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war nicht so gemeint, Teniente Ribera“, murmelte er. Dann wandte er sich an Jesus Valencia. „Beim ersten Anzeichen, daß der Wind nachläßt, wird wieder gerudert“, sagte er. „Geben Sie den Rudersklaven eine Extraration. Es wird morgen wieder ein harter Tag für sie werden.“ Damit schlurfte er davon und verschwand unter Deck.

      Im ersten Moment war Jesus Valencia verblüfft, doch dann erkannte er, daß Juan de Faleiro nur eine andere Taktik angewandt hatte, weil er befürchtete, daß die Stimmung an Bord ganz und gar zu seinen Ungunsten umschlagen könnte.

      10.

      Es gab etwas, was im Mittelmeer nie vorausschaubar war: die Launen des Windes.

      Pierre Delamotte, der schon geglaubt hatte, der spanischen Galeasse endgültig entwischt zu sein, fluchte ungeniert, als der Wind zu krimpen begann, dann zurück gegen den Uhrzeigersinn drehte, dabei mäßig wurde und sich schließlich auf Nordwesten einpendelte.

      „Das ist ein schöner Schlag ins Kontor, Monsieur Carberry“, sagte er. „Es wird uns nichts weiter übrigbleiben, als auf Westsüdwestkurs zu gehen. Nach Nordnordosten können wir nicht laufen, dann würden wir wahrscheinlich den Dons vor die Kanonen segeln.“

      Carberry hielt die Nase in den Wind.

      „Wir müßten eigentlich noch einen Kurs Westen zum Süden schaffen“, meinte er. „Wir würden zwar keine volle Fahrt laufen, wenn wir uns am Rande der äußersten Höhe entlangschleichen, aber wenigstens nicht so weit von unserem Kurs abkommen.“

      Delamotte blickte den Engländer skeptisch an.

      „Ihr Mann am Ruder wird sich bald nicht mehr auf den Beinen halten können“, sagte er skeptisch, „und ob ein anderer die ‚Mercure‘ so gut im Griff haben …“ Er unterbrach sich, als Carberry breit zu grinsen begann. „Sie meinen, daß Ihre anderen Kameraden ebenfalls …“

      „Worauf Sie sich verlassen können, Monsieur le capitaine“, erwiderte Carberry im Brustton der Überzeugung. „Unter den Seewölfen von Arwenack gibt es keinen, der eine Galeone nicht mindestens ebensogut wie Stenmark fahren kann.“

      Pierre Delamotte blieb skeptisch, aber die Männer überzeugten ihn schnell. Luke Morgan übernahm als erster das Ruder, dann folgten Jeff Bowie und Blacky. Sie alle geigten dem Capitaine etwas vor, daß ihm Hören und Sehen verging.

      „Sie haben es alle vom alten Pete Ballie gelernt, der auf unserer ‚Isabella‘ Rudergänger war“, sagte Carberry grinsend, als er am frühen Morgen wieder neben dem Kapitän auf dem Achterdeck stand. „Pete meinte zwar immer, daß sie es nie lernen würden, aber ich muß sagen, daß man mit ihnen im großen und ganzen zufrieden sein kann.“

      Pierre Delamotte legte den Kopf schief und starrte Carberry an, als wolle der ihn verarschen. Mein Gott, was hatte er da für Kerle an Bord! Wenn er auch nur einen Bruchteil von dem in Brest bei Janvion im „Goldenen Hahn“ zum besten gab, würde man ihn für den größten Lügner aller sieben Meere halten!

      Er wollte etwas erwidern, doch in der Kuhl wurde es plötzlich laut. Eine schrille Stimme schrie etwas auf Französisch, und dann brüllte der Kutscher: „Das Ferkel hat in meiner Kombüse nichts zu suchen, verflucht noch mal! Der verdirbt mit seinem Gestank schon das Essen, wenn er nur seinen Rüssel durch den Türspalt steckt!“

      Ein Klatschen war zu hören, dann brüllten mehrere Stimmen durcheinander.

      Pierre Delamotte drehte sich demonstrativ um und stiefelte zum Niedergang hinüber, der zu seiner Kammer führte.

      „Sie übernehmen das Kommando, Monsieur Duval“, sagte er über die Schulter zu seinem Steuermann, der richtig aufgelebt war, seit er solche Rudergänger hatte.

      Carberry verschwand vom Achterdeck und sah sich auf der Kuhl einem Pulk von Männern gegenüber. Diesmal nicht Franzosen und Engländer getrennt, sondern auf einem Haufen. Sie starrten alle auf Pet, den kleinen Koch, den der Kutscher aus seinem Reich vertrieben hatte. Bill und ein Franzose, die gerade den Bottich aus der Kombüse über Bord entleert hatten, stellten ihn neben dem Kutscher ab.

      „Was ist hier los?“ fragte Carberry.

      „Pet will wieder in feine Kombüfe“, sagte Marteau, der Hammer, grinsend. Er hatte immer noch Schwierigkeiten mit der Aussprache, aber inzwischen hatten sich die anderen daran gewöhnt und verstanden ihn.

      „Wollt ihr ihn denn wiederhaben?“ fragte Carberry die Franzosen unter der Mannschaft. „Soll der Kutscher die Kombüse verlassen und Pet wieder euer Essen kochen?“

      Ein Sturm der Entrüstung ging durch die Männer. Fäuste wurden gegen den kleinen Koch geschüttelt, der die Mannschaft systematisch vergiftet hatte, wie Breton, der Bootsmann, behauptet hatte, nachdem allen klargeworden war, was ein ordentliches Essen bedeutete, als sie die erste Mahlzeit des Kutschers gekostet hatten.

      „Ich hab nichts gegen den Furzer“, sagte der Kutscher, als wieder ein wenig Ruhe eingekehrt war. „Er soll sich nur mal gründlich waschen und aufhören, so viele Zwiebeln zu fressen.“

      Die Männer nickten grimmig. Breton trat vor und wies auf den Bottich.

      „Wir sollten ihn da reinstecken und ihn mit Decksbürsten abscheuern“, sagte er grollend. „Wahrscheinlich aber brauchen wir Kalfatereisen, um den Dreck von seiner Haut runterzukriegen.“

      Pet heulte auf. Er duckte sich und versuchte, an zwei Männern vorbei im Vorschiff zu verschwinden, aber sie packten ihn und hielten den zappelnden Mann fest.

      „Füllt den Bottich mit Waffer!“ schrie Marteau.

      „Haaalt!“ Der Kutscher stürzte sich auf seinen Bottich und zerrte ihn weg. „In diesem Bottich wird der Kerl nicht gebadet!“ brüllte er. „Dann können wir ihn hinterher gleich über Bord schmeißen!“

      Seine letzten Worte brachten die Männer auf einen Gedanken. Im Nu war der kleine Pet von seinen Landsleuten umringt. Sie banden einen Tampen um seine Hüften, hoben den strampelnden Kerl hoch und warfen ihn in hohem Bogen über das Schanzkleid ins Meer.

      Pets Schreien verstummte, als die erste Ladung Meerwasser in seinen Mund drang. Er schlug wie ein Verrückter um sich und japste keuchend, als die Männer ihn endlich wieder an Bord hievten.

      Aber das war noch lange nicht alles. Jemand hatte Kernseife und Bürsten herangeschleppt, und mit einem halben Dutzend Männern begannen sie, an ihm herumzuschrubben, bis seine Haut krebsrot war.

      Pet brachte schon keinen Ton mehr hervor. In seiner Erregung machte sich seine Krankheit wieder bemerkbar, was ihm ein paar Ohrfeigen einbrachte. Sie warfen ihn wieder über Bord, um die Seife abzuspülen, und als sie ihn dann hochgezogen hatten, rümpfte Marteau die Nase und sagte lispelnd: „Der ftinkt noch immer. Daf müffen wir noch ein paarmal wiederholen.“

      Pet war zu fertig, als daß er noch einen lauten Protest hätte loslassen können. Die Männer ließen ihn einfach liegen und wandten sich lachend wieder ihrer Arbeit zu.

      Pet kroch über Deck und suchte seine Kleider. Aber die hatte jemand mit spitzen Fingern angehoben und über Bord geworfen. Der kleine, magere Franzose heulte vor Wut. Sein Kopf ruckte herum, als er einen Schatten neben sich auftauchen sah. Seine feuchten Augen starrten auf den Kerl, der ihm das alles eingebrockt hatte, und wenn er in diesem Augenblick ein Messer zur Hand gehabt hätte, er wäre damit auf den Kutscher losgegangen.

      „Tut mir leid, daß sie dich so zugerichtet haben“, sagte der Kutscher und hielt ihm ein Hemd und eine Hose entgegen, die er vorn in der Segelkammer gefunden hatte.

      Pet wischte die Hand wütend zur Seite.

      „Stell dich nicht so an“, sagte der Kutscher. „Verdammt, du hast selbst schuld an deiner Lage. Warum hast du Ferkel dich nie gewaschen, he? Und sieh dir jetzt mal deine Kombüse an. Die würdest du nicht wiedererkennen. Mann, wenn man für seine Kameraden kochen muß, dann hat man die verdammte Pflicht, so sauber wie möglich zu sein. Du wärst doch fast in deinem eigenen Dreck erstickt!“

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