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       1.Grundlagen der Rechtsordnung

      1.1 Regeln für das Zusammenleben der Menschen

      Der Mensch als Teil der Gesellschaft hat zwangsläufig Kontakte mit anderen. Das Zusammenleben in vielfältigen Gemeinschaften (Familie, Hausgemeinschaft, Unternehmen, Verein, Gemeinde, Staat) kann nur funktionieren, wenn bestimmte Regeln des Miteinanders, der Toleranz und der Rücksichtnahme beachtet werden. Diese Regeln haben unterschiedliche Quellen: Sie sind von der Natur vorgegeben, wie etwa die Sorge für nahe Familienangehörige, durch Tradition und Brauchtum entstanden oder auch von allgemeinen Moralvorstellungen geprägt.

      Ein Teil dieser Sozialordnung ist aber auch das geltende Recht. Es unterscheidet sich von den anderen Regeln, die für das Zusammenleben der Menschen bestimmend sind, durch seine Erzwingbarkeit. Während die Missachtung von allgemeinen Anstandsregeln lediglich die Missbilligung der Mitmenschen auslöst und das Unterlassen einer moralisch gebotenen Handlung allenfalls ein „schlechtes Gewissen“ verursacht, wird der Rechtsbrecher (strafrechtlich) nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs bestraft, der säumige Schuldner einer Forderung (zivilrechtlich) zur Zahlung durch ein Gericht verurteilt.

      Die Rechtsordnung ist bestimmend für die rechtlichen Beziehungen der Bürger untereinander. Sie besteht aus den in Gesetzen und Verordnungen niedergelegten Verboten und Geboten für das äußere menschliche Zusammenleben.

      Diese betreffen die Achtung fremder Rechtsgüter (Eigentum, körperliche Unversehrtheit, Ehre) ebenso wie den Zwang zur Erfüllung eingegangener Schuldverpflichtungen oder die Verpflichtung zum Ersatz angerichteten Schadens.

      Recht und Moral haben oftmals gleichen Ursprung und Hintergrund. Was unmoralisch ist, ist meist auch rechtswidrig. Gleichwohl sind Moral und Recht nicht dasselbe.

      Unmoralisch handelt der wohlhabende Bürger, wenn er seinen unverschuldet in große Not geratenen Bruder nicht unterstützt. Eine rechtliche Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen besteht aber nur unter Verwandten in gerader Linie (Großeltern – Eltern – Kinder).

      Rechtswidrig ist es, bei roter Fußgängerampel die Straße zu überqueren, auch wenn weit und breit kein anderer Verkehrsteilnehmer zu sehen ist. Ein moralischer Vorwurf ist jedoch in solchem Fall wohl nicht begründet.

      Das Recht wird in besonderen Situationen augenscheinlich sichtbar:

      > bei der Eheschließung vor dem Standesbeamten,

      > bei der Kreditaufnahme am Bankschalter,

      > bei der notariellen Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages,

      > bei einer Gerichtsverhandlung.

      Die Bedeutung des Rechts erschöpft sich jedoch nicht in solchen „Feiertagsangelegenheiten“. Vielmehr findet „Recht“ im Leben der Bürger täglich und zu jeder Stunde statt:

      > Täglicher Einkauf von Lebensmitteln, Benzin, Kleidung.

      > Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

      > Wer mit seinem Pkw auf der rechten Straßenseite fährt, tut das, weil § 2 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vorschreibt: „Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benützen, von zwei Fahrbahnen die rechte.“

      Aber auch im Unternehmen stehen Rechtsvorgänge im Vordergrund unternehmerischen Handelns:

      > Einkauf von Produktionsmitteln (Beschaffung).

      > Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einem Mitarbeitern oder einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat (HR-Management).

      > Verkauf von produzierten Gütern (Vertrieb).

      Es ist von Vorteil, sich dieser umfassenden Bedeutung des Rechts bewusst zu sein und sich darin auszukennen, insbesondere, wenn es im privaten oder geschäftlichen Bereich zu Komplikationen kommt.

      Je nachdem, ob Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinander oder zwischen Bürger und dem mit Hoheitsgewalt ausgestatteten Staat geregelt werden, handelt es sich um privates oder um öffentliches Recht.

      Das Privatrecht regelt die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander (Grundsatz der Gleichordnung).

      Keiner kann dem anderen befehlen, vielmehr können sie ihre Angelegenheiten nur einvernehmlich vertraglich regeln, die Konditionen aushandeln oder auch rechtlichen Kontakt vermeiden (z. B. Bürgerliches Recht im BGB, Sonderprivatrecht der Kaufleute im HGB).

      Dem Bauunternehmer A steht es frei, ob er ein Angebot machen will und welchen Preis er für richtig hält. Bauherr B kann das Angebot annehmen, ablehnen oder versuchen, neue Bedingungen auszuhandeln. Er kann anstelle des A dem C den Zuschlag geben. Herr D und Frau E können sich jeweils frei entscheiden, eine Ehe miteinander einzugehen oder weiterhin unverheiratet zu bleiben.

      Das öffentliche Recht regelt demgegenüber die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern und dem mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Staat (Grundsatz der Über- und Unterordnung).

      Der Staat agiert gegenüber dem Bürger zumeist hoheitlich durch Erlass eines „Verwaltungsakts“ (Verwaltungsrecht).

      Festsetzung der Steuerschuld durch Steuerbescheid des Finanzamts, Einberufung zum Wehrdienst, Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung durch die Baubehörde, Ampelregelung im Straßenverkehr.

      Zum öffentlichen Recht gehören aber auch die Rechtsbestimmungen, die den Staat selbst betreffen (Verfassungsrecht im Grundgesetz oder in Landesverfassungen, Prozessrecht in der ZPO, Strafrecht im StGB) oder die das Verhältnis der staatlichen Institutionen untereinander regeln (Staatsvertrag, öffentlich-rechtlicher Vertrag).

      Vereinbarungen zweier Landkreise über eine gemeinsame Mülldeponie, Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über den Südwestrundfunk.

      Soweit jedoch der Staat selbst als gleichgeordneter und gleichgestellter Partner am Rechtsleben teilnimmt, gilt auch für ihn das Privatrecht (fiskalisches Handeln des Staates).

      Der Staat mietet Diensträume von einem privaten Hauseigentümer, kauft Möbel und Büromaschinen für den dienstlichen Gebrauch, vergibt Aufträge an private Bauunternehmer.

      Zuweilen können auch privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Vorgänge ineinander übergehen.

      Geländebedarf für den Bau einer Autobahn: Die zuständige staatliche Behörde wird zunächst versuchen, das erforderliche Land dem privaten Eigentümer abzukaufen (Privatrecht). Gelingt das wegen zu hoher Preisvorstellungen des Eigentümers oder zu geringem Angebot der Behörde nicht, so kann ein Enteignungsverfahren eingeleitet werden (öffentliches Recht). Der angemessene Preis wird dann gegebenenfalls durch Entscheidung des Gerichts bestimmt.

      Die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht hat vor allem für die Wahl des richtigen Rechtswegs Bedeutung. Privatrechtliche Streitigkeiten werden vor den ordentlichen Gerichten (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht,

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