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verrückten Herrscher wegkicken.

       02.02.2017

      Es ist für mich unvorstellbar, wie die Welt in vier Jahren, nach dem Ende von Trumps Präsidentschaft, aussehen wird. Aber noch viel unvorstellbarer ist für mich, wie die Einträge in diesem Tagebuch dann aussehen werden. Es scheint, als erfordere das Abbild einer Zeit mehr Vorstellungskraft als die Zeit selbst. Aber warum auch nicht? Alle Historiografie ist ein Sich-Distanzieren. Schritt hält der Schreibende nur mit sich selbst. Das Imaginäre ist die geschichtsmächtigste Kraft.

       03.02.2017

      Die USA nehmen Bootsflüchtlinge aus Lagern der Australier auf. Laut Donald Trump wird das Heimatschutzministerium jeden Einzelnen genau untersuchen. Eines werden sie aber bei keinem finden: die Menschenwürde. Die haben ihnen die Australier schon genommen.

       04.02.2017

      Langsam verwesende Körper unter Maßanzügen. Überzüchtete Gehirne, die sich austoben wollen. Wall Street. Neue Freiheit. Statt Anklage die Anti-Klagemauer. Die Gebetszettel lesen sich alle wie Dekrete aus dem Weißen Haus.

       05.02.2017

      Tagebücher sind die Annalen des kleinen Mannes.

       06.02.2017

      Vielleicht war das Bild, das wir über Jahre hinweg von Amerika hatten, nur ein Traum, ein Produkt reinen Geistes und schlechten Gewissens, und jetzt, wo Amerika unter Trump auftaucht wie ein urzeitliches Tier aus einem Sumpf, wie ein wabernder Batzen Fleisch aus einem kochenden Sud, da können wir es nicht glauben und hoffen, dass das Fleisch nur die Überreste jenes Tieres darstellt, das man lange vor unserer Zeit geschlachtet hat, und dass das Bild, wie dieses Monster aus dem Morast kriecht, nur in unserem Kopf existiert.

       07.02.2017

      Menschen mit psychischen Störungen dürfen nach einer Entscheidung des Kongresses künftig wieder Waffen kaufen. Die National Rifle Association jubelt – und die psychisch Kranken auch. Wer eine multiple Persönlichkeitsstörung vorweisen kann, bekommt beim Kauf eines Sturmgewehrs gleich noch eins dazu.

       08.02.2017

      Betsy DeVos ist seit gestern Bildungsministerin der Vereinigten Staaten. Ihre Wahl war denkbar knapp, am Ende stand es im Senat 50:50, und nur weil die Stimme des Vizepräsidenten in solchen Fällen doppelt zählt, hat sie den Job bekommen. DeVos war (und ist) vor allem bei den moderaten Republikanern umstritten, nicht nur, weil sie eine extrem eifrige, um nicht zu sagen eifernde Verfechterin von Privatschulen ist, sondern weil sie möglichst viele dieser Schulen unter erzkonservative christliche Führung bringen will. Im Wahlkampf hatte sich DeVos für den hoffnungslosen Jeb Bush eingesetzt und Trump als »Eindringling« gebrandmarkt, der die republikanische Partei nicht repräsentiere. Aber dann ist sie heimlich nach Canossa gegangen, oder sagen wir besser: hat ihren Bruder Erik dorthin geschickt. Wobei der im Grunde schon da war. Denn ihr Bruder Erik, der mit Nachnamen Prince heißt, einst das skandalträchtige Söldnerunternehmen Blackwater gegründet hat und seither in der klandestinen Welt der globalen Sicherheitsberater verkehrt, ist inzwischen zu einem festen Bestandteil von Trumps Dunstkreis geworden und berät ihn in Geheimdienst- und Militärangelegenheiten. Er hat dafür gesorgt, dass Trump seine nach Macht gierende Schwester nicht exkommuniziert, d. h. sie nicht aus dem Kreis der Kandidaten für die Leitung des Bildungsministeriums verstößt. Schließlich, so hat Erik Prince König Donald erklärt, sei seine Schwester ganz auf der Linie des Präsidenten und genauso wie er daran interessiert, den Staat bis aufs Mark zu entkernen und die öffentlichen Aufgaben in die Hände von Unternehmen und Privatleuten zu legen. Die Hohlräume, die bei der ganzen Aufräumaktion entstehen, wolle sie aber nicht leer lassen, sondern mit kleinen und großen Soldaten Christi auffüllen, denn sie erwarte die baldige Ankunft des Reichs Gottes und wolle vorbereitet sein, wenn er kommt. Tja, und als er das gehört hat, da ist er weich geworden, der Papst Präsident. Er hat gemerkt, dass sie um das Amt geradezu bettelt, die bildungsbeflissene Betsy, und dass sie es ernst meint mit Reue und Buße und dass sie ihr letztes Hemd (und auch ein bisschen was von ihrer letzten Milliarde) geben würde für ihre gemeinsame Vorstellung vom umfunktionierten amerikanischen Staat. Na ja, und da hat er sie eben als Ministerin vorgeschlagen und ihren Bruder, den Söldnerführer, zum, wenn schon nicht unbescholtenen, so doch unbesoldeten Militärberater gemacht. Denn nicht erst seit er Präsident ist, weiß Trump wie man repräsentiert – und eines ist sicher: Es gibt nicht viele Geschwisterpaare, die die amerikanische Trinitätslehre aus Gott, Geld und Gewalt so gut verkörpern wie Eric Prince und Betsy DeVos.

       09.02.2017

      Donald, das alte Pfirsichgesicht. Man nennt ihn The Peach With the Bleach and the Brain Out of Reach.

       10.02.2017

      Was weder Trump noch die Demokraten begreifen (weil sie den romantischen Quell ihrer Sehnsucht nicht mal vor sich selbst offenbaren): Amerika findet seine Einheit nur in der Wunde, die mit ihren blutigen Lippen zum linken wie zum rechten Ohr spricht.

       11.02.2017

      Me lanija (Slowenisch) bedeutet: »Ich schweige.«

       12.02.0217

      Nicht erst seit Donald Trump wissen wir: Golfplätze sind das Arkadien der Mächtigen.

       13.02.2017

      So geht das: Erst schenken die Franzosen den Amerikanern die Freiheitsstatue, damit die Welt von der Freiheit erfährt, die in beiden Ländern existiert. Dann bauen die Amerikaner eine große Mauer, damit ihre Freiheit erhalten bleibt. Anschließend errichten die Franzosen ebenfalls eine Mauer, und zwar rund um den Eiffelturm, damit auch dort trotz Terror die Freiheit gewahrt bleibt. Und zum Schluss schenkt die Freiheit dem Rest der Welt Statuen von Franzosen und Amerikanern, damit alle erfahren, dass sie es ist, der man in beiden Ländern Denkmäler in Form von Mauern gebaut hat.

       14.02.2017

      Trudeau traf Trump – der Schöne besuchte das Biest. Wenn es nur so einfach wäre … Beide wollen das Öl, um den Sand aus dem Getriebe der Keystone-Pipeline zu spülen. Die Schmiermitteldiplomatie hat gerade erst begonnen.

       15.02.2017

      Das konservative American Action Forum veranstaltet ab sofort ein »Regulation Rodeo«. Wer in kürzester Zeit die meisten Regulierungen abwirft, wird zum Superstier gekürt. Auf der dazugehörigen Webseite wird der Wettkampf in Form von Deregulierungs-Grafiken sichtbar gemacht. Aktuell liegt Bully Boy Donald deutlich in Führung. Er hat den Papierkram direkt bei den Hörnern gepackt und nach Angaben des Aktionskomitees schon über 24 Millionen Stunden Verwaltungsarbeit gespart. In gerade mal 26 Tagen! Super-American!

       16.02.2017

      … und dann sind da Leute wie Stephen Miller, und wenn ich ihn sehe, möchte ich lachen (aber das geht nicht, denn die Situation ist zu ernst) und ihn übertönen (aber das kann ich nicht, denn er ist auf allen Kanälen) und den Fernseher schwarz-weiß stellen (denn das ist die Zeit, aus der er kommt). Er, Stephen Miller, der unlängst erklärte: »Wenn jemand etwas Schlimmes über mich erzählt, dann ist das nicht wahr.« Er hat das ernst

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