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macht Assistenz beim Chef.«

      »Noch mal zu gestern: Ist euch irgendetwas aufgefallen?«

      »Nö. War alles wie immer«, sagte Thorsten nach kurzem Nachdenken. »Und wie wir von der Kneipe nach Hause gekommen sind, und wann und so – das weiß ich sowieso nicht mehr. Du?«

      »Um 3. Mit ’nem Taxi«, brummte Ernie nur, ohne aufzusehen.

      »Wann habt ihr Christian von Güldenbrook das letzte Mal lebend gesehen?«

      Thorsten hatte ihn am gestrigen Nachmittag mit dem Auto auf den Hof kommen sehen, und Ernie sagte: »Das ist schon ein paar Tage her, dass ich dem begegnet bin.«

      »Was habt ihr mit dem Herrn Güldenbrook zu tun gehabt?«

      »Nix, oder?«, meinte Thorsten achselzuckend und sah zu Ernie. »Der ist halt der Gutsherr hier und außerdem ein Freund vom Chef, glaub ich. Manchmal hat er sich aufgeregt, weil das Geld nur so rausgeschmissen wird.«

      Ernie nickte.

      »Was hat er damit gemeint?«

      »Keine Ahnung.«

      »Und, macht euch die Arbeit hier Spaß?«, wechselte Angermüller das Thema.

      »Mal so, mal so. Kommt ganz drauf an, was grad dran ist. Aber irgendwie schon«, Thorsten klang nicht gerade begeistert. »Irgendwas muss man ja lernen …«

      »Was sagst du Ernie?«

      Ernie zuckte mit den Schultern, murmelte dann aber: »Macht schon Spaß.«

      Glücklich sah der lange Kerl nicht gerade aus.

      »Es muss doch toll sein, bei so einem berühmten Mann in die Lehre zu gehen! Bei dem kann man bestimmt ’ne Menge lernen!«

      Zum ersten Mal reagierte Ernie etwas lebhafter und nickte voller Überzeugung.

      »Was wollt ihr denn nach eurer Ausbildung machen?«

      »Weiß nicht«, seufzte Thorsten. »Vielleicht auf ein Kreuzfahrtschiff! Stell ich mir gut vor – Karibik und so!«

      Und er grinste breit. Ernie blieb stumm. Erst, als Angermüller ihn noch einmal auf seine Pläne ansprach, überwand er sich.

      »Ich mach später ein eigenes Restaurant auf«, sagte er leise und errötete wieder. »Und irgendwann kriege ich einen Stern.«

      »Ernie, du bist ein Spinner! So reich ist deine Oma auch wieder nicht! Wo willst du denn die Kohle für ein Restaurant hernehmen?«

      Der Junge schüttelte seinen Kopf mit der kecken Mütze. Ernie biss sich trotzig auf die Unterlippe.

      »Und wie ist er so, euer Chef?«, fragte Jansen.

      »O, o, oh!«, machte Thorsten nur, und sein Kumpel sagte: »Streng.«

      »Darauf kannste einen lassen. Wenn der sauer wird, da bleibt kein Auge trocken!«, bekräftigte Thorsten noch einmal. »Und der ist oft sauer! Da fliegt schon mal ’n Topfdeckel!«

      »Aber er ist nicht ungerecht«, sagte Ernie. Thorsten zog nur eine Grimasse.

      »Na, dann wollen wir euch nicht länger von der Arbeit abhalten. Euer Chef wartet bestimmt schon auf euch.«

      »Macht doch nix«, griente Thorsten.

      »Sie können jetzt nicht mit Alix reden!«, sagte Grit Fischer verzweifelt. »Die Aufzeichnung läuft, und die sind gerade dabei, die Vorspeisen zu verkosten, das geht jetzt wirklich nicht!«

      Die kleine Frau stand vor der Tür mit der Aufschrift ›Studio‹ und verteidigte sie mit vollem Einsatz. Der junge Anzugträger mit Knopf im Ohr und dem Schild ›Security‹ auf der Brust, der eigentlich hier postiert war und auch zum Team gehörte, stand stumm daneben, offensichtlich überwältigt von Grit Fischers engagiertem Auftreten.

      »Hören Sie, wir sind keine Fans oder Zuschauer, die unbedingt in Ihre komische Sendung wollen!«

      Auch Angermüller konnte anders. Wenn es um seine Arbeit ging, hatte der Spaß ein Ende.

      »Müssen wir den Laden hier erst dichtmachen, um unsere Arbeit durchführen zu können?«

      »Ich denke nicht, dass Sie dazu befugt wären«, stellte die Regieassistentin erstaunlich unbeeindruckt fest. Dann wieder warb sie flehentlich um Verständnis.

      »Ich bitte Sie um ein wenig Geduld – keine zehn Minuten mehr, und Sie können mit dem Chef sprechen, mit Alix, mit wem auch immer. Wir werden die Aufzeichnung unterbrechen. Ich nehm das auf meine Kappe! Aber bitte, lassen Sie uns diesen Durchlauf noch beenden! Sie kennen den Chef nicht!«

      Angermüller, der spürte, dass hinter dem forschen Auftreten von Grit Fischer echte Angst steckte, warf einen fragenden Blick zu Jansen, der einverständig nickte.

      »Okay, zehn Minuten, sonst lernt Ihr Chef mich kennen!«

      Kapitel II

      Schwungvoll öffnete sich die Küchentür.

      »Meine Herren! Pardon! Wir haben Ihnen keine Ungelegenheiten bereitet, hoffe ich! Lebouton.«

      Der Mann in der blütenweißen Kochjacke ging mit weiten Schritten auf die beiden Beamten zu und reichte ihnen mit einem verbindlichen Lächeln die Hand. Er war schlank, mittelgroß, hatte dunkles Haar mit grauen Schläfen und ein schwer bestimmbares Alter. Auch in seiner Arbeitskleidung war er eine durchweg elegante Erscheinung. Angermüller und Jansen stellten sich ebenfalls vor.

      »Was kann ich für Sie tun?«

      »Nur ein paar Fragen beantworten zu dem Toten, der heute Morgen in Ihrer Kühlzelle gefunden wurde«, antwortete Angermüller knapp. »Setzen Sie sich doch, bitte.«

      Lebouton nahm am Küchentisch Platz. Das Lächeln war wieder ausgeschaltet.

      »Eine schlimme Sache«, sagte er. Auf die gleiche Art hätte er auch die eisigen Temperaturen kommentieren können. »Selbstverständlich stehe ich zu Ihrer Verfügung.«

      Er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr.

      »Wir müssen unser Gespräch protokollieren«, erklärte Jansen und hielt das Diktiergerät hoch. Lebouton nickte kurz. Als Jansen seine Personalien notieren wollte, suchte er nach seinem Ausweis, fand ihn aber nicht.

      »Sollte sich der Personalausweis nachher noch anfinden, reiche ich ihn nach«, stellte Lebouton klar. »Aber ich nehme an, Sie glauben mir auch so, dass ich es bin.«

      Und er gab Jansen seine Daten. Er war 61, wie Angermüller kurz nachrechnete. Mit seinem glatten Gesicht, den hellen, wachen Augen und dem vollen Haar wirkte er noch sehr jugendlich. Trotz seines französischen Namens sprach er vollkommen akzentfreies Deutsch.

      Es klopfte kurz, die Küchentür ging auf, und eine große, gut aussehende Frau in einem knapp sitzenden, lindgrünen Kostüm schwebte auf hohen Absätzen herein. Sie schien sofort vom ganzen Raum Besitz zu ergreifen. Lange, kastanienrote Locken fielen ihr auf die Schultern, und sie hielt ein halbvolles Weinglas in der Hand.

      »Die Vorspeise war göttlich, wie immer, Pierre!«, raunte sie zu Lebouton, der nur abwesend nickte, wandte sich dann an die Kommissare und sagte mit ihrer angenehm dunklen Stimme: »Ich bin Alix Blomberg. Grit sagte, Sie wollten mich sprechen?«

      Ihre Augen waren auffällig groß und gaben ihrem Gesicht einen Ausdruck ständigen Erstaunens.

      »Wir sagen Ihnen Bescheid, Frau Blomberg«, nickte Angermüller und deutete in Richtung Tür.

      Jansen hatte sich schnell erhoben und begleitete die Fernsehmoderatorin nach draußen.

      »Es dauert nicht lange«, sagte er leise zu ihr und lächelte sie an.

      Er lächelte immer noch, als er wieder neben Angermüller am Tisch Platz nahm. Mit seinen Gedanken schien er jedenfalls nicht bei der Zeugenvernehmung und Herrn Lebouton zu sein.

      »Sind wir so weit, Claus?«

      Zur

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