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      Die braunhäutige Schönheit breitete die Arme aus.

      „Nur Wind weiß“, erklärte sie philosophisch. „Von Großes Donnerer jetzt nur noch Kopf übrig, Schrumpfkopf für Tauschhandel.“

      „Heiliger Bimbam“, murmelte Smoky.

      Hasard fuhr sich mit dem Handrücken über das Kinn und warf einen Blick auf seine Söhne, die die Südsee-Lady fasziniert und völlig unerschüttert betrachteten.

      „Der große Donnerer lebt also nicht mehr?“ vergewisserte sich der Seewolf.

      „Lebt nicht mehr.“ Nuami nickte. „Er mit uns wohnte auf kleiner Insel, was heißt Mond-Insel. Kam mit Boot auf Insel, weil Schiff gesunken war. Nahm Nuami zur Frau, Muna, Luana …“

      Die Aufzählung der Namen ging weiter. Die Augen der Zuhörer wurden immer größer.

      „D-das sind ja zehn!“ stotterte Luke Morgan ungläubig.

      „Zehn“, bestätigte Nuami ungerührt. „Großer Donnerer guter Mann. Aber Krieger von Nachbarinsel erschienen, brachten Großes Donnerer um und machten Schrumpfkopf aus ihm. Und dann sie erschienen noch einmal und entführten Nuami. Aber Nuami ist ihnen entwischt. Breites braunes Mann wie Felsen hat sie gerettet.“

      Dabei strahlte sie wieder Smoky an.

      Der schluckte verwirrt. Daß sie mit „breites braunes Mann wie Felsen“ ihn meinte, hatte er inzwischen begriffen. Aber mußte sie deshalb gleich auf Tuchfühlung gehen, seine breite Brust streicheln und ihn mit schwärmerischen Blicken bedenken? Nicht, daß er etwas gegen Tuchfühlung mit schönen Südsee-Ladys gehabt hätte. Aber so vor aller Augen …

      „Ich nehme an, daß Sie auf Ihre Mond-Insel zurückmöchten“, sagte Hasard. „Ist das weit von hier?“

      „Nicht weit. Halbe Stunde mit Schiff. Ihr mich werdet hinbringen?“

      Hasard nickte. Nuami strahlte.

      „Ihr dort willkommen“, versicherte sie. „Wir werden großes Fest feiern. Viele hübsche Mädchen für Freunde von breites braunes Mann wie Felsen.“

      Nicht viel fehlte, und Hasard hätte sich an den Kopf gegriffen.

      Das wurde ja immer schöner! Und seine Männer grinsten sich eins, als seien Weihnachten, Ostern und drei Faß Rum auf einen Tag gefallen. Aber es half alles nichts: wenn sie die Perle der Südsee nicht an Bord behalten wollten, mußten sie die Mond-Insel ansteuern, wo die vielen hübschen Mädchen auf die „Freunde von breites braunes Mann wie Felsen“ warteten.

      Wahrscheinlich, dachte der Seewolf, hatte Smoky noch nie so viele erklärte Freunde gehabt wie in diesen Minuten.

      Eine Viertelstunde später war die „Mond-Insel“ bereits in Sicht.

      Ihren Namen hatte sie zweifellos der Sichelform zu verdanken. Die Bucht zwischen den Landzungen, die die beiden Spitzen der Sichel bildeten, bot einen erstklassigen Ankergrund, und nach einer weiteren Viertelstunde lag die „Isabella“ dort so sicher wie in Abrahams Schoß.

      Das Ankermanöver hatte allerdings schon mal besser geklappt.

      Zwei Dutzend braunhäutige Insulaner standen am Strand, winkten und schwenkten Blumenkränze zur Begrüßung. Bis auf einige Ausnahmen bestand die ganze Gruppe aus leichtbekleideter, bildhübscher Weiblichkeit. Der Profos mochte brüllen, fluchen und toben: die Männer verrenkten sich die Hälse mehr nach dem Empfangskomitee, denn nach dem Ankergeschirr.

      Ben Brighton, der neben Hasard an der Schmuckbalustrade des Achterkastells stand, seufzte schicksalsergeben, obwohl auch der ruhige, besonnene Bootsmann nicht verleugnen konnte, daß er ein gewisses Funkeln in den Augen hatte.

      „Das wird ja ein tolles Fest“, sagte er trocken. „Ich fürchte, wenn du sofort wieder ankerauf gehen läßt, bricht eine Meuterei aus.“

      Hasard nickte grimmig.

      Aber er plante ohnehin nicht, gleich wieder ankerauf zu gehen. Schließlich konnte man die wartenden Damen nicht beleidigen. Und die Männer brauchten ohnehin mal wieder eine Abwechslung. Hier, auf diesem winzigen Eiland der Salomon-Inseln, herrschte daran offenbar kein Mangel, und daß die Südsee-Perlen, deren heißgeliebter „großer Donnerer“ zum Schrumpfkopf verarbeitet worden war, dem männlichen Besuch sehr wohlwollend gegenüberstanden, ließ sich deutlich an ihren strahlenden Gesichtern ablesen.

      Der Seewolf, Ben Brighton, Ed Carberry und Smoky begleiteten Nuami an Land.

      Letztere wich nicht von der Seite des Decksältesten und ließ keine Gelegenheit aus, die Wange an seine Schulter zu legen oder ihm tief in die Augen zu blicken. Smoky hatte schon rote Ohren. Die anderen feixten, aber kaum daß sie einen Fuß auf den Strand gesetzt hatten, kriegten sie auch ihren Teil.

      Nuamis wortreicher Erklärung in ihrer Heimatsprache folgte allgemeiner Jubel.

      Eine bildschöne, samthäutige Insulanerin mit träumerischen Rehaugen stellte sich vor Hasard auf die Zehenspitzen, hängte ihm ihren Blumenkranz um, wodurch ihre eigene Bekleidung noch etwas leichter wurde, und küßte ihn, ehe er recht wußte, wie ihm geschah.

      „Ich Luana“, sagte sie. „Du schöner Mann!“

      „Ich Muna“, zwitscherte eine ihrer Freundinnen, und im nächsten Moment war auch Edwin Carberry bekränzt. Der Profos schluckte erschrocken, und seine Ohren wurden genauso rot wie bei Smoky, als die Schöne hingebungsvoll sein zernarbtes Rammkinn streichelte. Die Dame, die sich Ben Brightons annahm, hieß Cori und stand ihren Geschlechtsgenossinnen um nichts nach. Jede einzelne dieser Südsee-Perlen war eine Schönheit, und diejenigen, die noch kein Opfer für Kranz und Kuß gefunden hatten, winkten zur „Isabella“ hinüber und hatten sehnsüchtige Augen.

      Es stand fest, daß der „große Donnerer“ zu seinen Lebzeiten ein beneidenswerter Mann gewesen war.

      2.

      Über den Feuergruben am Strand drehten sich Wildschweine am Spieß.

      Kawa-Schalen und Rumflachen kreisten, einer der Männer, die noch nicht die Flucht vor den kriegerischen Kannibalen der Nachbarinsel ergriffen hatten, schlug das Tomtom. Außer diesen wenigen männlichen Insulanern hatte nur der Damenflor des „Großen Donnerers“, bis heute der Bedrohung getrotzt. Und sie waren fest entschlossen, auch in Zukunft hierzubleiben. Die Feinde hatten zwar den Kopf des „Donnerers“ erwischt, aber nicht sein Donnerrohr, und das erschien den Südsee-Perlen zu ihrer Verteidigung ausreichend.

      Das Lob des Dahingeschiedenen wurde überhaupt sehr ausgiebig gesungen, wenigstens zu Anfang.

      Dann allerdings handelten die samthäutigen Schönen nach dem Gesetz des praktischen Menschenverstandes, der ihnen sagte, daß es ein toter „Donnerer“ nicht mit höchst lebendigen Seewölfen aufnehmen konnte. Luana schmiegte sich an Hasard und verstand plötzlich kein Englisch mehr, als er ihr zu erklären versuchte, warum er nicht die Nachfolge des verblichenen Paschas antreten könne.

      Nuami versorgte Smoky mit Rum, kraulte sein Haar, himmelte ihn an und sorgte dafür, daß seine Ohren ihre rote Farbe behielten. Der bullige Decksälteste war ein ernsthafter Mann und – außer in einem handfesten Kampf – jeder Übertreibung abhold. Ganz so viel Anbetung hätte er seiner Meinung gar nicht zu sein brauchen. Daß ihn die schwarzhaarige Perle der Südsee „stark wie einen Felsen“ nannte, ließ er sich ja noch gefallen. Aber „schön wie eine Blume“ – das ging wirklich zu weit.

      Dan O’Flynn lehnte vergnügt an einem Palmenstamm und hatte nichts dagegen, daß die Ladys sein blondes Haar mit blumigen Redewendungen bedachten.

      Ed Carberry beschimpfte Sir John, den Ara-Papagei, weil der Vogel mit seiner Vorliebe für saftige Flüche einfach nicht wußte, wie man sich in Gegenwart von Ladys zu benehmen hatte. Muna kraulte indessen das zernarbte Rammkinn des Profos.

      Sam Roscill, der drahtige früherere Karibik-Pirat, erzählte seiner Schönen eine Gesichte, bei der er Hände

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