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      Unabhängig vom Lebensalter gelten als geschäftsunfähig auch Personen, bei denen eine andauernde krankhafte Störung der Geistestätigkeit mit Ausschluss der freien Willensbestimmung vorliegt (§ 104 Nr. 2 BGB). Dazu gehören psychisch Kranke mit nachhaltigen manisch-depressiven Störungen oder alte Menschen, die unter Demenz oder der Alzheimer-Krankheit leiden.

      Bei nur vorübergehender Störung der Geistestätigkeit (Bewusstseinstrübung, Alkoholvollrausch, Rauschgiftdelirium) oder Bewusstlosigkeit liegt keine Geschäftsunfähigkeit vor. Allerdings können in diesem Zustand ebenfalls keine wirksamen Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden (vgl. sogleich).

      2.3.2.2 Rechtliche Folgen der Geschäftsunfähigkeit

      Die von Geschäftsunfähigen abgegebenen Willenserklärungen sind nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB); auch eine ihnen gegenüber abgegebene Erklärung ist ohne rechtliche Wirkung (§ 131 Abs. 1 BGB).

      Diese gesetzliche Regelung dient dem Schutz der betroffenen Personengruppen vor nachteiligen Folgen von Willenserklärungen, deren Tragweite von ihnen nicht erfasst werden kann. Dieser Schutz hat immer Vorrang vor den Interessen des Rechtsverkehrs. Auch wenn die mangelnde Geschäftsfähigkeit im Einzelfall nicht erkennbar war, bleibt es bei der Nichtigkeit der Erklärung.

      Der nicht erkennbar dauerhaft manisch-depressive Kranke chartert in krankhafter Hochstimmung zu seinem Geburtstag ein Flugzeug, um seinen Gästen mit einem Flug zu den Balearen „etwas Besonderes“ zu bieten. Der Vertrag ist unwirksam (§ 105 Abs. 1 BGB), etwa schon geleistete Anzahlungen müssen zurückerstattet werden (§ 812 BGB).

      Liegt eine nur vorübergehende Störung der Geistestätigkeit oder Bewusstlosigkeit vor, die ja nicht zur generellen Geschäftsunfähigkeit führen, ist dennoch die einzelne, während eines solchen Zustands abgegebene Willenserklärung unwirksam (§ 105 Abs. 2 BGB).

      Wirksam ist hingegen ein Geschäft des täglichen Lebens, das ein volljähriger Geschäftsunfähiger tätigt und das mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden kann, sobald die Leistung tatsächlich erbracht und die Gegenleistung bezahlt ist und dadurch nicht für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen eine erhebliche Gefahr entsteht (§ 105a BGB).

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      2.3.2.3 Gesetzliche Vertretung für Kinder bis sieben Jahre

      Für Kinder bis zu sieben Jahren können wirksam nur die Eltern als gesetzliche Vertreter rechtsgeschäftlich handeln (§§ 1626, 1629 BGB).

      > Hat der fünfjährige Erwin von seinem verstorbenen Onkel ein Hausgrundstück geerbt, so müssen bei schadhaftem Dach die Eltern namens ihres Kindes den Dachdecker bestellen. Vertragspartner ist aber das Kind und die Wirkungen dieses Werkvertrages betreffen auch nur das Kind: die Zahlungspflicht hinsichtlich des Werklohnes, der Anspruch auf Nacherfüllung bei mangelhafter Arbeit. Die Eltern müssen natürlich offenlegen, dass sie als Vertreter handeln.

      > Wird das Kleinkind zum Bäcker geschickt, um Brötchen einzukaufen, so schließt nicht das Kind den Kaufvertrag mit dem Bäcker ab, vielmehr überbringt das Kind lediglich die Kaufvertragserklärung als Bote. Für diese Tätigkeit ist Geschäftsfähigkeit nicht erforderlich (vgl. § 120 BGB: „… die zur Übermittlung verwendete Person ….“).

      Minderjährige, die nicht unter elterlicher Sorge stehen, weil beide Eltern tot sind oder beiden Elternteilen wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen ist (vgl. § 1666 BGB), erhalten einen Vormund, der anstelle der Eltern das Recht und die Pflicht hat, für die Person und das Vermögen des Minderjährigen zu sorgen und diesen zu vertreten (§§ 1773, 1793 BGB).

      2.3.3.1 Erfordernis der Einwilligung

      Zwischen den Geschäftsunfähigen bis sechs Jahren und den voll Geschäftsfähigen ab 18 Jahren klafft eine Lücke: In dieser Altersspanne sind die Kinder und Jugendlichen („Minderjährige“) beschränkt geschäftsfähig. Das heißt, Minderjährige von sieben bis 17 Jahren können zwar rechtsgeschäftlich handeln, also selbst die erforderlichen Willenserklärungen abgeben. Die Wirksamkeit solcher Erklärungen hängt aber regelmäßig von der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (Eltern, evtl. Vormund) ab (§ 107 BGB). Die Einwilligung kann formfrei, also auch mündlich, erfolgen, was allerdings im Streitfall vor Gericht zu Beweisschwierigkeiten führen kann.

      Diese Einwilligung bedeutet nicht, dass dadurch die Eltern selbst auch in das Rechtsgeschäft mit einbezogen würden; sie sind gesetzliche Vertreter. Vielmehr soll durch das Erfordernis der Einwilligung die Lebenserfahrung und Entscheidungskompetenz der Eltern für den wegen seines Alters zu sachlicher Beurteilung noch nicht voll fähigen Minderjährigen eingebracht werden.

      Der 17-jährige Sohn kauft mit Einwilligung seiner Eltern ein Moped, mit dem er noch vor vollständiger Bezahlung des Kaufpreises einen Totalschaden erleidet. Die Eltern sind nicht verpflichtet, die Restkaufpreissumme vollends zu bezahlen, wenn der Sohn durch den Unfall erwerbsunfähig wird und den Rest schuldig bleibt. Sie sind durch ihre Einwilligung nicht selbst Vertragspartner geworden. Anders ist nur zu entscheiden, wenn die Eltern selbst als Mitkäufer mit dem Sohn ausdrücklich in den Kaufvertrag eingetreten sind.

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      Ein ohne vorherige Erteilung der Einwilligung oder ohne nachträgliche Genehmigung abgeschlossener Vertrag des Minderjährigen ist schwebend unwirksam (§ 108 Abs. 1 BGB). Unterbleibt die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, so ist das Geschäft endgültig unwirksam, sogar dann, wenn der Geschäftspartner fälschlich geglaubt hat, es mit einem Volljährigen zu tun gehabt zu haben.

      Wird der gesetzliche Vertreter vom Geschäftspartner des Minderjährigen zur nachträglichen Genehmigung eines vom Minderjährigen bereits abgeschlossenen, aber noch schwebend unwirksamen Geschäfts aufgefordert, so kann er diese nur innerhalb von zwei Wochen erteilen, verstreicht die Frist ohne Antwort, gilt die Genehmigung als verweigert, und das Geschäft ist unwirksam (§ 108 Abs. 2 BGB).

      Ist der Minderjährige vor Genehmigung seiner Eltern 18 Jahre alt und damit voll geschäftsfähig geworden, so kann er seine bis zu diesem Zeitpunkt abgegebenen Willenserklärungen selbst genehmigen (§ 108 Abs. 3 BGB).

      Ungeachtet dieser Rechtslage der Unwirksamkeit des Vertrags wegen fehlender Geschäftsfähigkeit kann sich allerdings eine Schadensersatzpflicht des Minderjährigen aus „unerlaubter Handlung“ ergeben, wenn er seine beschränkte Geschäftsfähigkeit wissentlich ausnutzt, um sich auf unlautere Weise einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen:

      Der älter aussehende 17-jährige, kenntnisreiche Gymnasiast lässt sich von einem Taxi nach Hause bringen mit der vorgefassten Absicht, am Ende der Fahrt unter Hinweis auf seine fehlende Geschäftsfähigkeit und die daraus sich ergebende Vertragsnichtigkeit die Zahlung der Fahrtkosten zu verweigern.

      Was die Unwirksamkeit des Vertrags anbelangt, hat er zwar recht. Sein „cleveres“ Verhalten wäre jedoch als unerlaubte Handlung zu werten (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. mit § 263 StGB – Betrug). An der Deliktsfähigkeit (Einsicht in das Unrecht seines Handelns) ist dabei wohl nicht zu zweifeln. Auch § 826 BGB könnte in Frage kommen (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung).

      2.3.3.2 Ausnahmen vom Erfordernis der Einwilligung

      Ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger braucht zur Wirksamkeit

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