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großen Schmerz zuzufügen, weil ich mich gegen einen Teil von mir wende. Denn das Gelernte ist ja von mir verinnerlicht – reiße ich es plötzlich mit Gewalt heraus, tue ich mir selbst sehr weh und kann die Leere, die mich dann erfasst, wahrscheinlich gar nicht aushalten.

      Nachdem meine erste Rebellion, mein erster Ärger verraucht ist, muss ich eingestehen: Auch in meiner geistlichen Biografie gibt es Dinge, die mein Leben positiv geprägt haben. Es gibt »Lehrsätze«, die man mir beigebracht hat und die ich dann nach mehrmaligem Drehen und Wenden zu meinen eigenen gemacht habe. Da, wo dieser Prozess durchlaufen ist, kann ich durchaus für vieles danken. Anderes hat mich dagegen nicht überzeugt, vielleicht wird es irgendwann einmal geschehen – im Moment lege ich es erst einmal als zu mir nicht passend beiseite. Das tue ich mutig und behutsam zugleich.

      In dieser Woche will ich mir die Zeit nehmen, meinen »geistlichen Kleiderschrank« zu entrümpeln. Da liegt so manches Schätzchen in der hintersten Ecke – das wird von mir sowieso nicht mehr getragen und könnte eigentlich aussortiert werden. Es ist zu groß, zu klein oder einfach vom Stil her völlig unpassend geworden. Von diesen Teilen will ich mich mutig trennen, um Platz zu schaffen für Neues. Anderes hängt da, von dem ich mir einfach noch nicht sicher bin, ob ich es vielleicht doch noch tragen will – wenn ich diese Stücke einfach wegschmeiße, könnte ich es später bereuen. Solange ich nicht wirklich überzeugt bin, dass ich mich trennen will, sollen und dürfen sie bleiben. Und dann sind da noch die Lieblingsstücke von guter Qualität, immer wieder gern getragen und absolut passend zu mir. Ich weiß: Sie kleiden mich hervorragend, bringen meine Vorzüge zur vollen Geltung und sind das ultimative Aushängeschild für den Designer. An ihnen will ich mich besonders freuen und ihnen einen bevorzugten Platz einräumen. Es gibt allerdings auch Dinge, die finde ich nicht besonders schön, zu ihnen fühle ich mich auch nicht sonderlich hingezogen. Aber sie müssen einfach in meinem Schrank bleiben, weil sie nützlich, praktisch und, wenn es hart auf hart kommt, unverzichtbar sind. Es wäre dumm, den ganzen Kleiderschrank ausschließlich unter dem Wohlfühlaspekt zu bestücken.

      Zum Thema Reifer und befreiter Glaube finde ich in der Bibel folgende Texte: Jesaja 48,17; 1. Korinther 13,9 - 12; 2. Korinther 3,17 - 18; Galater 5,1.13; Epheser 4,14 - 15; Philipper 1,6.9 - 11; Philipper 3,12 - 16.

       Den Himmel im Herzen

       Dann freut sich das Mädchen beim Reigentanz, Jung und Alt sind fröhlich. Ich verwandle ihre Trauer in Jubel, tröste und erfreue sie nach ihrem Kummer.

      JEREMIA 31,13

      Ich war heute in Rock the ballet, einer grandiosen Tanzvorstellung. Nicht gerade ein Reigentanz, aber kraftstrotzender, vitaler, pulsierender Tanz. Lebendig, sprühend und rundherum lebensbejahend. Immer, wenn ich so etwas absolut Perfektes sehe, muss ich an den Himmel denken. Wenn es hier schon solche Fähigkeiten, solche Leidenschaft, solche Schönheit und Ästhetik gibt, wie wird es dann erst im Himmel sein?

      In der Offenbarung entfacht Johannes ein wahres Feuerwerk an glanzvollen Beschreibungen, um dieses Kaleidoskop göttlicher Prachtentfaltung im Himmel darzustellen. Licht, wohin das Auge reicht. Edelsteine, Glas, Gold – alles nur vom Feinsten. Ausblick auf das Unsichtbare. Helligkeit, Weite, Raum zum Atmen, Klarheit, Daseinslust, Zeit ohne Ende, Leben satt.

      Inmitten all dieser Pracht der König. Stark, väterlich tröstend, zugewandt, aufmerksam, liebevoll, lachend. Ihm werden wir in absoluter Verbundenheit und ergebener Treue frei von Ressentiments dienen.

      Früher habe ich mir dieses Dienen als eine recht langweilige Geschichte mit endlosem Gesang und dauerndem, nervtötendem Harfenspiel vorgestellt. Mich auf ewig in den Engelchor einzureihen schien mir mehr Strafe als Verlockung zu sein. Aber ich glaube, dass viele Christen in ihrer Vorstellung vom Himmel an dieser Stelle auch nicht viel mehr zu bieten haben. Es erscheint aber nicht besonders verlockend, »eine Ewigkeit in der Ewigkeit rumzuhängen«, geschweige denn, dass diese Aussicht uns als Vision zum Ansporn für unseren Alltag dienen könnte.

      Heute glaube ich, dass unsere Gaben, mit denen wir Gott in diesem vollendeten Reich dienen, potenziert zur Entfaltung kommen und wir in der Blüte unserer Schaffenskraft sein werden. Wir werden mit unseren Fähigkeiten, die jetzt schon in uns angelegt sind, in Vollendung für Gott da sein, ohne dabei von Minderwertigkeitsgefühlen, Neid, Missgunst oder dem Wunsch, andere übertrumpfen zu wollen, beeinträchtigt zu sein. Unsere Persönlichkeit wird sich zu ihrer ganzen Schönheit und Reife entwickeln, und unser ganzes Sein wird Gott, uns selbst und anderen Freude machen.

      Leben in der Ewigkeit? Ein Leben voller Daseinslust, rundherum perfekt. Ein Zusammenspiel multitalentierter Leute, die sich von Herzen lieben, miteinander leben und endlich mit dem vereint sind, von dem sie ja schon immer wussten, dass er da ist.

      Diese Woche soll meine Ewigkeitswoche werden. Ich will Momenten mit Ewigkeitscharakter besondere Aufmerksamkeit schenken. Eine klare Sternennacht, ein Sonnenuntergang, eine wunderschöne Blume, eine intime Zärtlichkeit, ein vertrauensvolles Gespräch bei einem Glas Wein, eine besondere Fähigkeit, die mein Staunen hervorruft – alles Vorboten, die Jesus mir schickt, damit ich den Himmel nicht vergesse. Ich will all meine Fantasie nutzen, um mir Ewigkeitsmomente vorzustellen. Geborgenheit, Trost, Liebe, Glück – diesen Worten will ich Bilder geben und sie dann meiner Seele schenken, damit sie sie mir zurückgibt, wenn ich einsam oder verzweifelt bin. Vor dem Hintergrund der Ewigkeit will ich durch diese Woche gehen mit der Frage: »Wie wichtig ist das Ganze?« Dinge, die mir Ärger und Verdruss bereiten, die mir meine Gelassenheit rauben und mir schlaflose Nächte bereiten – wie bewerte ich sie mit diesem Bild des Himmels in meinem Herzen, welches dort abgelichtet ist?

      Zum Thema Den Himmel im Herzen finde ich in der Bibel folgende Texte: Hiob 19,25 - 27; Jesaja 25,6 - 8; Jesaja 33,17 - 24; Jesaja 35,1 - 10; Matthäus 6,19 - 21.33 - 34; 2. Korinther 4,16 - 18; Offenbarung 21 bis 22,5.

       Gott mit allen Sinnen lieben

       Und David tanzte mit ganzer Hingabe vor dem Herrn her.

      2. SAMUEL 6,14A

      In unserer Gegend ist die Nacht zum 1. Mai die Nacht der Verliebten und die Nacht des Werbens. Ist man in dieser Nacht zufällig unterwegs, trifft man Scharen von Jugendlichen, die in mehr oder weniger großen Grüppchen auf Fahrrädern von Dorf zu Dorf ziehen, bewaffnet mit Maibäumen und riesigen, mit Papierrosen verzierten Herzen, um selbige an Haus oder Dach der/​des Angebeteten anzubringen. Strikt nach Männlein und Weiblein getrennt, fahren Freunde zusammen die Häuser sämtlicher begehrter Weiblichkeit im Umfeld von 20 Kilometern ab und Freundinnen die der Männlichkeit. Um sich warm zu halten und die Strapazen solch einer Tour zu überstehen, wird dabei nicht gerade wenig Alkohol getrunken. Ein Umstand, der dafür sorgt, dass so manch einer beim Eintreffen am ersehnten Ziel nicht mehr ganz sicher auf den Beinen ist. Das wäre aber durchaus von Vorteil, denn nun gilt es, Baum oder Herz am Haus und möglichst nah am Fenster der/​des Liebsten anzubringen. Die meisten Mädchen machen es sich leicht und hängen ihr Herz einfach an die Tür. Den Jungs ist das natürlich viel zu einfach und einfallslos. Wie liebeskranke Kater streichen sie ums Haus und suchen nach dem besten Weg, das Haus zu erklimmen. Ihr männlicher Ehrgeiz treibt sie zu abenteuerlichen Klettertouren hinauf an Regenrinnen und auf Dächer, was bei besagtem Alkoholkonsum für Zuschauer zur Zitterpartie mutiert. Letztere gibt es aber kaum, da alle Normalsterblichen und Nicht-mehr-oder-noch-nicht-Verliebten längst schlafen und von dem regen Treiben über ihren Köpfen nichts mitbekommen. Registriert man als beunruhigtes Elternteil doch einmal etwas von den nächtlichen Aktivitäten, vernimmt man kratzende Geräusche und Tritte auf dem Dach, hört man Tuscheln, Raunen und höchst männliches Gekicher, sollte man sich dennoch ruhig verhalten. Ein plötzliches Aufreißen des Fensters, ein Einschalten des Flutlichtes könnte zu einem jähen Absturz von Maibaum und Jüngling führen. Das wäre gar nicht gut.

      Bricht die Morgendämmerung an, sind Herzen und Maibäume an ihrem Platz und alle Flaschen geleert, sinkt die Jugend ermattet in den Tiefschlaf.

      Ich jedoch finde am frühen Morgen unser Haus lieblich verziert wie ein Märchenschloss vor (was beileibe

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