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der Schwiegersohn des Gründers der Bruderschaft. Ramadan war in der Folge maßgeblich am Aufbau der Strukturen der Muslimbruderschaft in Europa beteiligt. Ähnlich wie bei der späteren Unterstützung der Taliban betrachtete die westliche Politik die ägyptische Muslimbruderschaft als Verbündete im Kampf gegen den sowjetischen Einflussbereich, dem Ägypten unter Nasser zuzurechnen war. Diese Situation konnte Said Ramadan nutzen, um unter anderem das „Islamische Zentrum Genf“ (1961) und das „Islamische Zentrum München“ (1973)37 aufzubauen. Das Genfer Zentrum wird bis heute von seinem Sohn Hani Ramadan geleitet. Die Muslimbruderschaft verfügte somit über zwei Stützpunkte in Westeuropa. Von München und Genf ausgehend überzogen sie Europa in den folgenden Jahrzehnten mit einem dichten Netzwerk, dem aktuell etwa 200 Organisationen und Institutionen zugerechnet werden können.

      Ein weiterer Sohn Said Ramadans ist Tariq Ramadan. Er steht für einen neuen Aufbruch der Muslime in Europa und die Betonung der muslimischen Identität. Das Ziel, so Ramadan, sei nicht mehr die Integration in die bestehende Gesellschaft, sondern die Partizipation, um der Gesellschaft eine islamische Alternative anzubieten. Mit solchen Aussagen avancierte er zum Star vieler junger Muslime und Musliminnen in Europa. Bei Jugendorganisationen, die ein unkritisches Verhältnis zur Muslimbruderschaft aufweisen und im Jugend-Dachverband der Muslimbruderschaft FEMYSO organisiert waren oder sind, wie etwa die französische Union des jeunes musulmans (UJM), die „Muslimische Jugend Österreichs“ (MJÖ) oder die „Muslimische Jugend in Deutschland“ (MJD), war er gern gesehener Gast. Hinter seiner moderaten Fassade verbargen sich stets fundamentalistische Ansichten. So warnte Ramadan etwa vor den Inhalten des Biologieunterrichts, da sie der islamischen Lehre widersprechen könnten. Eltern rief er dazu auf, die Kinder durch Vermittlung des Kreationismus dagegen zu immunisieren. Zudem fiel er auch dadurch auf, dass er die Körperstrafen der Scharia, wie etwa die Steinigung von Ehebrecherinnen, relativierte und es ablehnte, sie zu verurteilen.38

      Etwa zeitgleich mit den Anfängen der Muslimbruderschaft in Westeuropa startete Saudi-Arabien seine Bemühungen, den wahhabitischen Staatsislam neben Öl zu einem Exportschlager des Landes zu machen. Berühmt-berüchtigt ist der Deal zwischen dem belgischen König Baudouin und dem saudischen König Faisal im Jahr 1967: Belgien erhielt billiges Öl, im Gegenzug durfte Saudi-Arabien eine religiöse Infrastruktur in Belgien aufbauen. So entstand 1978 die erste und nach wie vor größte Moschee Belgiens mit weiteren assoziierten Institutionen, wie etwa einer islamischen Schule.

      Ein Jahr später wurde in Wien das ebenfalls von Saudi-Arabien finanzierte und bis heute von dort gelenkte „Islamische Zentrum“ errichtet, die größte Moschee Österreichs. Der Direktor der Moschee ist Angehöriger der saudi-arabischen Botschaft in Wien. Beide Moscheen werden von der „Islamischen Weltliga“ unterhalten, welche vorwiegend vom saudi-arabischen Königreich finanziert wird. Offiziell als islamische Nichtregierungsorganisation (NGO) geführt, erfüllt sie eine wichtige außenpolitische Funktion in der Missionstätigkeit Saudi-Arabiens.

       › Mit diesen ersten Zentren der Muslimbruderschaft und Saudi-Arabiens war der fundamentalistische, politische Islam in Europa angekommen.

      Parallel dazu hatten sich durch den Zuzug von Menschen aus islamischen Ländern nach Deutschland und Österreich im Rahmen sogenannter Anwerbeabkommen mit der Türkei und Jugoslawien seit den frühen 1960er-Jahren muslimische Gemeinden etabliert. In den ersten beiden Jahrzehnten schufen die Gläubigen unter diesen Migranten und Migrantinnen in Eigeninitiative und ohne Unterstützung aus den Herkunftsländern erste Ansätze einer religiösen Infrastruktur.39 Diese Phase war auf beiden Seiten noch deutlich vom Gedanken des nur vorübergehenden Aufenthalts geprägt, sinnbildlich erfasst im Begriff „Gastarbeiter“, der auch als Eigenbezeichnung verwendet wurde. Die religiöse Infrastruktur bestand vor allem aus Wohnzimmermoscheen und den provisorisch eingerichteten sogenannten Hinterhof- und Kellermoscheen.40

      Mit dem einsetzenden Familiennachzug ab Mitte der 1970er-Jahre wuchsen die muslimischen Communitys. Erst in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren begannen sich die Herkunftsländer für „ihre“ muslimischen Gemeinden zu interessieren und griffen mit finanziellen und personellen Ressourcen in das zuvor „wild“ gewachsene Vereinswesen ein. Verbände wie etwa die türkische Religionsbehörde Diyanet (DITIB in Deutschland und ATIB in Österreich)41 oder die islamistische Millî Görüş („Nationale Sicht“), aber auch der IZBA (Verband bosniakischer Vereine in Österreich) beziehungsweise IGBD (Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland)42 begannen, bereits bestehende Moscheevereine unter ihre Fittiche zu nehmen. Heute wird die islamische Vereinslandschaft von einigen großen Verbänden dominiert, die allesamt finanziell von ihren jeweiligen Mutterorganisationen im Ausland abhängig sind und unter deren ideologischem Einfluss stehen.

      Unter Präsident Erdoğan, der selbst aus der Millî-Görüş-Bewegung kommt, hat sich die staatliche türkische Religionsbehörde Diyanet zunehmend der Ideologie von Millî Görüş und Muslimbruderschaft angenähert. Dadurch sind die beiden größten Moscheeverbände in Deutschland und Österreich Teil des islamistischen Spektrums und tragen neben der Muslimbruderschaft maßgeblich zur Etablierung eines politischen Islam in den muslimischen Communitys der beiden Länder bei.

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