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wichtig, denn diese Entscheidung ist oft umkämpft.

      Nach meiner Missionsreise nach Indien dachte ich mir, es wäre eine gute Sache, etwas provokanter in der Öffentlichkeit aufzutreten. Also holte ich mir einen weißen Anzug und bastelte mit einem zweieinhalb Meter langen Bambusstab und etwas Pappe ein Schild: »Jesus rettet, heilt und befreit – heute!« Auf der Rückseite stand: »Ich bin der Herr, dein Arzt«.

      So ausgestattet ging es auf die Straße. Klar, ich erregte Aufmerksamkeit. Die Menschen schauten mich an, aber es gab mehr verwirrte Blicke als konstruktive Gespräche. Mit einem jungen Mann sprach ich allerdings über den Glauben. Er war offen und interessiert, aber seinem Freund war die Situation scheinbar ziemlich peinlich. Der interessierte junge Mann hatte Knieschmerzen. Großartig, denn so konnte ich die in Indien mehrfach erprobte Heilungskeule auspacken und mal so richtig auf den Putz hauen.

      Er setzte sich und ich beugte mich zu seinem Knie, um zu beten. Kraft floss, die Situation wurde spannend, die Atmosphäre änderte sich. Er war für eine kurze Zeit wie weggetreten. Sein Freund fand das alles nach wie vor ziemlich uncool. Aber der Schmerz war weg. Ich beeilte mich, ihm möglichst schnell das Evangelium zu erklären, aber sein Freund zerrte an ihm. Er gab sich geschlagen und die beiden verschwanden in der Masse.

      Schade. Es hätte sein Tag werden können. Es hätte der beste Tag seines Lebens werden können. Aber er wurde daran gehindert, eine Entscheidung zu treffen. Immerhin hatte er eine Begegnung mit der Kraft Gottes und diese Begegnung hat definitiv Spuren hinterlassen. Vielleicht war es ein Baustein auf dem Weg zum Glauben, ein Glied in der Kette vieler Ereignisse, welche ihn am Ende zu Gott führten.

      Sind wir etwa alle Evangelisten?

      Auch wenn es wichtig ist, Menschen von Jesus zu erzählen, damit sie gerettet werden, sind nicht alle Christen Evangelisten. Die Sache mit dem Schild und dem Anzug funktioniert nur, wenn nicht alle Christen so rumlaufen. Nicht jeder Christ sollte wie das eine Ehepaar Weinert nach Südafrika gehen und nicht jeder muss an Missionseinsätzen nach Indien teilnehmen. Nein, Evangelisation ist ein viel breiteres Feld. Ich schreibe im nächsten Kapitel ausführlicher darüber.

      Wenn wir uns Gott zur Verfügung stellen, dann bedeutet das auch, dass wir einander dienen, indem wir gute Musik schreiben, die Technik im Gottesdienst betreuen, das Klo in den Gemeinderäumen putzen, uns gegenseitig coachen oder bei Problemen helfen. Und auf viele, viele Weisen mehr. Auch solche Dinge geben unserem Leben Sinn, auch das gehört zu unserem Auftrag dazu.

      Der Sinn des Lebens besteht außerdem darin, Gott besser kennenzulernen. Wie lernt man jemanden besser kennen? Indem man Zeit mit ihm verbringt. Ich lernte meine Frau Yuliya auf einer Bibelschule kennen (auch davon erzähle ich später im Buch genauer). Dort haben wir viele Gespräche geführt, noch bevor wir wussten, dass wir uns lieben oder füreinander bestimmt sind. Wir erlebten einiges gemeinsam, weil wir zur gleichen Zeit am gleichen Ort waren. Später schrieben wir uns Nachrichten und E-Mails und telefonierten miteinander. Und genauso funktioniert das auch bei Gott. Du kannst ihn besser kennenlernen, wenn du mit ihm redest, wenn du Zeit mit ihm verbringst, wenn du seine Nachrichten – also die Bibel – liest und wenn du Dinge mit ihm erlebst.

      Gott ist großartig, er hat es verdient, angebetet zu werden. Auch das ist Sinn des Lebens. Engel stehen vor seinem Thron und beten ihn an. Einen großen Teil der Ewigkeit werden wir mit Anbetung verbringen. Es ist eine gute Idee, das jetzt schon zu tun. Ich liebe Anbetung und habe auch immer wieder mal in Lobpreisbands gespielt. Aber es gibt Menschen, in deren Leben Anbetung eine viel größere Rolle spielt, deswegen berichte ich in diesem Buch nicht sehr ausführlich darüber. Es gibt andere Bereiche, in denen ich aktiver war und bin, zum Beispiel Evangelisation.

       [ Zum Inhaltsverzeichnis ]

      3 EVANGELISATION – Soll ich etwa da rausgehen und von Jesus erzählen? Ich?

      Ich weiß noch genau, wie sich mein erster Morgen als frisch gebackener Christ anfühlte. Ich stand putzmunter auf, bereit, in ein neues Leben zu starten. Mein ganzer Körper war bis in die letzten Spitzen randvoll mit Energie. Aber mein Besuch des Missionsfestes war nicht nur ein Wellness-Trip der etwas anderen Art. Ich war ein ganz neuer Mensch geworden. Im Büro erfuhr ich, dass eine Verwandte einer meiner Angestellten gestorben war. Das hätte mich früher nicht weiter gejuckt, aber nun fuhr ich zusammen mit einem anderen Angestellten vorbei, um nach ihr zu sehen. Ich wollte einfach Liebe weitergeben.

      Außerdem platzte ich fast vor Aufregung, denn ich wollte die Sache mit Jesus endlich weitererzählen. Das Gespräch mit der trauernden Angestellten war noch nicht der richtige Zeitpunkt, aber am Abend hatte ich eine Tanzstunde. Ich holte meine Tanzpartnerin ab und hörte auf dem Weg eine Predigt-CD, die ich auf dem Missionsfest gekauft hatte. Vielleicht eine gute Gelegenheit, um auf das Thema aller Themen zu kommen. Aber als sie ins Auto stieg, machte ich die CD schnell wieder aus. Es war immer noch nicht der richtige Zeitpunkt. Auch auf dem Heimweg brachte ich keinen Ton heraus. Ich fuhr sie nach Hause und fragte mich frustriert, was da eigentlich schiefgelaufen war.

      Da hörte ich plötzlich jemanden zu mir sprechen: »Besuch Simon und Melanie«, ein befreundetes Paar.

      Ich reagierte sofort mit einer 180-Grad-Drehung auf der Kreuzung und fuhr zu ihnen. Sie waren tatsächlich zu Hause, dummerweise waren Melanies Eltern auch da, und wieder schien die Gelegenheit nicht zu passen. Wir unterhielten uns dennoch gut und als sich Melanies Eltern verabschiedeten, war mein Moment endlich gekommen.

      Ich fragte: »Ist euer Sohn eigentlich getauft?« Und das Gespräch nahm seinen Lauf.

      Zum ersten Mal konnte ich von Jesus erzählen und das machte mich so glücklich. Die Reaktion meiner Freunde hatte ich mir zwar anders vorgestellt, aber das war mir egal. Ich fuhr nach Hause mit der Gewissheit: Diese Nachricht muss ich einfach weitererzählen. Immer wieder.

      In den Tagen danach redete ich fast täglich mit irgendjemandem über mein Erlebnis auf dem Missionsfest und darüber, was mir Jesus nun bedeutete. Ich ging weitgehend ohne Plan vor und ließ mich einfach von meinem Bedürfnis antreiben, anderen Menschen von Jesus zu erzählen. Vor allem sollten alle meine Freunde die Neuigkeiten erfahren. Denn früher hatte ich ihnen ja auch von meinen Drogenanbauerfolgen oder meinem neuen Auto erzählt. Wäre doch komisch, ein derart großartiges Ereignis jetzt für mich zu behalten, oder?

      Gottes Stimme hörte ich jetzt häufiger. Davon erzählte ich allerdings niemandem etwas. Ich fand, es könnte der Verdacht aufkommen, ich gehöre in eine psychiatrische Klinik und sollte mit Medikamenten vollgepumpt werden. Die Stimme war allerdings der Heilige Geist und seine Tipps waren wirklich sehr wertvoll. Denn Timing ist alles, wenn man Menschen von Jesus erzählen möchte. In ihrem vollgestopften Alltag gibt es oft nur einen kurzen Moment, in dem sie bereit sind, von Jesus zu hören.

      Als rational denkender Westeuropäer stellte ich mir natürlich die Frage, ob meine Erlebnisse mit Gott nicht vielleicht doch nur Zufall oder Einbildung waren. Irgendwann gab ich mich aber der Gauß’schen Normalverteilung geschlagen: Wenn du nur einmal irgendwas in den Wind sprichst und dann tatsächlich eine Reaktion erlebst oder eine Antwort bekommst, könnte es sich um einen Zufall handeln. Wenn du aber in zehn Tagen zehn Mal erlebst, wie Gott handelt, dann bewegt sich die Wahrscheinlichkeit eines Zufalls gegen null. Spätestens nach 50 oder 100 solcher Erlebnisse musst du dich der Statistik beugen und akzeptieren: Gott existiert, er handelt und spricht mit uns. Jemand hat mal zu mir gesagt: »Wir Christen tun einfach so, als wäre die Bibel die Wahrheit.« Das nennt sich Glauben.

      Was ist nun also der Glaube? Er ist das Vertrauen darauf, dass das, was wir hoffen, sich erfüllen wird, und die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert.

      Hebräer 11,1

      Der Glaube ist der Anfang. Und dieser

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