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Alexander Scheitza

      [4]Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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      1. Auflage 2021

      Alle Rechte vorbehalten

      Umschlagbild: Feuerwehr Mülheim an der Ruhr

      © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

      Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

      Print:

      ISBN 978-3-17-035902-4

      E-Book-Formate:

      pdf: ISBN 978-3-17-0350904-8

      epub: ISBN 978-3-17-035905-5

      mobi: ISBN 978-3-17-035906-2

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      [9]Einleitung

      Am 3. Februar 2008 kam es in Ludwigshafen zu einem verheerenden Brand in einem von türkeistämmigen Migrantinnen und Migranten bewohnten Haus. Neun Personen kamen dabei ums Leben, 60 wurden verletzt. Tragödien in dieser Größenordnung sind in Deutschland zum Glück sehr selten. Zu einem besonderen Ereignis wurde dieser Hausbrand nicht nur wegen der Anzahl der Opfer, sondern noch aus einem anderen Grund: Türkischsprachige Medien berichteten in den Tagen danach, dass Feuerwehr und Polizei nicht schnell genug gehandelt hätten. In den Wochen nach dem Einsatz wurde ein Feuerwehrmann tätlich angegriffen, andere erhielten Morddrohungen, viele Feuerwehrangehörige wurden beschimpft. Erst als der Verdacht einer Ungleichbehandlung widerlegt werden konnte und nach aktiver Aufklärungsarbeit in der türkischen Community Ludwigshafens glätteten sich langsam die Wogen.

      Laut den regelmäßig durchgeführten Umfragen des Forsa-Instituts genießt der Beruf des Feuerwehrmanns bzw. der Feuerwehrfrau mit das höchste Ansehen aller Berufe in Deutschland. Entsprechend groß war bei der Feuerwehr das Erstaunen über die Vorwürfe und das Entsetzen über die Übergriffe in den Wochen nach der Brandkatastrophe in Ludwigshafen. Ganz offensichtlich gab es eine Bevölkerungsgruppe, die nicht ganz so positiv über die deutsche Feuerwehr dachte oder bei der zumindest diese positive Sicht auf sehr wackeligen Beinen stand. Der Hausbrand von Ludwigshafen rückte schlagartig die kulturelle Vielfalt in Deutschland in die Aufmerksamkeit der Feuerwehr: Wie werden wir bei nicht deutschstämmigen Mitbürger*innen wahrgenommen? Was wissen Menschen mit Migrationshintergrund über uns und unsere Arbeit? Und schließlich: Was müssen wir tun, um bei den sich ändernden gesellschaftlichen Bedingungen auch in Zukunft erfolgreich unsere Aufgaben zu erfüllen?

      Im darauffolgenden Jahr nahm auch die erste Feuerwehr Kontakt mit dem interkulturellen Weiterbildungsinstitut auf, dem ich angehöre. Seitdem nimmt die Arbeit mit Berufsfeuerwehren und Freiwilligen Feuerwehren einen nicht unerheblichen Teil meiner Tätigkeit als interkultureller Trainer ein. Für einen Trainer ohne eigene Feuerwehrerfahrung war das Feuerwehrwesen zu Beginn Neuland. In den Jahren der gemeinsamen Arbeit konnte ich aber immer tiefer in das »Feuerwehruniversum« eintauchen und die Feuerwehr ist mir in dieser Zeit immer mehr ans Herz gewachsen. Die Tätigkeit von Einsatzkräften ist in doppeltem Sinn sozial: Sie setzen sich – teilweise unter Lebensgefahr – für das Gemeinwesen ein und tun dies auf eine [10]Art und Weise, die meist nur im Verbund mit Kameradinnen und Kameraden erfolgreich sein kann. Ein bestimmter Menschentyp ist mir bei der Feuerwehr häufig begegnet: Mit Nüchternheit blickt er auf ein Geschehen, mit Leidenschaft setzt er sich bei seiner Tätigkeit ein und mit Warmherzigkeit genießt er das kameradschaftliche Miteinander.

      Aber nicht immer war die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr spannungsfrei. In einem Großprojekt mit einer Berufsfeuerwehr wurden meine Kolleg*innen und ich belehrt, dass nicht jeder Feuerwehrmann/-frau darauf gewartet hat, seine/ihre interkulturellen Kompetenzen weiter auszubauen. Die zugenommene kulturelle Vielfalt in der deutschen Gesellschaft wurde von nicht wenigen Kamerad*innen skeptisch betrachtet, die notwendigen Anpassungsleistungen einseitig von Migrant*innen erwartet. Dass ein gekonnter Umgang mit interkulturellen Herausforderungen heutzutage auch Teil der eigenen Professionalität sein muss, war nicht auf Anhieb einsichtig. Nach mehreren gelungenen Kooperationen mit Feuerwehren und einer Vielzahl interkultureller Weiterbildungen für Sicherheitskräfte und öffentliche Verwaltungen zeigte uns dieses Projekt auf, dass gelegentlich sehr grundlegende Überzeugungsarbeit zu leisten ist und die Rahmenbedingungen einer Weiterbildung nicht vernachlässigt werden dürfen, damit eine interkulturelle Weiterbildung auch erfolgreich sein kann. Um mit solchen – menschlich ja durchaus nachvollziehbaren – Widerständen umzugehen und Angehörige der Feuerwehr in interkulturellen Weiterbildungsveranstaltungen dort abzuholen, wo sie sich in ihrer Auseinandersetzung mit interkulturellen Themen gerade befinden, haben meine Kolleg*innen und ich unser Repertoire an Inhalten und Methoden im Anschluss an diese Erfahrung beständig ausgebaut und verfeinert.

      In den letzten Jahren ist neben dem Einsatzgeschehen eine weitere interkulturelle Herausforderung in das Blickfeld der Feuerwehr geraten: Während die deutsche Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten kulturell immer vielfältiger geworden ist, sind die in der Feuerwehr Tätigen fast ausschließlich deutscher Herkunft. Menschen mit nicht-deutschen Wurzeln scheinen nur selten den Weg in die Feuerwehr zu finden. Migrantinnen und Migranten in die Feuerwehr zu integrieren, ist aber nicht nur ein Gebot gesellschaftlicher Mitverantwortung. Aufgrund rückläufiger Mitgliedszahlen wird es vor allem für die Freiwillige Feuerwehr zu einer puren Notwendigkeit, verstärkt auch Mitglieder aus anderen Bevölkerungsgruppen zu gewinnen, um auch in Zukunft erfolgreich ihren Auftrag zu erfüllen. Es stellen sich die folgenden Fragen: Wie erreicht man diese Gruppen? Wie kann man Menschen mit Migrationshintergrund für die Feuerwehr begeistern? Welche Strategien und welche Argumente sprechen diese Zielgruppe an? Inwiefern muss die Feuerwehr ihre eigene »Kultur« überdenken und an manchen Stellen vielleicht modifizieren?

      [11]Dieses Buch basiert auf einer Vielzahl von Weiterbildungsveranstaltungen und Gesprächen mit Feuerwehrangehörigen. Es widmet sich sowohl den interkulturellen Herausforderungen im Einsatzgeschehen als auch bei der Gewinnung von Mitgliedern. In den ersten vier Kapiteln beschreibt es den Status quo der deutschen Feuerwehr. Kapitel 1 blickt dabei in die Vergangenheit und stellt die wechselhafte Geschichte des Feuerwehrwesens in Deutschland bis zur Wiedervereinigung dar. Der Autor Rolf Schamberger (Leiter des Deutschen Feuerwehrmuseums in Fulda) beschreibt die interkulturellen Wurzeln der deutschen Feuerwehr und zeigt auf, wie diese sich immer wieder an gesellschaftliche Bedingungen angepasst hat bzw. anpassen musste.

      Kapitel 2 beschäftigt sich allgemein mit dem Ehrenamt, seiner Geschichte sowie den Entwicklungen von bürgerschaftlichem Engagement in jüngster Zeit. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Verhältnis von Menschen mit Migrationshintergrund zu einer ehrenamtlichen Betätigung: Welche Erfahrungen und Prägungen beeinflussen die Sicht dieser Bevölkerungsgruppe auf ehrenamtliche Tätigkeiten? Welche Herausforderungen stellen sich für Ehrenamtsorganisationen wie der Feuerwehr? Welche Chancen bietet das Ehrenamt sowohl für die Integration und Teilhabe von Migrant*innen als auch für Ehrenamtsorganisationen wie die Feuerwehr?

      Kapitel 3 betrachtet die aktuelle Situation der deutschen Feuerwehr. Die Mitglieder- bzw. Beschäftigtenstruktur

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