trail“, der auf der historischen „Nuxalk-Carrier Route“ nach Bella Coola zur Küste führt. Ein Stückchen südlich der Stadt, in der Nähe von Soda Creek, lädt auch das Xats’ull Heritage Village zum Besuch ein, das an die Ureinwohner dieser Region erinnert. Andere Ziele in der näheren Umgebung wären auch die Springhouse Gästeranch (mit Campingplatz), die historischen Dog Creek und Gang Ranch, der Farewell Canyon oder, im Norden, die lebende Goldgräberstadt Barkerville als Freilichtmuseum.

      Dass Williams Lake überhaupt entstand, war reiner Zufall. Zunächst entschied sich ein Provinzbeauftragter für einen anderen, als den vorgesehenen Standort, und danach sorgte die geänderte Straßenprojektierung für den Niedergang der Ortschaft. Erst die Eisenbahngleise gaben der Ansiedlung eine neue Chance, wenn auch an etwas anderer Stelle. Doch all das brauchte auch seine Zeit. Den Anfang machte die Provinzverwaltung, als sie 1860 ihren Beauftragten Nind und den Polizisten Pinchbeck ins Cariboo schickte, um dort eine Verwaltung aufzubauen und für Recht und Ordnung zu sorgen. Ende Juli machten sich die beiden Männer in Fort Hope auf den Weg, benutzten den „Boston Bar Trail“, der durch die Fraserschlucht führte, und hatten, als sie nach vier Wochen die Davidson Farm erreichten, sich auch über die übrigen 200 Meilen durch Schlamm, Sumpf und Gebüsch geschlagen. Heute fährt der Tourist die gleiche Strecke in wenigen Stunden im klimatisierten Mobil über Highway-Asphalt, doch es waren solche Pfade, die ihm vorausgingen und es erst möglich machten. Dass Nind nicht „Fort Alexandria“ als Hauptquartier auswählte, wo bereeits Post, Saloons, Läden und Lagerhäuser existierten, sondern seine Zelte weiter südlich am See aufschlug, überraschte zunächst, denn dort gab es lediglich eine Kirche von 1842, die Missionsfarm und ein Road House. Dennoch war dieser Platz, in dessen Nähe auch der Amerikaner Davidson 1859 seine Farm im Glendale Gebiet errichtet hatte, ein ganz vorzüglicher, denn hier kreuzten nicht nur einige der ins Landesinnere führenden Trails, sondern am nahe gelegenen Fluss hatten auch Goldsucher ihre Camps aufgeschlagen.

      Als um das Road House herum Verwaltungsgebäude, Post Office, einige Häuser und Schuppen entstanden, war auch der Grundstein für das „erste“ Williams Lake gelegt. Die Attraktion der kleinen Ansiedlung war die gastfreundliche Einkehr, deren 1$-Mahlzeiten einen sehr guten Ruf hatten, und die für „Kamerad Pferd“, wurden Futter und Stall gebucht, 3.50 $ auf die Rechnung schrieb. Für 13 Cent pro Pfund wurden auch Kartoffeln angeboten, denn die eigene Ernte betrug jährlich etwa 800 Zentner. Wie der Ort zu seinem Namen kam, das will eine Sage wissen: Ein Fremder traf am See einen Angler und fragte ihn nach seinem Namen. Die Antwort war „William“, und auf die zweite, ob das sein See sei, antwortete der Indianer mit „ja“, womit Williams Lake getauft war. Für das weitere Wachstum sorgten die Goldfunde, denn sie zogen alle an, auch Gauner, Spieler und Banditen, und somit wuchs der Ort auch insgesamt zum Liefer- und Versorgungszentrum. Der zusätzliche Enthusiasmus, den 1863 die Kunde von der neuen Wagenstraße auslöste, wurde jedoch nicht belohnt, denn die fünfeinhalb Meter breite Spur zog, unvorstellbar für jene Einwohner, zur Lake Valley Ranch (später 150 Mile House), danach über die Berge zum Deep Creek, wo zwischenzeitlich Pinchbecks 164 Mile Road House stand, und schließlich nach Soda Creek. Damit war „Williams Lake-Village“ umgangen und versank in einen langen Schlaf.

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