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P&R erwerben, sie von P&R verwalten, vermieten und vermarkten lassen, im Gegenzug an den Mieteinnahmen dieser Container über einen festen Zeitraum beteiligt werden und sie später wieder an P&R zurückverkaufen dürfen. Mit Renditen, von denen wir heute träumen: In den 80-ern wohl nicht selten bei fünfzehn Prozent. Und die Industriepartner, Reedereien, zum Beispiel? Bezahlen für die Fremdfinanzierung ihrer Container durch die P&R Investoren gerne etwas mehr und behalten im Gegenzug die für sie so wichtige Liquidität. Einleuchtend, wenn man grob überschlägt, welche Summen nötig sind, nur um ein einziges mittelgroßes Frachtschiff mit Containern auszustatten. Astronomisch. Wenn ein Schiff 4.000 Container laden kann, bei beispielhaften Kosten von 1.500 $ pro Neucontainer muss die Reederei 6 Millionen aufbringen. Bei zehn Schiffen 60 Millionen. Die Mega-Frachter heute können 20.000 Container laden. Containerwerte: 30 Millionen. Ein Finanzierungsproblem. Vor allem aber: Ein Liquiditätsproblem. Sehr vereinfacht dargestellt. Im Übrigen werden Reedereien von den kreditgebenden Banken damals und auch heute noch als risikoreich in ihrer Kreditwürdigkeit betrachtet. Was Kreditkosten wieder steigen lässt. Für die Industriepartner deutlich einfacher: Finanzierung durch P&R. Statt bei den Banken betteln zu gehen. Und bei den Industrien bereits vorhandene Container werden an P&R verkauft und zurückgemietet. Sale & Leaseback.

      Dieses Geschäftsmodell bleibt bis zum bitteren Ende im Grunde unverändert. Die Transportindustrien ebenso wie private Anleger zeigen sich begeistert, das Business wächst kontinuierlich, der Markt explodiert, der Welthandel ebenfalls, immer mehr Container werden benötigt.

      Feldkamp wird am 21.10.1992 zum Geschäftsführer bestellt. Er ist seit den 80-ern mit an Bord. Ein Bleistiftspitzer. Number-Cruncher. Finanzbuchhalter. Kein Kaufmann. Zuständig für Zahlen und Steuern. Kein Controller, der Strategien aus Zahlen entwickeln kann. Mit Steuern kennt er sich aus. Mit Buchhaltung. Genau, was Roth braucht. Weil die P&R Finanzprodukte nur aus einem Grund so attraktiv sein werden: Durch die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die bei den Finanzdirektionen dann als eigene Lex P&R verankert werden.

      Stömmer stößt etwas später dazu. Er soll die Finanzprodukte vertreiben. Das Business ist zu groß geworden. Stück für Stück kommt es zur Verantwortungsaufteilung: Feldkamp ist zuständig für Finanzen und Zahlen in Deutschland und der Schweiz. Roth Senior ist zuständig für Handel und Vermarktung, die ab 1982 in der Schweiz erfolgt. Stömmer unter dem dominanten Feldkamp übernimmt als Vertriebsleiter und gelernter Bankkaufmann den Verkauf in Deutschland. Roth und Feldkamp gründen weitere P&R Gesellschaften im Lauf der Jahre, sogenannte Vertriebs- und Verwaltungsgesellschaften, Sitz in Deutschland / Grünwald, die sich nur durch unterschiedliche Container-Typen, Laufzeiten und an Steuermodelle angepasste Vertragskonditionen für die Anleger unterscheiden sollen. So entstehen die nach außen bekannten deutschen Geldsammel-Firmen, wie sie auch 2008 bestehen, als das monströse Schneeballsystem nachvollziehbar beginnt – und wie sie noch 2018 bestehen. Eben jene Firmen, die als Vertragspartner zu den Privatinvestoren fungieren, die die Kauf- und Verwaltungsverträge abschließen und die Milliarden-Einlagen der Investoren zum Kauf der benötigten Container an die Schweizer P&R weiterleiten sollen: Die P&R Container Vertriebsund Verwaltungs-GmbH, die Neucontainer vertreibt, Kurzname: LF. Die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebsund Verwaltungs-GmbH, die Gebrauchtcontainer vertreibt, Kurzname: GC. Die P&R Container Leasing GmbH, die ein anderes Steuermodell unabhängig von Containertyp und Alter vertreibt, Kurzname: CL. Diese drei Gesellschaften wird Feldkamp dann am 14.06.2012 als 100%-ige Töchter unter das Dach einer neuen P&R AG eingliedern. Ab 01. Januar 2017 löst eine reaktivierte, prospektpflichtige P&R Transport Container GmbH, die alle Container-Typen unabhängig vom Alter vertreibt, Kurzname TC, die drei AG-Töchter ab, die die Prospektpflicht nicht erfüllen können und aus dem Vertrieb genommen werden. Es gibt handfeste Gründe dafür.

      Die Vermarktung der Anlegercontainer, mit Handel und Vermietung, verlegt Roth bereits 1982 in die neu gegründete P&R Equipment & Finance Corp. in die Schweiz, eine unabhängige Gesellschaft, die mit den deutschen Gesellschaften nur durch den gemeinsamen Eigentümer Heinz Roth verbunden ist, ein Personenkonzern gesellschaftsrechtlich. Ein Umstand, der später wichtig werden wird. Es wird sich zeigen, dass das Roth-Imperium noch sehr viel mehr Firmen umfasst. Firmen, deren Geschäftszweck im Dunkeln bleiben. Firmen, die keiner kennt. Firmen, die nicht entdeckt werden sollen. Die aber alle den gigantischen Schneeball, das System Roth stützen und bedienen.

      Roth sen. wird sich gegen 2007 offiziell aus dem operativen Geschäft in Deutschland zurückziehen. Sein Sohn Harald übernimmt. Die Schweiz bedient Roth sen. wohl weiterhin beratend. Zu gut sind seine persönlichen Kontakte in die Container-Branchen. Er zieht sich, offiziell, Stück für Stück auf die Karibikinsel St. Barth zurück. Seine Villa in Grünwald behält er, ebenso sein Haus in St. Johann in Österreich, im Schweizer Zug ist er wohl, wenn es nötig scheint. In seiner Firma in Grünwald wird er sich lange Zeit nicht mehr sehen lassen. Nur punktuell, bis eben Mai 2016. Seinen Spitznamen Das Phantom erhält er nicht erst nach der betrügerischen Insolvenz, als er, abgetaucht, von der gesamten Fachpresse gesucht wird. Das Phantom ist ein fast liebevoller Spitzname, den seine Mitarbeiter ihm geben: Der Boss, die absolute Legende, die viele niemals gesehen haben. Ohne nachvollziehbare Historie, keine Spuren im Netz, keine Bilder, keine Information. Nichts. Nur Gerüchte, Geschichten, Sagen. Geheimnisumwittert. Der Stoff, aus dem Legenden nun mal gemacht sind.

      Mit seinem Rückzug in die Karibik stellt er Feldkamp 2007 seinen Sohn Harald Roth in der Geschäftsführung in Deutschland zur Seite. Der soll von Feldkamp lernen, soll gleichzeitig das Schweizer Geschäft kennen lernen, um Heinz Roth dann auch dort Stück für Stück ablösen zu können. Roth jun., der Erbe des Imperiums, ist zeitgleich ab 2007 als Direktor, ab 2010 als Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift bei der P&R Equipment & Finance Corp. In der Schweiz eingesetzt.12 Und, zeitlich überschneidend, auch als Geschäftsführer in Deutschland. Feldkamp wird den jungen Roth, soweit ist es nachvollziehbar, zwischen 2011 und 2012 Stück für Stück demütigen, demontieren und aus der Firma drängen. Mit Wissen des Vaters. Mit dessen Unterstützung.

      In Deutschland also sammelt P&R Geld bei den Anlegern ein. Schiebt das Kapital in die Schweizer P&R. Dort werden Container gehandelt, vermietet, dort sollen die Container Geld verdienen. Die Erlöse aus Mieten und Verkauf gehen zurück nach Deutschland und werden dort vertragsgemäß an die Investoren ausbezahlt. Transparent. Für jeden auch ungeübten Anleger zu verstehen. Einfach. Ertragreich. Sicher. So der P&R Slogan über Jahrzehnte. Es ist ein Milliardenbusiness.

      Es scheint als ob alles, einfach alles, was Heinz Roth anfasst, zu Geld wird. So investiert er scheinbar in den 2000-Jahren, nach Beschreibung seines Sohnes, 50 Millionen in ein asiatisches Start-up, um Jahre später mit 200 Millionen auszusteigen. Es spielt keine Rolle, ob Harald Roths Geschichte stimmt. Sie passt zum Senior Heinz Peter Roth. Er ist ein unternehmerisches Naturtalent. Einer, der etwas hat, was man nicht studieren kann: Die unfassbar treffsichere Intuition für die richtigen Geschäfte und die richtigen Entscheidungen. Wohl auch die Risikobereitschaft. 2018 wird man entdecken: Roth kann keine Unternehmensbilanzen lesen. Kein komplexes Zahlenwerk seiner Wirtschaftsprüfer. Damals nicht. Vierzig Jahre später auch nicht. Er versteht es nicht. Wie er selbst zugeben wird. Er musste es nie verstehen. Nur die großen Zahlen. Was geht raus. Was geht rein. Vielleicht eine Schutzbehauptung.

      Roth ist der Unternehmer. Feldkamp der Verwalter. Stömmer der Verkäufer. Und Harald Roth? Hat schlicht keine Chance bei den dominanten Alphatieren. So wird es sich ab 2011 darstellen, in der Wahrnehmung derjenigen, die es miterleben mussten. Auch hier nicht die ganze Wahrheit, wie sich zeigen wird.

      Im Grunde ist insbesondere über Heinz Roth, das Phantom, aus der Zeit zwischen 1975 und 2005 nicht allzu viel bekannt. Man findet nichts. Stellt auch die Presse später, 2018, fest. Diejenigen, die mehr über ihn wissen, wollen nicht erzählen oder sind verstorben. Im Gegensatz zum Wirecard-Skandal aber darf man diese rund 30 Jahre seit Gründung auf wenigen Seiten zusammenfassen, da das P&R Geschäft viele Jahre – davon geht auch der Insolvenzverwalter aus – seriös ist. Kein Schneeball. Kein Betrug. Keine heiße Luft.

      Damit ist zunächst nur wesentlich: P&R wächst in den Jahren seit Gründung 1975 kontinuierlich. Mit allen Schwankungen geht es konstant nach oben. Jedenfalls was Anzahl der Investoren, abgeschlossene Verträge, Container-Vermögen und

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