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an einer der Jakobsleitern ab. Unten ließen sie sich ins Wasser gleiten, und Dan schob das Stück Holz, auf dem er die wertvollen Pistolen befestigt hatte, vor sich her.

      Tatsächlich gelang es ihm, die Waffen unversehrt an Land zu befördern. Schweigend schwammen die sechs Männer nebeneinander her, und als sie das Ufer erreicht hatten, vergewisserten sie sich zunächst, daß sie von den Portugiesen auch nicht gesehen werden konnten.

      Aber die „Sao Paolo“ lag zwischen ihnen und dem davonziehenden Feind, und die Schatten der Nacht schlossen einen Vorhang zwischen den Gegnern.

      Hasard führte seine kleine Gruppe an Land. Dan O’Flynn schleppte das winzige „Floß“ mit den darauf festgezurrten Pistolen mit und ließ es neben sich ins Gebüsch sinken, als die Kameraden im Dickicht verharrten und sich hinkauerten.

      Sie blickten zur Galeone.

      Das Schiff hatte jetzt etwas mehr Tiefgang und begann – für einen Uneingeweihten kaum sichtbar – ein wenig nach Steuerbord zu krängen.

      „Ausgezeichnet, Ferris“, lobte der Seewolf. „Von jetzt an füllt sich der Schiffsinnenraum immer schneller mit Wasser. Falls die Dons jemals zurückkehren, finden sie den Kahn nicht wieder. Die See ist an dieser Stelle tief genug, um ihn in seiner vollen Größe zu schlucken.“

      Er richtete sich auf.

      Die Männer folgten seinem Beispiel, und sie strebten dem Verlauf des Pfades nach, den Sun Lo ihnen zuvor gebahnt und gekennzeichnet hatte.

      Am Flußufer lag ein Boot bereit. Gary Andrews und Bob Grey warteten darauf, mit ihnen zur „Isabella“ zu pullen. Hasard fiel Greys verstohlenes Lächeln auf, aber er wußte sich keinen Reim darauf zu bilden. Er berichtete den beiden kurz, was sich zugetragen hatte. Die Männer freuten sich über den Erfolg und schlugen Dan, Blacky, Smoky und Ferris auf die Schultern.

      Beim Seewolf wagten sie es nicht, aus Respekt. Bei Carberry trauten sie sich ebenfalls nicht recht, weil der vielleicht zurückschlug. Und wo der Profos hinlangte, wuchs kein Gras mehr.

      Die acht Männer stiegen ins Boot und pullten zur „Isabella“.

      Hasard saß auf der Heckducht und hielt die Ruderpinne. Als er zu seinem Schiff blickte, beschlich ihn ein merkwürdiges, fast resignierendes Gefühl.

      Wäre es nicht besser gewesen, die „Sao Paolo“ zu kapern und statt ihrer die „Isabella“ zu versenken? Die „Sao Paolo“ war völlig intakt und seetüchtig gewesen – die englische Lady nicht. Sie mußte erst mühsam wieder repariert, aufgetakelt und abgedichtet werden. Es brauchte seine Zeit, bis die Masten wieder wie neu standen und das Rigg in perfekter Ordnung war. Gefechtsschäden – die Portugiesen hatten sie wirklich arg in die Bredouille gebracht.

      Carberry drückte es jetzt auch aus, etwas drastischer allerdings: „Teufel, Männer, wenn ich daran denke, was wir noch an dem elenden Zuber zu tun haben, kriege ich das große Kotzen.“

      Gary Andrews und Bob Grey grinsten breit.

      „Ihr Zwerge“, sagte der Profos drohend. „Ihr Kakerlaken. Was gibt’s denn da zu grinsen, he? Ich werde euch das schon austreiben, ihr Rübenschweine. Das Ausruhen bekommt euch wohl nicht, was, wie?“

      Hasard schaute in diesem Moment jedoch genauer hin und zog verwundert die Augenbrauen hoch. Was war denn da auf seinem Schiff los? In den Wanten hingen Gestalten, soviel vermochte er im silbrigen Schein des Mondes wohl zu erkennen – aber es schien sich um drei, vier Dutzend Männer zu handeln, die an den Rahen hantierten, und so groß war seine Crew doch gar nicht.

      „He“, sagte er zu Carberry und den anderen. „Dreht euch mal kurz um!“

      Der Profos folgte der Aufforderung und stieß erstaunt aus: „Ja, da wird doch die Seekuh in der Pfanne verrückt!“

      „Jetzt spuck ich nach Luv“, erklärte Smoky verblüfft.

      Sie hatten noch mehr solcher Sprüche auf Lager, aber Dan O’Flynn unterbrach sie, ihm dämmerte es.

      „Das können nur Sun Lo und seine Mönche sein!“ rief er. „Diese Kerle! Sie sind nicht in die Berge zurückgekehrt, sondern helfen beim Ausbessern der Schäden!“

      So war es. Das Boot glitt bei der „Isabella“ längsseits, und kurz darauf enterten die acht Männer an Bord auf. Hier konnte der Seewolf sich davon überzeugen, wie weit die Arbeiten bereits fortgeschritten waren.

      Carberry kratzte sich mal wieder am Kinn und revidierte gründlich sein Urteil über Sun Lo, den Abt von Formosa. Eigentlich hatte er ihn für einen großen Theoretiker vor dem Herrn gehalten oder, anders ausgedrückt: für einen Spinner. Inzwischen hatte er aber einsehen müssen, daß dieser alte Mann ein sehr lebensnaher Mensch war – was die angewandten Verteidigungsgriffe betraf, die Orientierung im Dickicht und die Nothilfe auf einem ramponierten Schiff.

      Ben Brighton erstattete dem Seewolf Bericht, nachdem dieser ihm geschildert hatte, wie das Unternehmen an Bord der „Sao Paolo“ verlaufen war.

      „Sämtliche Lecks sind abgedichtet“, sagte Ben. „Die zerstörten Teile des Schanzkleides haben wir durch neue ersetzt. Das laufende und stehende Gut ist ebenfalls in Ordnung gebracht worden. Jetzt brauchen nur noch die Segel angeschlagen zu werden.“

      Sun Lo trat zu ihnen. „Ich habe von dem großen Mann mit dem grauen Bart vernommen, daß ihr im Morgengrauen aufbrechen könnt“, fügte er auf spanisch hinzu. Er meinte Shane, das war klar, Big Old Shane, der trotz seiner Rippenquetschungen tüchtig mit zugriff.

      Hasard ließ seinen Blick über Deck schweifen und schaute zu den Masten und Rahen hoch. Seine Männer und die Mönche von Formosa – bei Gott, was wäre die Welt ohne solche Menschen gewesen!

      Am Morgen – sehr früh, nach dem Abschied von Sun Lo und dessen Schülern – verließ die „Isabella VIII.“ die Mündung des Flusses. Eine halbe Meile vor der Küste fiel sie ab und ging platt vor den Westwind.

      Eigentlich hatte der Seewolf Formosa im Westen passieren wollen. Aber er hätte kreuzen müssen, um das Westufer zu erreichen, und das hätte ihn zuviel Zeit gekostet. Er zog es vor, die große Insel im Nordosten zu runden, wieder anzuluven und auf südlichen Kurs zu gehen. So befand sich die Galeone zwar in Lee der Insel, aber der Wind wehte frisch bis handig und trieb sie rasch genug voran.

      Hasard hatte Ben, Shane, Ferris, Smoky und Old O’Flynn zur Betrachtung des neuen Kartenmateri- als im Ruderhaus versammelt. Gary Andrews hatte Pete Ballie auf seinem Posten als Rudergänger abgelöst, von Zeit zu Zeit schaute auch er herüber.

      Die größte, beste Karte, die der Seewolf von Sun Lo erhalten hatte, wurde mit vereinten Kräften an der Rückwand des Ruderhauses festgepinnt. Hasard nahm sie noch einmal genau in Augenschein und fuhr mit der Fingerkuppe über Linien, Farben und Eintragungen. Die Erläuterungen waren mal in chinesischer Sprache, mal in uraltem, geschraubtem Portugiesisch abgefaßt. Man wurde kaum schlau daraus.

      „Alt, aber ungemein präzise“, stellte der Seewolf fest. „Ich habe Vergleiche mit meinen anderen Karten angestellt und nur bestätigen können, was Sun Lo mir gesagt hat: Nach dieser Karte können wir uns mindestens bis zu den Philippinen hin einwandfrei bewegen.“

      „Woher hat der Mönch sie?“ wollte der alte O’Flynn wissen.

      „Als er noch in Kanton war, hat sie ihm ein Pilger ausgehändigt“, erwiderte Hasard. „Das ist eine verworrene Geschichte, aus der ich nicht ganz schlau geworden bin. Auf jeden Fall ist diese Karte fast hundert Jahre alt. Wenn ich richtig verstanden habe, soll ein Abgesandter der Republik Venedig sie in Zusammenarbeit mit chinesischen Seefahrern ausgearbeitet haben, aber das ist für uns ja nicht von Bedeutung.“

      Carberry sagte: „Wenn wir stur nach Süden laufen, segeln wir genau auf die Philippinen zu, nach, äh – Luzon.“ Er beugte sich vor und beäugte die Karte aus der Nähe. Sir John, der Papagei, wanderte schaukelnden Schrittes von seiner rechten Schulter aus auf seinen Rücken und blieb dort sitzen. „Und da“, meinte der Profos. „Da ist ja auch Manila. Legen wir dort keine – keine Rast ein?“

      Shane

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