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auf Legerwall geraten, und dann saß die „Hornet“ fest und mit ihr der Schwarze Segler.

      Thorfin erkannte zwar auch die Gunst des Augenblicks und klammerte das Risiko nicht aus, aber er nickte fast stoisch, ging weiter nach achtern und vollführte da reichlich seltsame Bewegungen.

      Für den Profos, der in der Kuhl neben einer der Culverinen stand, war das erneut Anlaß zum Kopfschütteln. Er wunderte sich wieder einmal über den eigenwilligen nordischen Riesen, der da auf dem Achterdeck in Felle gehüllt dastand, und eine Art Tanz aufführte, wobei er wild mit den Armen in der Luft ruderte.

      „Was gibt das denn jetzt?“ fragte er den blonden Schweden Stenmark, der Zündkraut in die Kanonen stopfte.

      Stenmark, ebenfalls aus dem Norden stammend, grinste infam, wurde dann aber unvermittelt ernst.

      „Das ist der Entdeckertanz aus dem sagenhaften Thule“, erklärte er unverfroren. „Thorfin freut sich, daß es bald weiter nach Norden geht“

      Carberry warf dem Schweden einen mißtrauischen Blick zu.

      „Entdeckertanz? Das willst du mir verklaren?“

      „Sicher, den tanzen die Wikinger bei jeder Gelegenheit. Dabei halten sie sich an den Händen und tanzen von achtern über alle Decks bis nach vorn.“

      Carberry sah das versteckte Grinsen im Gesicht seines rothaarigen Freundes Ferris Tucker und holte schon mit dem Stiefel zu einem gewaltigen Tritt aus. Stenmark drückte vorsichtshalber das Kreuz durch und sprang schnell zur Seite.

      „Verhol dich bloß, du Kabeljau-Kapitän“, drohte Ed, „sonst killen dir gleich die Hosen.“

      Nach seinen letzten Worten sah er, wie „Eiliger Drache über den Wassern“ den Kurs änderte. Eine Handvoll verwegen aussehender Kerle braßte an, die Rahen schwangen leicht herum, Schoten wurden durchgeholt, und zwei weitere stark gelohte Segel anschließend gesetzt. „Eiliger Drache“, diese Mischung aus Galeone und chinesischer Dschunke, schnaubte wie ein Untier durch das Meer und nahm mehr Fahrt auf. Der riesige Bug tauchte tief ein und warf dichte Fahnen von Gischt über das Schiff.

      Langsam segelte es an Steuerbord auf und war bald darauf auf gleicher Höhe mit der „Hornet“.

      Al Conroy gab dem blonden Schweden ein Zeichen mit der Hand.

      „Zünden, Stenmark!“

      Stenmark drückte den glimmenden Luntenstock aufs Zündkraut und sah interessiert zu, wie es zischte und knisterte. Dann zündete das Pulver. Der Explosionsdruck jagte die Kugel aus der Kanone hinaus. Durch den Rückstoß rumpelte sie auf die Lafette zurück, bis die Brooktaue sie stoppten.

      Ein Blitz, ein dichter Schleier aus verwehendem Pulver, und der Eisenbrokken heulte der „Louise II“ nach.

      Der Schuß lag zu kurz. Eine halbe Kabellänge hinter dem flüchtenden Franzosen klatschte die Kugel ins Meer und ließ eine hohe Fontäne aufsteigen, die rauschend in sich zusammenfiel.

      Stenmark sah, wie sie drüben die Köpfe einzogen. Einige warfen sich nach dem Aufblitzen auch sofort auf die Planken.

      „Die wissen genau, daß wir sie noch nicht treffen“, sagte er zu dem Waffen- und Stückmeister, „trotzdem haben sie eine direkt hündische Angst vor uns.“

      „Kein Wunder. Wir haben ihnen ja auch ganz schön eingeheizt.“

      Die nächste Kanone wurde gezündet, anschließend gewischt und gleich wieder nachgeladen.

      Mac Pellew ging vorbei. In der Hand trug er einen dampfenden Topf, der fürs Achterdeck bestimmt war. In dem Topf befand sich kräftige, kochendheiße Hühnerbrühe. Pellews Gesicht drückte wieder einmal alle Bitternis dieser Welt aus. Er sah so griesgrämig drein, daß Stenmark glaubte, nun hätte endgültig ihr letztes Stündlein geschlagen, und sie alle könnten sich nur noch auf einen letzten Abgesang von dieser Welt vorbereiten.

      Aber so sah Mac Pellew, Koch, Feldscher, Knochenflicker und vorzüglicher Seemann, immer aus. Ihn konnte auch nichts erschüttern. Selbst als die dritte Kanone ihren Eisenhagel über die See spuckte und rumpelnd zurückrollte, störte das Mac nicht. Dabei sauste die Lafette so dicht an ihm vorbei, daß sie ihn fast umgerissen hätte.

      „Kannst du nicht aufpassen, Mac“, knurrte Smoky. „Viel hätte nicht gefehlt, und die Kugel wäre durch deinen Suppentopf gedonnert.“

      Pellew sah Smoky mit seinem Totengräberblick an.

      „Wäre schade um die schöne Brühe gewesen“, bemerkte er mit Grabesstimme. Und während es um ihn herum rumpelte und knallte, blitzte und donnerte, ging er wie ein in Wolken gehüllter Geist weiter. Nur hin und wieder drückte er leicht das Kreuz durch, wenn eins der Geschütze grollend dicht neben ihm vorbeizuckte.

      Als er das Achterdeck erreichte und Mucks mit heißer Brühe verteilte, hatte der Schwarze Segler die „Hornet“ längst überholt und versuchte nun, der „Louise“ den Weg zu verlegen.

      Drüben versuchten sie, dem Teufel ein Ohr abzusegeln, doch die Franzosen hatten Kerle hinter sich, die selbst in die Hölle segeln würden, um dort des Teufels Großmutter zu rupfen.

      Hasard sah, wie ein paar der Kerle zusammenliefen, an die Nagelbänke gingen und dort wild hantierten.

      „Sie versuchen gleich, nach Nordwesten auszukneifen“, sagte er. „Bereitet euch auf das Manöver vor.“

      Seine Vermutung bewahrheitete sich prompt. Nur knapp eine Minute später drehte die „Louise“ ab und ging auf Nordwestkurs. Die „Hornet“ folgte ihr unerbittlich, und ebenso unerbittlich blieb der Schwarze Segler hinter ihr, der jetzt noch weiter aufgeschlossen hatte.

      Auf dem flüchtenden Franzosen, der sich durch immer weitere waghalsige Manöver zu retten versuchte, herrschten Zustand, Chaos, Tod und Verzweiflung.

      Das Schiff war schwer angeschlagen, etliche Männer waren tot, und an Deck lagen Verwundete herum, die von den Splittern getroffen worden waren.

      Ein paarmal war es ihnen gelungen, den beiden Schiffen auszuweichen, doch selbst dabei hatten sie schwere Verluste erlitten, denn die „Hornet“ und das unheimliche schwarze Schiff ließen nicht locker.

      Von dem Briten flogen immer noch Brandpfeile herüber und richteten Verwüstungen an. Hin und wieder ließ sie ein berstender Schlag zusammenzukken, und dann flogen Trümmer nach allen Richtungen.

      Am schlimmsten aber traf es sie, daß sie nun keinen Kapitän mehr hatten, denn Saint-Jacques lag sterbend auf den Planken. Neben ihm lag Gautier, bereits tot, von einem der großen Pfeile getroffen, die die Briten immer wieder abfeuerten.

      Saint-Jacques, den sie schon für tot gehalten hatten, hob noch einmal mühsam den Kopf und Versuchte, etwas zu erkennen. Die wabernden Schleier vor seinen Augen wurden immer wilder, der Kampfeslärm erstarb scheinbar, und er glaubte, seine „Louise II“ friedlich durchs Wasser segeln zu sehen.

      Ein Mann sprang auf ihn zu und versuchte, ihn aufzurichten. Doch diese Berührung verstärkte nur seine Schmerzen. Heiße Wellen durchtobten seinen Körper. Einmal meinte er zu sehen, daß das ganze Deck blutrot gefärbt war, dann wieder glaubte er, in endlose Abgründe zu stürzen und hörte überlautes Dröhnen und Krachen.

      Rauch war um ihn herum, dichter dunkler Rauch, den die „Louise II“ wie eine lange Fahne hinter sich herzog.

      Der Mann, der ihn immer noch aufzurichten versuchte, verschwamm zu einer grotesk verzerrten Gestalt, die nur noch aus Rauch und dichten Schwaden bestand. Saint-Jacques sah nicht mehr die Panik, die auf seinem Schiff ausbrach, und er sah auch das gewaltige Schiff nicht mehr. Ebenso löste sich der verfolgende Brite in ein Nichts auf.

      Erneut stürzte er. Diesmal in unheimliche Tiefen.

      „Er ist tot“, sagte ein entnervter Mann tonlos und ließ den Kapitän wieder auf die Planken zurückgleiten.

      Von Grauen gepackt, blickten die anderen sich an. Nein, aus dieser Hölle gab es kein Entrinnen mehr, das sah jeder ein. Sie wußten auch nicht mehr,

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