Скачать книгу

„Durch die Schaffung einer Norm hat die Kirche verzichtet, ihre eigene Norm zu

       sein.“ (O. Cullmann) Im Laufe der Jahrhunderte wurde jedoch der kirchlichen

       Tradition und dem bischöflichen (Lehr-)Amt immer mehr Gewicht beigemessen,

       das es der Bibel nicht mehr erlaubte, die Lehre und Praxis der Kirche wirksam zu

       kritisieren. Dagegen betonten die Reformatoren des 16. Jahrhunderts das „sola

       scriptura“-Prinzip, das die Bibel als die

       einzige und letztverbindliche Quelle der

       Glaubenswahrheit versteht und die

       Kirche ihrer göttlichen Autorität unter-

      ordnet. Die Heilige Schrift ist der

       Maßstab für Lehre und Leben, Denken

       und Tun der Gemeinde; von ihr muss

       sie sich beurteilen lassen. In der Bibel

       hat Gott seinen Willen klar und ver-

      ständlich offenbart und uns alles mitge-

      teilt, was zur Erlangung des Heils nötig

       ist. Wer ihr folgt, wird das Ziel seines

       Lebens „unfehlbar“ finden – er kann es

       unmöglich verfehlen (2 Tim 3,15f.).

       Vom Lesebuch zum Lebensbuch

       Adventisten stehen erklärtermaßen

       auf dem Boden dieser reformatorischen

       Erkenntnis. Ellen White – als Mitbe-

      gründerin und Prophetin der Gemeinde

       hoch geachtet – stellte klar, was diese

       Lehre für einen Christen konkret bedeu-

      tet: „Es ist die erste und höchste Pflicht

       jedes vernünftigen Wesens, aus der

       Heiligen Schrift zu lernen, was Wahr-

      heit ist, und dann in diesem Licht zu

       wandeln und andere zu ermutigen,

       ihrem Beispiel zu folgen. Wir sollten Tag

       für Tag fleißig in der Bibel forschen,

       jeden Gedanken wägen und Text mit Text

       vergleichen. Mit Gottes Hilfe müssen wir

       uns selbst unsere Meinungen bilden, da

       Ellen G. White über die Inspiration der Bibel

       „Die Bibel ist von Menschen geschrieben.

       Diese waren vom Heiligen Geist inspiriert …

       Die Bibel wurde nicht in einer großartigen

       übermenschlichen Sprache offenbart. Um

       jeden zu erreichen, wurde Jesus Mensch. Die

       Bibel musste also in der Sprache des Men-

      schen geschrieben werden. Alles aber, was

       menschlich ist, ist auch unvollkommen.

       Die Bibel wurde von inspirierten Menschen

       geschrieben, aber es ist nicht die Art, wie

       Gott seine Gedanken ausdrückt, sondern wie

       es Menschen tun. Nicht Gott als Autor wird

       dargestellt. Menschen werden oft sagen, ein

       solcher Ausdruck sei nicht göttlich. Aber Gott

       hat sich in der Bibel nicht in Worten, Logik

       und Rhetorik einem Test unterziehen wol-

      len. Die Autoren der Bibel waren Gottes

       Schreiber, nicht seine Feder. Halte dir doch

       die verschiedenen Schreiber vor Augen!

       Nicht die Worte der Bibel sind inspiriert, son-

      dern die Menschen. Die Inspiration bezieht

       sich nicht auf die Worte oder Ausdrücke des

       Menschen, sondern auf ihn selbst. Er ist es,

       der unter dem Einfluss des Heiligen Geistes

       mit Gedanken erfüllt wird. Doch die Worte

       tragen den Stempel der jeweiligen Persön-

      lichkeit. Der göttliche Geist hat sich mitgeteilt.

       Der göttliche Geist und Wille verbinden sich

       mit dem Geist und Willen des Menschen. Auf

       diese Weise werden die Worte des Menschen

       zum Wort Gottes.“

       („Für die Gemeinde geschrieben: Ausgewählte Bot-

      schaften“ von Ellen G. White, Advent-Verlag, Hamburg,

       1991, Bd. 1, S. 9-22)

       wir auch für uns selbst vor Gott Rechenschaft abzulegen haben.“ („Der große

       Kampf“, S. 599)

       So weit die Theorie – doch wie sieht die Praxis aus? Dem steigenden Bildungs-

      niveau der Bevölkerung steht eine zunehmende Unkenntnis der Bibel gegenüber.

       Auch in freikirchlichen Kreisen nimmt die Bibelkenntnis immer mehr ab. Dabei

       handelt es sich bei der Bibel um einen einzigartigen Klassiker der Weltliteratur, den

       jeder gebildete Mensch kennen sollte. Selbst Nichtchristen sind davon angetan. So

       antwortete der Atheist Bertold Brecht auf die Frage eines Journalisten nach seiner

       Lieblingslektüre: „Sie werden lachen: die Bibel!“ Um wie viel mehr haben Christen,

       die sich zur Heiligen Schrift als dem inspirierten Wort Gottes bekennen und glau-

      ben, darin das wahre, ewige Leben zu finden (Joh 5,39), allen Grund, sie regelmä-

      ßig zu lesen und gründlich zu studieren! Wie sagte doch einmal der Schriftsteller

       Manfred Hausmann: „Mit der Bibel in der Hand ist der Christ mündig. Sonst nicht.“

       18

       |

       Hoffnung, die uns trägt

            

        

Скачать книгу