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      GLÜCKSVERSTÄRKER

      Mittagssnack in Florenz bedeutet Anstehen an einem Kiosk der Trippaioli, der Kuttelverkäufer an ihren angestammten Plätzen, etwa gleich links von Dantes Kirche und auf der kleinen Piazza davor. Die gekochten Innereien werden in ein Brötchen gedrückt und nach Wunsch mit salsa verde, »grüner Soße«, gewürzt.

       Chiesa di Dante e Beatrice: tgl. frei zugänglich 8–12.30 und 17–19 Uhr

       Die Verführung

      VON ADAM UND EVA

      Florenz steckt voller Szenen aus dem

      Alten und Neuen Testament

      Schon beim Pflichtgang zur goldenen Paradiespforte am Baptisterium wartet oben links Lorenzo Ghibertis »Erschaffung des Menschen«: Auf der einen Seite hilft Gott Adam aufzustehen, in der Bildmitte entschwebt die formschöne Eva aus Adams Rücken, rechts werden die beiden beim Sündenfall erwischt und aus dem Paradies gejagt.

      Das weckt die Neugier: Wo sonst noch lassen sich unsere Urahnen von der hinterlistigen Schlange verführen? An der Westseite des Campanile beginnen die Reliefs am Sockel mit der Erschaffung der beiden, im dritten Bild schwitzen sie bereits bei der Landarbeit. Auch im Dom werden Spürnasen fündig in Domenico di Michelinos »Dante und die Göttliche Komödie«. Links torkeln die Verdammten in die Hölle, in der Mitte führt der spiralförmige Weg des Läuterungsbergs die Gläubigen ins Paradies, auf der Spitze leuchten Adam und Eva, als wäre nichts geschehen.

      Nächste Station: der Palazzo Vecchio. Geblendet von Michelangelos »David« und »Herkules« eilt man durch das Tor, um den zierlichen Putto mit dem spuckenden Delfin zu finden. Stopp! Schnell ein paar Schritte zurück, denn den Haupteingang flankieren zwei kleine Statuen, etwas mickrig zwar, aber immerhin aus dem Garten Eden. Nebenan versprechen die Uffizien reiche Funde: In Saal 20 hängen »Adam und Eva« von Hans Baldung (1484–1545), einem Schüler von Albrecht Dürer. Adam scheint den Apfel zu verschmähen, schaut etwas hochnäsig in den Himmel. Im selben Raum stellt es sich Lucas Cranach der Ältere (1472–1553) anders vor. Seine zierliche Eva hält den Apfel besonders verführerisch in der ausgestreckten Hand. Adam muss sich das Angebot wohl noch überlegen, kratzt sich erst mal am Hinterkopf.

      Im wunderschönen gotischen Chiostro Verde, dem Kloster von Santa Maria Novella, hat Paolo Uccello (1397–1475) den Sündenfall gemalt: Die Vertreibung aus dem Garten Eden endet für Adam mit der Harke in der Hand auf dem Acker.

      Jenseits des Arno hat in der Brancacci-Kapelle der Maler Masaccio (1401–1428) die Vertreibung schonungslos realistisch dargestellt: gequälte Gesichter, verschämte Gestik, dramatisch die Schritte in ein ungewisses Leben außerhalb von Eden. Im prüden 16. Jahrhundert wurde die Scham von Adam und Eva mit den Blättchen eines Zweiges bedeckt, bei der Restaurierung hat man die Dekoration entfernt. Den Unterschied zwischen Renaissance und der vorausgehenden Gotik sehen die Besucher im selben Raum mit dem Sündenfall von Masaccios Meister Masolino da Panicale (1383–1447): Die beiden Eden-Bewohner in graziöser Haltung wirken zurückhaltend und zart.

      Der Palazzo Pitti zeigt in der Galeria Palatina eine außergewöhnliche Darstellung des biblischen Paares von Jacopo Bassano (1515–1592). Ein Ochse lässt vermuten, dass beide in einem Stall liegen, bequem auf einer Decke, in schönster Nacktheit einander zugewandt, ein Liebespärchen ohne Arg. Ein bevorstehender, neuer Sündenfall oder schon ein Hinweis auf den Messias?

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       Josef bekommt

      BESUCH

      Zum Glück liegt Santa Trinita abseits,

      gut für stille Betrachtungen

      Keine Frage: In der Sassetti-Kapelle der Kirche Santa Trinita hat Domenico Ghirlandaio (1449–1494) seine Kunst zur Vollendung gebracht. Das Einfühlungsvermögen in die Situation seiner Figuren wird besonders im Altarbild »Anbetung der Hirten« deutlich. Ein Lamm als Geschenk im Arm, betrachten die herbeigeeilten Schafhirten das Jesuskind, das der Künstler nicht auf Heu und Stroh gebettet hat, sondern auf einem seidenen Tuch, beäugt von einem bunten Distelfink. Ochs und Esel blicken mit fast menschlicher Anteilnahme auf das Kind. Das schwarze Auge des Ochsen leuchtet, der Esel blickt auf den hinter Maria liegenden Sattel – ein Hinweis auf die bevorstehende Flucht nach Ägypten? Die Gottesmutter betrachtet versonnen und glücklich das strampelnde, am Zeigefinger lutschende Baby. Und dann der alte Zimmermann, der sich als Hüter der Familie wohl etwas mehr Ruhe wünscht. Die Hirten stehen noch vor der Krippe. Josef hat den Kopf leicht nach hinten gelegt, greift sich mit seiner rechten Hand verzweifelt an die Stirn, die Augen nach oben verdreht, Bart und Haarschopf sind ergraut. Den alten Mann hat der Mut verlassen, denn auf dem Berghang im Hintergrund zieht ein Strom von Menschen zu Fuß, mit dem Wagen und zu Pferd in Richtung Stall von Bethlehem. Deutlich sind die Heiligen Drei Könige in der Menge auszumachen. Wäre in der Renaissance die Sprechblase schon erfunden gewesen, hätte in ihr bestimmt »Schon wieder Besuch!?« gestanden.

      Schauen Sie sich über dem genialen Altarbild auch das Fresko »Franziskus von Assisi erweckt einen Knaben zum Leben« an, um Ghirlandaio besser kennenzulernen. Seinen Namen trug er seit der Zeit als Goldschmied, seine Spezialität waren damals sogenannte Girlanden, der Kopfschmuck der Florentiner Damenwelt. Wie andere Künstler der Renaissance ging auch Ghirlandaio dazu über, auf seinen Werken statt der Signatur sich selbst darzustellen. Die Künstler hatten ihren Platz in der Gesellschaft gefunden und dokumentierten mit den Porträts ihr gestiegenes Selbstbewusstsein. So gesellt sich Ghirlandaio auch im oben erwähnten Fresko zur Reihe einiger Berühmtheiten der Stadt Florenz. In der Männergruppe rechts an einem Pfeiler steht Ghirlandaio im blauroten Gewand und rotem Überwurf sowie einer roten Malerkappe. Der Künstler schaut den Betrachtern direkt in die Augen. Wie schade, dass Ghirlandaio, mitten im Schaffen, im Alter von nur 45 Jahren starb, wahrscheinlich an der Pest.

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      GLÜCKSVERSTÄRKER

      Gleich bei der Trinita beginnt die vielleicht edelste Einkaufsstraße der Stadt, die Via Tornabuoni mit feinen Boutiquen im Erdgeschoss der riesigen Paläste, in denen oben Architekten und Versicherungen residieren. Darunter reihen sich Tiffany und Saint Laurent, Prada und Gucci aneinander – und schräg gegenüber der Kirche Salvatore Ferragamo mit seinem Schuhmuseum.

       Zuschauen

      UND STAUNEN

      Zu den historischen Werkstätten im

      Stadtteil Oltrarno

      Selbstbewusstsein hat hier Tradition: Die Florentiner Handwerker hatten sich im Mittelalter in Zünften organisiert und besaßen Mitspracherecht in der Stadtregierung. Einige ihrer bottege, wie die Werkstätten auf Italienisch heißen, sind bis heute südlich des Arno in den Vierteln Santo Spirito, San Frediano und San Niccolo erhalten geblieben. Die Meister, rund 20 an der Zahl, lassen sich dort von Besuchern gern über die Schulter schauen. Einige Beispiele:

      In der Via Romana 58 demonstriert Omero Benvenuti, wie ein Ledereinband für Bücher oder Agenden entsteht. Dafür benutzt er, wie es seine Vorgänger seit dem 16. Jahrhundert taten, Schablonen, um das von Hand kunstvoll marmorierte Papier zuzuschneiden. Für den Buchrücken verwendet Benvenuti Leder und steckt alles zusammen in die schwere

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