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Art Trostpflästerchen, ein Happen, den Uluch Ali als zweites Frühstück verschlang.

      So ein Trostpflästerchen stimmte froh und gnädig und bedeutete für Muley Salah ein klein wenig Aufschub. Sein Ansehen bei Uluch Ali würde das auch wieder etwas aufpolieren, und so rieb er sich die Hände.

      „Kurs auf den Christenhund!“, befahl er dem Rudergänger. Dann winkte er herrisch einen anderen Mann zu sich heran.

      „Gib den anderen ein Zeichen, daß wir den Kurs ändern. Wir halten auf den Giaur zu und nehmen ihn ein bißchen auseinander. Signale sind ja für solche Fälle vereinbart worden.“

      Der Mann nickte heftig. Sprechen konnte er nicht, nur unverständlich lallen und eine Art Grunzen von sich geben. Er hatte einmal einen Befehl nicht richtig ausgeführt und Verluste erlitten. Dafür, daß er so kläglich versagt hatte, hatte Muley Salah ihn noch großmütigerweise mit einem Goldstück belohnt. Dieses Goldstück hatte er ihm in den Mund geschoben. Mit einer Zange allerdings, denn Muley Salah konnte glühende Goldstükke nicht anfassen. Seither sprach der Kerl nicht mehr, war ihm aber mehr als treu ergeben.

      So ein glühendes Goldstück würde er sich selbst auch bald einhandeln, dachte er, wenn er die verdammte Sambuke nicht endlich fand. Und Uluch Ali würde es ihm ebenfalls mit einer Zange servieren, denn auch er mochte glühende Goldstücke nicht anfassen.

      Er blickte zu den beiden anderen Feluken hinüber, die jetzt aufschlossen und dichter heransegelten. Auf jeder befanden sich fünfzehn Schnapphähne der allerübelsten Sorte. Das waren fünfundvierzig sturm- und kampferprobte Halunken, die den Scheitan am Schwanz zogen. Mit denen würde er die englische Karavelle knacken, kein Zweifel. Die Kerle auf seinem eigenen Schiff brannten schon darauf und wetzten die Messer, obwohl sie noch gar nicht genau wußten, was anlag. Sie rochen es wie Hunde, sie witterten es förmlich, und sie lauerten wie die Aasgeier auf Beute.

      Salah griff nach dem in Elfenbein und Messing eingelegten Spektiv und setzte es ans rechte Auge. Es war ein gutes Spektiv, ein spanisches Beutestück, und es ließ die Karavelle fast sprunghaft näher heranrücken.

      Der schmale grausame Mund lächelte bösartig. Der schwarze Bartschatten verstärkte das grausame Grinsen noch mehr, die sehnigen Hände verkrampften sich um den Kieker.

      Er sah den Bug, der sanft in die See tauchte, und musterte dann die Männer an Deck.

      „Zwölf bis fünfzehn höchstens“, murmelte er erstaunt. Dann suchte er nach den Stückpforten und fand auf der einen Seite zwei kleine, die fest verschlossen waren.

      Der Blick durch das Spektiv wanderte weiter und verharrte ungläubig auf der Kuhl. Da standen wahrhaftig zwei Stücke kleinen Kalibers, aber sorfältig abgedeckt, damit kein Salzwasser sie bespritzte. Sie waren festgezurrt und umwickelt wie zwei große Würste, und die verfluchten Giaurs würden allein eine halbe Stunde damit beschäftigt sein, sie abzudecken und feuerbereit zu kriegen.

      „Das scheint ja ein ganz ahnungsloser Idiot zu sein“, sagte Salah zu einem kleinen schwarzhaarigen Mann, der neben ihm stand und ebenfalls angestrengt mit den bloßen Augen zu der englischen Karavelle spähte.

      Der Schwarzhaarige war Türke und sah auch die Einzelheiten ohne Spektiv sehr gut. Jedenfalls erkannte er auf den ersten Blick, daß die Giaurs gar nicht in der Lage waren, sich kräftig zu wehren.

      „Domuzun evläflari“, sagte er verächtlich, was soviel bedeutete wie: Kinder von Schweinen, ein überaus verächtlicher Ausdruck.

      „Allah sizi kahretsin!“ fügte er hinzu, Allah möge die Kerle zur Hölle schikken.

      „Allah?“ fragte Muley Salah höhnisch. „Das tun wir selbst, Salih. Dazu brauchen wir nicht Allahs Hilfe. Wir lassen diesen Christenhund noch ein Weilchen auf Kurs laufen, dann gehen wir hoch an den Wind und über Stag. Er hat den besseren Wind, wir haben die schlechtere Position. Deshalb wenden wir kurz vorher.“

      Der Türke nickte erfreut. Viel Beute versprach der Engländer ja nicht, aber sie konnten ihre Wut an ihm auslassen und hatten einen kleinen Erfolg, der Uluch Ali gnädig stimmen würde, das war sicher.

      Er konnte ein paar der Gefangenen ebenfalls nach Bengasi zu Uluch Alis Residenz bringen lassen, und der alte Piratenhund konnte sich dann zwischen Frühstück und Mittagessen an den rollenden Köpfen erfreuen.

      Noch einmal blickte er durch das Spektiv. Dann sah er in die andere Richtung und nickte zufrieden. Die eine Feluke segelte jetzt zur Backbordseite des Engländers, um ihn von dort in die Zange zu nehmen. Er selbst und die Kerle des anderen Schiffes würden den Giaur von Steuerbord packen. Dann hatte er nicht die geringste Chance, zu entwischen.

      Eine knappe Viertelstunde noch segelten sie aufeinander zu, dann ging die erste Feluke über Stag. Die zweite folgte, und als alle beide auf dem richtigen Kurs lagen, gab Muley Salah ebenfalls das Zeichen zum Wenden.

      Damit waren die Engländer eingekreist.

      Und diese verdammten Christenhunde haben immer noch ihre Stückpforten verschlossen, dachte Muley.

      So viel Dummheit auf einem Haufen gab es im ganzen Mittelmeer nicht.

      Zumindest, so nahm Roger jedenfalls an, hätte sich Archibald Cribbs Gesicht jetzt erheblich verdüstern müssen, denn nun ging auch dem Dümmsten an Bord auf, daß die drei Feluken ihnen nicht den freundlichen arabischen Gruß entbieten würden.

      Aber Cribbs in seiner frommen Einfalt hielt immer noch die Bibel fest umklammert und blickte den heransegelnden Feluken wohlwollend entgegen.

      Vielleicht dachte er insgeheim an ein orientalisches Schwätzchen von Bord zu Bord, etwas Neugier und völkerverbindende Verständigung. Für Archibald war die Welt heil und immer in Ordnung, und jene, die sich bekriegten, die hatten sich das selbst zuzuschreiben, denn alle Probleme hätten sich durch eine nette Geste von selbst gelöst.

      „Verdammt, der eine Kerl geht über Stag“, sagte Roger zum Bootsmann. „Die beiden anderen werden auch gleich wenden. Kannst du die Kerle an Deck sehen?“

      Das Gesicht des Bootsmanns hatte sich schon seit einer Weile verfinstert. Es war mißtrauisch und drohend geworden, sein Blick fiel immer wieder auf die Belegnägel an der Nagelbank – Hartholzknüppel, mit denen man kräftig zuschlagen konnte.

      Er war schon drauf und dran, einfach die Kanonen zu laden und die Stückpforten hochreißen zu lassen, aber das wäre Meuterei gewesen. Es war außerdem fraglich ob die anderen dem Befehl gefolgt wären. Und wehe, die Kerle hätten dann tatsächlich nicht angegriffen! Das hätte auch den friedliebenden Archie nicht von einem strafenden Bordgericht abgehalten.

      Eine vertrackte Situation. Jetzt war es natürlich auch zu spät, um noch etwas zu unternehmen.

      „Piraten sind das“, sagte der Bootsmann auf Rogers Frage. „Saukerle von der übelsten und blutrünstigsten Sorte. Die nehmen uns auseinander, daß es nur so raucht. Wenn es soweit ist, Roger, dann sieh zu, daß du über Bord springen kannst, denn gleich wird es hier von mindestens vierzig üblen Kerlen nur so wimmeln. Schnapp dir einen Belegnagel oder nimm eine Spake.“

      Roger nickte. Er hatte sich schon lange so gestellt, daß er irgendeinen Prügel blitzschnell hervorreißen konnte, wenn es soweit war. Aber er wußte auch, daß es ein völlig aussichtsloser Kampf werden würde. Sein Leben wollte er jedoch so teuer wie nur möglich verkaufen.

      Er tastete nach seinem Entermesser im Gürtel und nickte grimmig.

      Mittlerweile hatten sich auch die meisten anderen auf der Kuhl versammelt und harrten besorgt der Dinge, die da aufkreuzten.

      Archibald Cribbs stand immer noch in liebenswerter Einfalt auf dem Achterdeck, die Bibel umkrampft, leicht lächelnd und ebenfalls der Dinge harrend, allerdings auf seine fromme Weise und nicht im mindesten besorgt über den Aufmarsch und die Manöver der drei Feluken.

      „Wie sollen wir uns verhalten?“ fragte auch der Moses, ein dürres, kleines Bürschchen aus England, aber immer mit Feuereifer bei der Sache, auch wenn es ums heimliche Saufen ging.

      „Es gibt nur eine Möglichkeit“, sagte

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