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an und löscht mit seinem eingeübten Personal den Brand fachmännisch (vgl. Strumpf, o. J.). Der grundlegende Unterschied zur Herangehensweise der üblichen städtischen Löschanstalten liegt augenscheinlich im direkten (Lösch-)Angriff des eigentlichen Brandherdes und nicht in der (Lösch-)Verteidigung der umliegenden Gebäude. Diese, aus dem militärischen Sprachgebrauch entnommene Ausdrucksweise, schlägt sich auch in der, an den Begriff »Bürgerwehr« erinnernden, neuen Namensgebung Feuerwehr nieder.

      1.2 Revolutionärer Geist

      Bild 1: Die Feuerwehr Lemgo 1889 (Quelle: Archiv Freiwillige Feuerwehr/Alte Hansestadt Lemgo) [zurück]

      Das Misstrauen gegenüber den mit der liberalen bürgerlich-demokratischen Unabhängigkeitserhebung von 1848/49 sympathisierenden Freiwilligen führt letztendlich in der preußischen Residenzstadt Berlin 1851 zur Gründung der ersten bezahlten Berufsfeuerwehr unter Aufsicht des Generalpolizeidirektors Karl Ludwig Friedrich von Hinkeldey (*1805), der in seiner Funktion auch jeglichen demokratisch-revolutionären Kräften entschieden entgegentreten muss. Der 1811 geborene Ludwig Carl Scabell wird zum Königlichen Branddirektor ernannt und als solcher mit der Umsetzung dieser Aufgabe betraut.

      Währenddessen nimmt der Heidelberger Fabrikbesitzer Carl Metz häufig die Gelegenheit wahr, im Rahmen von Turnfesten einem überregionalen Publikum seine »High-Tech-Produkte« der Brandbekämpfung vorzuführen. Dabei informiert er auch mit Hilfe von Flugblättern über die zweckmäßige Ausrüstung, die militärische [17]Ausbildung an den Geräten und die rechtlich-normative Organisation Freiwilliger Feuerwehren. Dieses Engagement trägt einerseits Carl Metz den berechtigten Beinamen »Vater der deutschen Feuerwehren« ein und fördert andererseits auch den Umsatz seiner Fabrik.

      1.3 Ausbreitung und Vielfalt

      Mitte des 19. Jh. entspricht die territoriale Gliederung der deutschen Lande noch immer einem Flickenteppich von zum Teil Klein- und Kleinststaaten mit unterschiedlichen Verwaltungsgrundlagen. Selbst innerhalb eines mit knapp 20.000 km2 eher kleinen Königreichs wie Württemberg wird es 1853 für Conrad Dietrich Magirus (erster Turnwart im Ulmer Turnerbund, Kommandant der von ihm gegründeten Steigerkompagnie und später Kommandant der FF Ulm, späterer Feuerwehrfabrikant und Fachbuchautor) ein nicht unerheblicher Aufwand sein, die Kommandanten von zehn Feuerwehren zu einem ersten Gedankenaustausch nach Plochingen ins Gasthaus zum Waldhorn einzuladen. Diese Tagesveranstaltung endet u. a. bereits mit einer gemeinsamen Eingabe an gesetzgeberische Staatsorgane und einer Absichtserklärung der Ausdehnung über die Landesgrenzen hinaus (vgl. Schamberger, 2003).

      Der Leitartikel der Erstausgabe der ersten deutschen Feuerwehrfachzeitschrift befasst sich mit dem 4. Deutschen Feuerwehrtag im großherzoglich-hessischen Mainz, dem ersten Feuerwehrtag außerhalb des Großherzogtums Baden und des Königreichs Württemberg. Dort treten Unterschiede zwischen den Anwesenden (vertreten sind 45 Feuerwehren) offen zu Tage. Da ist zum einen die Diskrepanz zwischen einem liberal-konstitutionellen Bürgertum und den im radikaldemokratischen Gedankengut der Revolution von 1848/49 verhafteten Pompiers aus den Reihen der Arbeiter. Zum anderen spielen Ängste von Feuerwehrvertretern aus vermögenden Bürgerschichten eine Rolle, die den Fortbestand ihrer Institution einer Freiwilligen Feuerwehr durch wie auch immer – und sei es nur zum Teil besoldete – Pompier-Corps gefährdet sehen.

      Die Bildung von Landes- und Kreisverbänden ist bereits 1862 beim 5. Deutschen Feuerwehrtag in Augsburg beschlossen und in der Folge auch zügig umgesetzt worden; anwesend sind bereits Vertreter von 135 Feuerwehren. Die Gründung des wilhelminischen Kaiserreichs mit der Proklamation des preußischen Königs Wilhelm zum deutschen Kaiser am 18. Januar 1871 zieht auch eine Gründungswelle Freiwilliger Feuerwehren nach sich, die jedoch in den einzelnen Ländern unterschiedlich stark ausfällt. Das Engagement der jeweiligen Regierung ist hier sehr ausschlaggebend, was besonders im Königreich Bayern ablesbar ist. Hierzu hebt C. D. Magirus [18]hervor: »Nachdem in Bayern die K. Bezirksämter wiederholt angewiesen worden waren, die Gründung von Feuerwehren zu fördern, entwickelten dieselben eine äußerst wirksame und erfolgreiche Tätigkeit.« (Magirus, 1877, S. 65).

      Wie vorsichtig man bei pauschalisierenden Betrachtungen sein muss, zeigt dagegen eine nur wenige Zeilen später festgehaltene Beobachtung: »So lange der Reiz der Neuheit mitwirkte, stand der freiwilligen Feuerwehr alles zur Verfügung. Im Laufe der Jahre aber hat die anfängliche Opferwilligkeit da und dort, besonders in kleinen Orten, so abgenommen, dass man wieder zu Pflichtfeuerwehren greifen musste.«

      Auf den Mangel von Einsatzkräften ist auch die Gründung einer der ältesten deutschen Jugendfeuerwehren zurückzuführen, nämlich 1882 in Oevenum auf der Nordseeinsel Föhr. Letztere stellt jedoch keine Organisation der Jugendpflege dar, sondern eine Einsatzabteilung, auf die zurückgegriffen werden muss, wenn die erwachsenen Männer auf See sind (vgl. Ladwig, 1986).

      1.4 Die Kaiserzeit: Militarisierung und Corpsgeist

      Zu dem mit der Reichsgründung 1871 einsetzenden gesellschaftlichen Wandel konstatiert C. D. Magirus, quasi als prominenter Zeitzeuge aus den Reihen der Feuerwehren, wenig später: »Gegen den Uniformrock mit blanken Knöpfen herrschte damals [d. h. um 1850] eine allgemeine Abneigung […]. Der Bürgerstand hatte eine ausgesprochene Antipathie gegen alles Militärwesen, er wollte keinen Soldatenrock tragen. In diesen Anschauungen hat sich inzwischen ein solcher Umschwung vollzogen, dass mancher jüngere Leser zu obiger Behauptung vielleicht den Kopf schütteln wird.« (Magirus, 1877, S. 59 ff.)

      Empfindet der biedermeierliche Bürger das Militär zurecht als ein Unterdrückungsinstrument einer autoritären Obrigkeit, von deren Kriegen er – mit Ausnahme der wirtschaftlich profitierenden Kriegsgewinnler – ohne persönlichen Nutzen die Lasten zu tragen hat, so wandelt sich der Stellenwert des Militärs innerhalb einer Generation grundlegend. Tobias Engelsing beschreibt diesen Prozess einer sozialen Militarisierung: »Die Hochschätzung militärischer Umgangsformen, die Bedeutung militärischer Ränge (›Reserve-Offizier‹-Titel), der Ehrenkodex der Armee und andere Charakteristika des seit dem Deutsch-Französischen Krieg mit einem beispiellosen Ansehen ausgestatteten Militärs prägten das Bewusstsein auch der bürgerlichen Schichten.« (Engelsing, 1999, S. 60).

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