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Kein Lord wie alle anderen. Inka Loreen Minden
Читать онлайн.Название Kein Lord wie alle anderen
Год выпуска 0
isbn 9783963701870
Автор произведения Inka Loreen Minden
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Penny drückte kurz ihre Hand. »Ashton möchte mir nach der Parisreise sein riesiges Herrenhaus in Nottinghamshire zeigen. Aber zum Beginn der neuen Saison werden wir in London sein.« Asthon – der Earl of Lexington. Zukünftig würde Penny »Lady Lexington« sein. Was für ein Zungenbrecher! »Ich bin also nächstes Jahr gar nicht so unendlich weit weg und werde dir jede Woche schreiben … natürlich auch während unserer Hochzeitsreise.«
Izzys Herz zog sich zusammen, wenn sie an die langen, einsamen und dunklen Winterabende dachte. London war jedoch tatsächlich nicht so weit weg wie Lord Lexingtons Landgut, vielleicht könnte sie Penny dann besuchen. Seit vielen Jahren war Izzy nicht mehr in London gewesen. Papa hatte nach Mutters Tod und dem schrecklichen Vorfall mit seinem Freund das Stadthaus verkauft, und seitdem wohnten sie auf dem Land. Izzy liebte es hier, liebte Trenton House, den verrückten Garten mit den wunderschönen Follies und all die Menschen in Rochester und den umliegenden Dörfern. Sie wollte gar nicht mehr zurück in das schmutzige, stinkende London. Doch für Penny würde sie eine Ausnahme machen.
»Ich werde sicher nicht eingehen vor Langeweile«, bemerkte Izzy ein wenig verschnupft. »Dennoch wünschte ich, du hättest noch gewartet.«
Ihre Freundin blickte sie mit einer Mischung aus Schuldbewusstsein und Empörung an. »Izzy, nächstes Jahr werde ich schon zwanzig! Außerdem lasse ich mir doch keinen Earl entgehen.« Sie lächelte ihren Verlobten an, der sich in der Nähe gerade mit Pennys Vater unterhielt, und fächerte sich galant Luft zu. Die beiden Herren sahen sich irgendwie ähnlich. Natürlich war Pennys Vater – Lord Clearwater – bereits sehr viel älter und ergraut, aber Ashton hatte auch so eine große Nase. Ansonsten machte er einen ganz passablen Eindruck.
Lord Wakefield gefiel Izzy trotz der Narben auf einer Gesichtshälfte irgendwie besser. Er erinnerte sie damit an einen Piraten, und sie hatte ein Faible für Piraten- und Abenteuergeschichten. Während die vierzig geladenen Gäste nach und nach in den Salon zurückkehrten, stand er stramm wie ein Soldat neben Papa, der auf einem Stuhl saß, und redete mit ihm. Papa schien sich über etwas zu amüsieren, denn er lächelte den Marquess an.
Der lächelte nicht wirklich zurück, aber sein Mundwinkel – der ohne Narbe – zog sich ein bisschen nach oben, sodass der Lord gleich weniger düster wirkte.
Izzy bemerkte, dass sie ebenfalls lächeln musste. Papa schien heute einen guten Tag und weniger Schmerzen zu haben als sonst. Je kälter es draußen wurde, desto mehr taten ihm die Knochen weh. Außerdem sah er heute irgendwie goldig aus. Die Wangen in seinem runden Gesicht waren gerötet und sogar sein kahles Haupt schien zu leuchten wie eine Tomate. Am liebsten wollte Izzy hingehen und ihn umarmen – aber das gehörte sich natürlich nicht. Sie hätte es aber getan, wenn niemand sonst hier gewesen wäre.
Würden sich Lord Wakefields Mundwinkel etwas mehr heben, wenn sie es einfach täte?
Henry – wie sie den Marquess von nun an gedanklich nennen würde, weil sie bei »Lord Wakefield« immer an den früheren Lord Philip Cranton denken musste, der völlig anders ausgesehen hatte – würde bald zu ihr kommen, um mit ihr zu tanzen. Noch stimmten die Musiker, die auf einem niedrigen Podest am Ende des Salons saßen, allerdings ihre Instrumente.
Ob Henry ein guter Tänzer war? Sie hatte überhaupt nicht darauf geachtet und außer seinem Humpeln nichts bemerkt, weil sie bisher so wenig Eindrücke wie möglich an sich herangelassen hatte. Natürlich rein aus Trotz, um ihrer aufdringlichen Stiefmutter keinen Gefallen zu tun. Rowena war oft sehr unhöflich zu ihr, vor allem wenn Papa nicht in der Nähe war. Dabei war Izzy doch keine Konkurrenz für sie! Aber vielleicht glaubte ihre Stiefmutter das, schließlich war diese kaum zehn Jahre älter als Izzy, und sie selbst hatte ein sehr liebevolles und enges Verhältnis zu ihrem Vater – was in ihren Kreisen eher unüblich war. Oder Rowena nahm es ihr übel, dass das Personal auch immer noch auf Izzy hörte, schließlich war sie nach Mamas Tod die Dame des Hauses gewesen.
Möglichst unauffällig ließ sie den Blick über die zahlreichen Gäste schweifen, die in kleinen Grüppchen beieinanderstanden, und wunderte sich kein bisschen, dass ihre Stiefmutter mehr ledige Herren geladen hatte als Paare. Die einzige noch unverheiratete Frau, abgesehen von Izzy, war Penny – und das auch nur noch für zwei Wochen. Am liebsten wollte Izzy nach ihrer Hand greifen! Mit der besten Freundin als Verbündete ließ sich diese schreckliche Situation einfach leichter aushalten.
Izzy stieß einen frustrierten Seufzer aus, ohne dabei ihre perfekte Haltung und das aufgesetzte Lächeln auch nur einen Deut zu verändern. Sie hatte ihrer Stiefmutter Rowena versichern müssen, mit jedem alleinstehenden Herrn, der geladen war, zu tanzen. Und Rowena hatte eine Menge gut betuchter Adeliger eingeladen. Nicht nur die Lords aus den umliegenden Ländereien waren angereist, sondern einige sogar von weiter weg gekommen. Nicht jeder Mann bot dabei solch einen ansehnlichen Anblick wie Lord Rochford, mit dem sie zuvor getanzt hatte und der von Alter und Statur Ähnlichkeiten mit Henry besaß. Es gab auch Herren, die beinahe so alt waren wie ihr Vater! Und mit solch einem Greis wollte Rowena sie verkuppeln? Sie war doch kein Zuchtpferd, nur weil sie eine vorzügliche Abstammung vorzuweisen hatte. Ihr Papa war Wilson Norwood, Viscount Trenton, und Izzy war sein einziges Kind. Noch …
»Wer steht als Nächster auf deiner Tanzkarte?« Penny griff einfach nach dem Zettel, der auf Izzys Schoß lag, und riss die Augen auf. »Der unheimliche Lord Wakefield!«
»Hmm«, brummte Izzy wenig damenhaft und wollte sich am liebsten bequem auf den Stuhl lümmeln oder besser noch: auf ihr Zimmer gehen. Im Grunde hatte sie absolut gar nichts gegen einen fröhlichen Tanz einzuwenden. Aber der Spaß daran wurde durch die Aussicht, sich für den Rest des Lebens an einen Mann binden zu müssen, den sie nicht liebte, deutlich getrübt. Sie konnte Trenton House noch nicht verlassen. Papa brauchte sie doch! Außerdem fühlte sie sich nicht bereit für eine Ehe mit all ihren … Verpflichtungen. Aber was am schlimmsten war: Sie müsste all ihre liebgewonnenen Freiheiten aufgeben.
»Was hast du eigentlich mit deinem Haar gemacht?«, fragte Penny und legte die Tanzkarte zurück auf Izzys Schoß. »Wo ist dein natürlicher Rotstich geblieben?«
Sie seufzte erneut. »Rowena hat ihrer Zofe befohlen, ein pflanzliches Puder auf meine Frisur zu geben, damit man das Rot kaum noch sieht und das Blond besser herauskommt.«
Pennys perfekt geschwungene Brauen hoben sich kaum merkbar. »Aber … wieso?«
»Rowena sagt, meine furchtbare Haarfarbe würde sonst die potenziellen Heiratskandidaten abschrecken.«
»Das wäre dir doch gelegen gekommen, oder?« Ihre Freundin wedelte sich mit dem Fächer Luft zu – um dahinter garantiert ein verschmitztes Grinsen zu verstecken. Penny wusste sich eben immer perfekt zu benehmen. Zudem entsprach sie mit ihrem schwarzglänzenden Haar und dem optimal geschnittenen, herzförmigen Gesicht dem aktuellen Schönheitsideal. Die Heiratskandidaten hatten sich um sie gerissen! Und Rowena hatte in den letzten Monaten mehrfach erwähnt, dass sie lieber eine Stieftochter wie Penelope Clearwater hätte, die sämtliche Umgangsformen perfekt beherrschte und nicht den ganzen Tag in Hosen herumlief.
»Du machst mir nichts als Kummer, Isabella«, pflegte Rowena stets zu sagen. Dabei hatten sie ohnehin kaum Berührungspunkte, denn ihre Wege kreuzten sich nur zu den Essenszeiten. Seit Mutters Tod kümmerte sich Izzy um die Verwaltung von Trenton House und die Instandsetzung der Güter, trug dem Personal auf, was es zu tun hatte, oder packte auch schon einmal selbst auf ihrem bezaubernden Landgut mit an. Natürlich rümpften immer noch viele Leute die Nase, weil sie als Frau, noch dazu als höhergestellte Dame der Gesellschaft, die Arbeit eines Mannes erledigte. Aber Izzy liebte es, beschäftigt zu sein und gebraucht zu werden. Außerdem hantierte sie gerne mit Zahlen. Als Lady den ganzen Tag im Salon zu sitzen,