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und Don Juan wechselten einen Blick. Istanbul, so schien es, unterschied sich kaum von anderen Orten dieser Welt, an denen Menschen auf engem Raum zusammenlebten. Mit Ungerechtigkeiten machten sie sich gegenseitig das Leben zur Hölle. Und Männer, die ehrlich versuchten, etwas dagegen zu unternehmen, wurden wegen ihrer Hilfsbereitschaft von ihresgleichen angefeindet.

      „Wir wollen versuchen, den Mörder von Yildiz zu finden“, sagte der Seewolf. „Wo können wir mit der Suche anfangen?“

      Der Informant senkte seine Stimme zum Flüsterton. „Es ist so gut wie unmöglich, eine Spur aufzunehmen. Ich wüßte nur einen einzigen Weg. Aber der wäre sehr gefährlich.“

      „Wir sind bereit, ein Risiko zu tragen“, sagte Don Juan.

      „Lassen Sie hören“, drängte Hasard.

      Der Spanier steckte dem Türken eine weitere Silbermünze zu. Der Servierjunge erschien mit neuem Kaffee. Ezgin wartete, bis der Junge außer Hörweite war.

      „Es kursiert ein bestimmtes Gerücht in der Stadt. Und zwar darüber, wie man jemanden ermordet, ohne sich selbst die Finger zu beschmutzen. Man beauftragt den Höllenfürsten.“

      „So soll es auch im Falle Yildiz gewesen sein“, entgegnete Hasard.

      Ezgin nickte. „Lassen Sie durchsickern, daß Sie jemanden aus dem Weg geschafft haben möchten. Wer das Opfer sein soll, ist zunächst unwichtig. Ein Bote wird an Sie herantreten und sich anbieten, dem Höllenfürsten eine Nachricht zu überbringen. Das ist die Möglichkeit für Sie, eine Spur aufzunehmen.“

      „Und wie setzen wir das in Gang?“ fragte Don Juan.

      „Ich würde es übernehmen, die Nachricht unter das Volk zu bringen“, erwiderte Ezgin. „Sie müßten sich dann nur regelmäßig am selben Ort blicken lassen. Beispielsweise hier, in diesem Kaffeehaus, an diesem Platz.“

      „Einverstanden“, sagte der Seewolf.

      Don Juan erhöhte den Lohn des Türken um eine weitere Münze.

      „Wenn Sie sich gründlich informieren wollen, sollten Sie unbedingt auch noch mit Münnever Yildiz sprechen“, sagte Ezgin. „Das ist die Witwe des Ermordeten. Sie hat seine gedankliche Einstellung in die Tat umgesetzt. Es gibt bei den armen Leuten von Istanbul keinen beliebteren Menschen als Münnever Yildiz. Nun, ich denke, ich werde jetzt …“ Er unterbrach sich, während er dabei war, sich zu erheben. „Blicken Sie nicht zum Vordereingang“, sagte er, indem er sich wieder seinen beiden Gesprächspartner zuwandte. „Da sind ein paar Burschen aufgetaucht, denen wir besser nicht gemeinsam begegnen. Noch haben sie uns nicht gesehen. Es wäre ratsam, durch den Hinterausgang zu verschwinden.“

      „Was für Burschen?“ fragte Hasard.

      „Sie arbeiten für jenen Machtblock, gegen den sich Kemal Yildiz gewandt hat“, erwiderte Ezgin. „Niemand weiß genau, wer dahintersteht. Aber es sind einflußreiche Kreise, soviel steht fest.“

      Hasard und Don Juan waren einverstanden, sich zurückzuziehen. Ahmet Ezgin wirkte auf sie vertrauenerweckend. Kein Halsabschneider, der falsche Informationen verkaufte und seine Abnehmer hinterher ans Messer lieferte.

      Die Gelegenheit, unbemerkt zu verschwinden, ergab sich, als am Nebentisch drei Männer auf einmal aufstanden und sich in Richtung Vorderausgang zum Gehen wandten.

      Hasard, Don Juan und ihr türkischer Verbündeter schlüpften durch die Hintertür.

      Sie fanden sich auf einem weiteren Hof wieder, der von weißen, fensterlosen Mauern eingegrenzt wurde. Eine schmale Gassenverbindung führte offenbar zur nächstgelegenen Straße.

      „Ich werde von der Vorderseite ins Kaffeehaus zurückkehren“, sagte Ezgin. „Es ist mein gewohnter Aufenthaltsort. Sie sollten sich dagegen lieber entfernen.“

      Hasard wollte zustimmen und etwas erwidern.

      Ihm blieb der Ansatz der ersten Silbe im Hals stecken.

      Zwei Gestalten schnellten aus der Gassenverbindung hervor. Klingen blitzten.

      Ezgin stieß einen Entsetzenslaut aus. Im hastigen Zurückweichen stolperte er und schlug der Länge nach hin.

      Einer der Angreifer wollte sich auf ihn stürzen und mit seinem Krummsäbel zustoßen.

      Reaktionsschnell hatten Hasard und Don Juan blankgezogen.

      Mit einem sausenden Hieb traf Don Juan die Klinge des Mannes, der im Begriff war, Ezgin zu töten. Der Türke wurde aus dem Schwung gerissen. Durch die Wucht des Hiebes verlor er den Säbelgriff aus den Fingern. Er ruckte herum und wich von dem am Boden Liegenden zurück.

      Hasard hatte den zweiten Angreifer mit einer unbezwingbaren Parade zurückgetrieben. Geduckt und lauernd stand der Türke vor ihm, den Krummsäbel erhoben, bereit zur neuen Attacke. Keinen Sekundenbruchteil ließ Hasard den Mann aus den Augen. Am Rand seines Blickfelds sah er gleichzeitig, wie Don Juan den anderen mit dem Entersäbel zurückdrängte.

      Urplötzlich, ohne erkennbaren Bewegungsansatz, schnellte Hasards Gegner los.

      Der Seewolf duckte sich und federte zur Seite. Zischend fuhr die gekrümmte Klinge durch die Luft – haargenau an der Stelle, an der er eben noch gestanden hatte. Aus der Bewegung heraus antwortete Hasard mit einem blitzschnellen Gegenangriff. Der Türke parierte und schaffte es, noch einmal mit einer Attacke durchzustoßen.

      Hasard tauchte weg und konterte. Einmal gelang es dem Türken noch, seinen Gegenangriff abzuwehren. Dann hatte er der Kraft des hochgewachsenen Engländers nichts mehr entgegenzusetzen. Seine Klinge wurde zur Seite gefegt, der Stahl des Entersäbels traf ihn tödlich.

      Im selben Moment hatte Don Juans Gegner zum Krummdolch gegriffen. Die Aufforderung des Spaniers, sich nicht länger zur Wehr zu setzen, ignorierte er. Sein Angriff war blindwütig. Er lief geradezu in Don Juans Klinge hinein.

      Ahmet Ezgin rappelte sich auf und starrte fassungslos auf die beiden Toten.

      „Die Leichen müssen verschwinden“, sagte er atemlos. „Sie müssen wie vom Erdboden verschluckt sein. Kein Mensch darf jemals erfahren, wo sie geblieben sind.“

      „Wie wollen Sie das anstellen?“ sagte Hasard verwundert, während er den Säbel in die Scheide schob.

      Don Juan tat es ihm nach.

      „Wenn Sie mir nur rasch helfen“, sagte Ezgin und deutete auf eine Kellerluke. „Nach Einbruch der Dunkelheit werde ich die Toten von hier aus zur Küste bringen. An eine einsame Stelle. Dort werde ich sie versenken. Und zwar so, daß sie nie wieder auftauchen.“

      Hasard und Don Juan packten zu. Sie trugen die Toten zur Luke und senkten sie in das kühle, dunkle Geviert. Ezgin beseitigte unterdessen die Blutspuren, indem er sie mit Sand überdeckte.

      Keine drei Minuten waren nach dem Vorfall vergangen, als sie den Hinterhof verließen. Ihre Wege trennten sich, nachdem sich Ezgin dafür bedankt hatte, daß sie ihm das Leben gerettet hatten. Hasard und Don Juan waren sicher, daß sie sich auf ihn verlassen konnten. Die Ehrlichkeit dieses Mannes war nicht gespielt.

      Sie wußten jetzt, daß die Gegner des Kemal Yildiz bereits auf sie aufmerksam geworden waren. Man fürchtete ihre Nachforschungen. Die Gegenseite wußte allerdings nicht, daß Ahmet Ezgin ihr Informant war. Es war der Zeitvorsprung, den Hasard und Don Juan hatten.

       5.

      Münnever Yildiz empfing die beiden Männer in einem weißgetünchten Raum, einem der Besprechungszimmer des Palastes, in die sich ihr Mann oft zu vertraulichen Gesprächen mit seinen Geschäftsfreunden und auch mit seinen politischen Freunden zurückgezogen hatte.

      Hasard und Don Juan hatten Münnever ihre Anteilnahme ausgesprochen. Die schlanke, dunkelhaarige Frau wirkte sehr beherrscht. Nur die Ränder ihrer Augen zeigten, wie sehr sie um ihren Mann geweint haben mußte.

      „Es hat uns besonders getroffen“, sagte der Seewolf leise,

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