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Seewölfe Paket 14. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 14
Год выпуска 0
isbn 9783954397723
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Manuel Quintana hörte die überraschten Ausrufe der anderen Aufseher. Der Mann von der vorderen Plattform hatte sich bei dem lauten Fall des Riesen abrupt umgedreht. Im ersten Moment hatte er nicht gewußt, was geschehen sein konnte, doch dann mußte er den großen, dunklen Schatten gesehen haben, der mitten auf dem Laufgang lag.
Schreiend rannte er auf den regungslos daliegenden Zuchtmeister zu. Auch von der achteren Plattform tauchten zwei Aufseher auf, die ausgerollten Peitschen in den Händen.
Einer beugte sich über den Zuchtmeister, sah erschrocken das Messer aus seiner Brust ragen, legte sein Ohr daneben und sagte, als er sich aufrichtete, mit heiserer Stimme: „Er ist tot!“
Die Worte klangen in Manuel Quintanas Hirn wie Paukenschläge. Er fühlte sich auf einmal leicht. Seine Schmerzen waren nur noch wie unangenehme Träume, die ihm am Rand seines Bewußtseins begegneten. Er hörte die Stimme seines Nebenmannes wie aus weiter Ferne und begriff den Sinn der Worte nicht. Die Dunkelheit verschwamm vor seinen Augen und wich einem sanften Rot, das ihn über die Grenze zwischen Traum und Nichts führte.
Fernandez sah Manuel Quintana zusammenbrechen und begann zu grinsen. Etwas Besseres hätte dem Mann nicht passieren können. Wer bewußtlos war, konnte schwerlich das Messer geworfen haben, das den Zuchtmeister getötet hatte.
Fernandez dachte plötzlich voller Schreck an die Peitsche, die er unter seinem Sitz versteckt hatte. Niemand von den Aufsehern hatte es am Morgen bemerkt, wie er sie an sich gebracht hatte, nachdem sie von Antonio Sotero mit dem Fuß zwischen die Duchten geschleudert worden war.
Er mußte das Ding loswerden, denn sicher würden alle Sträflinge nach diesem Mord an dem Zuchtmeister auf Waffen untersucht werden.
Er holte die Peitsche hervor, und bevor einer der Aufseher es bemerken konnte, warf er die Peitsche auf den Laufgang, so daß sie nur zwei Schritte von dem toten Zuchtmeister hinter den Füßen eines Aufsehers liegenblieb.
Der Mann hatte ein Geräusch gehört und drehte sich um. Da er keine Bewegung unter den Ruderknechten sah, kümmerte er sich wieder mit den anderen um den toten Zuchtmeister.
„Sie haben Rayo ermordet!“ brüllte einer von ihnen.
Seine Stimme brach die Stille, die über der „San Antonio“ hing, als wäre eine Granate ins Schiff eingeschlagen.
Carlos Mendez, der Zweite Offizier, der Wache hatte, lief auf die Männer zu und drängte sie beiseite. Von der vorderen Plattform schob sich Teniente Ribera heran, und nur Sekunden nach dem Schrei tauchte der Glatzkopf Juan de Faleiros aus dem Niedergang auf, der zu seiner Kammer unter Deck führte.
Der Kapitän hatte vergessen, seine Perücke aufzusetzen. Außerdem war er in sein langes Nachtgewand gekleidet, das am Kragen, den Ärmeln und am Saum mit Spitzenrüschen besetzt war. Sein Anblick löste ein Johlen der Ruderknechte aus, und die Aufseher begannen sofort, mit Peitschen auf die Männer einzuschlagen. Es dauerte Minuten, bis wieder einigermaßen Ruhe herrschte.
Jesus Valencia war nur wenige Sekunden nach dem Kapitän an Deck erschienen. Jetzt stand er neben Juan de Faleiro und starrte wie der auf den Körper des leblosen Zuchtmeisters nieder, in dessen Brust ein Messer steckte. Sein Wams um das Messer herum hatte sich mit Blut vollgesogen.
Jesus Valencia sah, wie der hagere Kapitän am ganzen Körper zitterte. Die Wut schien ihn fast umzubringen. Die Tatsache, daß jemand an Bord gewagt hatte, einen seiner Vertrauten zu ermorden, brachte ihn fast um den Verstand.
Er bückte sich, riß das Messer aus der Brust des Toten und reckte es mit seinem dürren Arm hoch über den Kopf.
„Wer hat dieses Messer geworfen?“ brüllte er mit sich überschlagender Stimme. „Wer ist der hinterhältige Mörder?“
Als hätte er gar nicht erwartet, auf seine Frage eine Antwort zu erhalten, drehte er sich abrupt um und brüllte: „Zündet die Fackeln an! Ich will den Hurensohn, der Rayo ermordet hat! Durchsucht die verlauste Brut nach Waffen! Ein Faß Wein für denjenigen, der mir den Mörder bringt!“
Er sah Jesus Valencia neben sich stehen. In seinen stechenden Augen blitzte es auf.
„Sie haben natürlich nichts gesehen, Señor Valencia, wie?“ fragte er zischend.
„Nein, Señor Capitán“, erwiderte Valencia ruhig.
„Vielleicht haben Sie es sogar selbst geworfen!“
„Das wird von meiner Kammer aus schlecht möglich gewesen sein“, sagte der Erste Offizier. „Ich wurde nämlich wie Sie durch das Geschrei aus dem Schlaf geweckt. Señor Mendez hatte Wache.“ Er konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, und Juan de Faleiro wandte sich wütend ab. Ohne sich weiter um Valencia, Mendez oder Teniente Ribera zu kümmern, schritt er den Laufsteg entlang.
Er stieß gegen die Peitsche, die auf den Planken lag, beugte sich nieder und hob sie auf. Vor Manuel Quintana blieb er stehen. Die Faust mit der Peitsche zuckte vor und traf den bewußtlosen Stückmeister in die Seite.
„Nur dieser verfluchte Hund konnte ein Messer haben!“ zischte er. „Gib es zu, Meuterer! Los, mach’s Maul auf!“
„Er kann nicht antworten, Señor Capitán“, sagte Fernandez mit belegter Stimme. „Er war schon ohne Besinnung, als der Zuchtmeister plötzlich umfiel.“
„Hast du etwas gesehen?“ fragte Juan de Faleiro gierig.
Fernandez schüttelte den Kopf. „Ich hörte nur, wie der Zuchtmeister auf die Planken stürzte.“
Der Kapitän trat noch dichter an Fernandez heran. „Ich gebe dir die Freiheit, Sklave, wenn du mir den Täter nennst!“
Fernandez leckte sich über die Lippen.
„Das Angebot ist verlockend, Señor Capitán“, sagte er. „Aber Gott steh mir bei, ich habe nichts gesehen.“
„Hört, ihr Hurensöhne!“ kreischte de Faleiro. „Derjenige, der mir den Mörder nennt, wird frei sein, sobald wir wieder an Land vertäuen!“
Es blieb still auf der „San Antonio“. Die Fackeln warfen ein gespenstisches Licht auf die Ruderknechte, die mit trotzigen und triumphierenden Gesichtern auf den hageren Kapitän starrten, der für sie der Teufel persönlich war.
Das Angebot des Kapitäns war wahrhaftig verlockend, aber sie alle kannten Juan de Faleiro zu gut, um seinen Versprechungen Glauben zu schenken. Er war nicht der Mann, der irgendeinem Sträfling, aus welchen Gründen auch immer, die Freiheit schenkte.
„Was ist?“ schrie Juan de Faleiro weiter. „Gefällt es euch auf euren Ruderbänken so gut, daß ihr freiwillig auf eure Freiheit verzichtet?“
Seine Worte hallten in der Stille nach. Nur der scharfe Wind, der über die Wanten geigte, und das Rauschen der unruhigen See waren zu hören.
Juan de Faleiro reckte die linke Hand mit dem blutigen Messer hoch.
„Kennt jemand dieses Messer?“ rief er. „Hundert Dukaten für den, der mir den Besitzer dieses Messers nennt!“
Diesmal wandte er sich an die Seeleute und Riberas Soldaten, doch wieder meldete sich niemand.
„Ihr Schweinehunde steckt mit dem Mörder unter einer Decke!“ brüllte der Kapitän., „Wollt ihr meutern? Ich lasse jedem von nun an den Kopf abschlagen, wenn er noch einmal die Hand gegen mich oder einen meiner Leute erhebt!“
In seinem langen Nachtgewand sah Juan de Faleiro wie ein lächerlicher Zwerg aus, aber niemand an Bord der „San Antonio“ verspürte den Wunsch, über den hageren Mann zu lachen. Nicht in diesem Augenblick. Sie wußten, daß dies tödlich sein konnte.
Teniente Ribera trat einen Schritt vor und sagte gepreßt: „Von meinen Leuten steckt niemand mit einem Mörder unter einer Decke, Señor Capitán! Ich hoffe, daß Sie diese Behauptung zurücknehmen!“
Juan de Faleiro blickte auf und sah in das starre, aber entschlossene Gesicht des