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sagte Beltel, »Sie haben uns sehr geholfen.«

      Die Polizisten schüttelten den beiden Saisonarbeitern die Hand. Frau Much begleitete sie noch ein Stück auf dem Weg zurück zum Auto.

      Beltel stieg ein und telefonierte sofort mit dem Präsidium.

      Noch immer keine Spur von Ralf Schmitter und seiner Freundin. Beltel gab die Daten von Dariuz Martiniak durch und bat um eine Überprüfung. Dann teilte der Kollege in Bonn mit, dass ein Nachbar Beltels im Präsidium angerufen und dringend um Rückruf gebeten hatte. Beltel ließ sich die Nummer und den Namen des Nachbarn geben. Herr Espel! Ihm schwante, wo-rum es ging. Mit einer dunklen Ahnung, was auf ihn zukommen würde, wählte er die Nummer.

      »Herr Beltel, was ist da in Ihrem Haus los?«, polterte Espel sofort los. Beltel war dem Mann bislang immer aus dem Weg gegangen. Espel war der Einzige in der Nachbarschaft, dem eigentlich jeder aus dem Weg ging. Ein Kleinlichkeitskrämer, der mehr als die Polizei darauf achtete, dass ordentlich geparkt wurde. »Das Gekläffe ist ja nicht auszuhalten. Mein Baby kann nicht schlafen. Seit wann haben Sie denn einen Hund?«

      Beltel hatte die Töle im Laufe des Vormittags zum Glück vergessen können. Nun war er mit ihr wieder leibhaftig konfrontiert. Er wollte beschwichtigend antworten, aber Espel schimpfte weiter. »Das ist eine Unverschämtheit. Ich werde die Polizei anrufen und eine Anzeige erstatten. Dieses Tier schaffen Sie wieder ab. Dafür werde ich sorgen.«

      Beltel wollte noch erklären, dass der Hund nur für kurze Zeit bei ihm sein würde, da hatte Espel schon aufgelegt. Funk hatte das Gespräch mitbekommen. Er wich Beltels Blick aus, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.

      Der Kriminalhauptkommissar war genervt. »Der Hund muss unbedingt weg. Ich hoffe, der Nachbar meiner Haushälterin hat eine Hundepension aufgetan. Dann habe ich schon heute Abend eine große Sorge weniger.«

      Er hatte noch einen Anruf zu tätigen. Von Funk ließ er sich Klötschs Karte geben und wählte die Nummer.

      »Herr Klötsch, kennen Sie einen Polen namens Darek? Er soll für Herrn Nirbach gearbeitet haben.«

      Klötsch war wieder ganz der selbstbewusste Geschäftsmann. »Darek? Nein, ist mir nicht bekannt. Herr Nirbach hatte einen Tschechen und zwei Türken beschäftigt. Einen Polen gab es nicht in der Firma.«

      »Danke, Herr Klötsch, mehr wollte ich erst mal nicht wissen«, sagte Beltel und beendete das Telefonat. Dann wandte er sich an Funk. »Der Kerl lügt, dass sich die Balken biegen.«

      »Du magst ihn nicht, was?«

      »Du etwa?«

      Funk zuckte mit den Schultern. »Ich versuche, mich nicht von persönlichen Abneigungen leiten zu lassen. Das ist unprofessionell, Manfred. Aber das brauche ich dir eigentlich nicht zu sagen. Okay, wir haben nun mit diesem Dariuz Martiniak eine zweite Person mit Motiv. Dennoch könnte es sich als sträflich erweisen, wenn wir die Suche nach Ralf Schmitter ausschließlich den Rheinbacher Kollegen überlassen«, sagte Funk.

      »Glaub mir, Hans, der Junge war’s nicht«, erwiderte Beltel. »Das war die Tat eines Profis, der außerordentlich gut mit einem Gewehr umgehen kann. Lass uns nach Schweinheim fahren. Reden wir dort mit ein paar Saisonarbeitern und dem Erdbeerbauern. Außerdem wäre es mir sehr lieb, wenn wir an den Gedichtschreiber, oder den Poeten, wie du ihn nennst, rankommen könnten. Ich hab das Gefühl, dass wir noch von ihm hören werden.«

      Funk gab nicht so schnell auf. »Es könnte doch sein, dass wir es mit einem Ausnahmetalent zu tun haben. Es gibt Kinder, wesentlich jünger als Schmitter, die im Schützenverein sind und besser als viele Alte treffen. In unserem Dorf ist letztes Jahr ein Vierzehnjähriger Schützenkönig geworden.«

      Beltel nickte und lächelte, innerlich davon überzeugt, dass ihn sein Riecher nicht täuschte.

      Der Trauerzug

      Nachdem sie von der Schnellstraße Richtung Flamersheim und Euskirchen rechts nach Schweinheim abgebogen waren, tauchte wieder ruhige, hügelige Waldlandschaft auf. Schweinheim lag flach, kleiner und irgendwie mehr abseits scheinend als Loch. Rechts tauchte ein wunderschönes Fachwerkhaus auf, das von Schatten spendenden Bäumen und von einer grünen Mauer von der Straße abgeschirmt wurde. Links befand sich ein größerer Reiterhof. Dann musste Beltel abrupt bremsen. Nach einer Kurve bewegte sich ein Beerdigungszug durch das Dorf. Ungefähr dreißig bis vierzig überwiegend ältere, schwarz gekleidete Menschen folgten einem mit Blumen geschmückten Sarg. Der Zug bewegte sich zu leiser Trauermusik Schritt für Schritt Richtung Dorfmitte.

      Plötzlich entstand eine Unruhe unter den Trauergästen. Beltel stellte den Motor ab und stieg aus. Auch Funk verließ den Wagen, um zu sehen, was passiert war. Die beiden Polizisten begaben sich zu der Trauergruppe. Eine Frau um die siebzig war zusammengebrochen. Sicherlich handelte es sich um eine nahe Angehörige des Toten.

      Zwei Männer kümmerten sich um die bewusstlose Frau. Beltel zückte sein Handy und wählte die Nummer des Notarztes. Währenddessen ging Funk zum Auto zurück, um ein Kissen zu holen. Er legte es unter den Kopf der Frau. Beltel tastete nach ihrem Puls. Der Puls ging unregelmäßig, aber scheinbar war die belastende Trauer der Grund für die Ohnmacht der älteren Frau.

      Waldhotel Rheinbach

      Herrmann Klötsch war genervt. Jemand hatte ihn im Auftrag des Architekten Jens Breitbach angerufen und sich über die Innenarbeiten im Waldhotel Rheinbach beschwert. Angeblich hatten Klötschs Mitarbeiter dort schlampig verputzt.

      Er hasste es, diesen Lackaffen gegenüber freundlich bleiben zu müssen. Das war einer der Nachteile im Baugewerbe. Früher im Puff hatte er nicht weniger verdient und sich Beschwerden nur einmal anhören müssen. Wer motzte, flog hochkantig raus.

      Aber hier herrschten andere Gepflogenheiten. Ohne Zufriedenheit des Kunden gab es kein Geld. Und es war noch eine große Summe offen, die Breitbach zu überweisen hatte. So blieb Klötsch nichts anderes übrig, als am Waldhotel vorbeizufahren und den Arschkriecher zu spielen.

      Arbeiter einer anderen Firma waren noch vor dem Gebäude beschäftigt. Innen war es fast schon bezugsfertig. In nur wenigen Monaten würde das Hotel den Betrieb aufnehmen. Ein Luxuskasten, dessen Bauart modernen und alten Stil miteinander vereinte. Wenn die Gartenbaufirma loslegte, würde das Gelände hier ganz anders aussehen. Der zurzeit noch kiesige Weg würde zu einer beidseitig von Gartenarchitekten bepflanzten Prachtauffahrt werden.

      Klötsch könnte einen Urlaub gebrauchen. Aber im Moment war dies nicht möglich. Er führte die Geschäfte für Viola Nirbach, die es sich bis heute in Spanien hatte gut gehen lassen. Vor einem halben Jahr hatte Viola Karls Firma übernommen und sie war zu Klötschs Chefin geworden. Aber genau wie vorher war Klötsch nicht nur Befehlsempfänger gewesen. Er hatte nicht selten mitentscheiden können und er hatte immer sehr gut mitverdient. Sein Bankkonto in Liechtenstein wies genug auf, um sich irgendwo in der Karibik zur Ruhe setzen zu können. Aber noch nicht jetzt.

      Jetzt, da Nirbach tot war, hatte er zwar noch mehr um die Ohren, aber es waren auch noch mehr Euros drin. Viola war nun vollkommen auf ihn angewiesen, deshalb würde er bald mit ihr über eine kleine Gehaltszulage reden müssen. Das wollte er geschickt anstellen und nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, denn sie war härter im Geschäftsleben, als Karl es jemals hätte sein können. Aber sie war auch fair und wusste gute Arbeit zu schätzen. Insofern hatte er gute Karten.

      Zwanzig Jahre hatte er Nirbach gekannt. Er war immer loyaler Untergebener gewesen und es war nie zu Spannungen gekommen. Karl, Viola und er waren wie eine Familie gewesen. Trotzdem hatte Klötsch kaum Trauer verspürt, als er Karl im Wald erschossen aufgefunden hatte. Wut ja, auch ein wenig Angst. Der Polizist hatte nach Kontakten in Köln gefragt, aber die gab es im Geschäftsleben tatsächlich nicht mehr. Höchstens privat waren Nirbach und er nochmal auf der ein oder anderen Party von Puffbesitzern gewesen.

      Dennoch hatte auch Klötsch sich gefragt, ob wirklich die Jungs hinter Karls Ableben steckten. Nur, wer konnte sonst Karl aus dem Weg geräumt haben? Der Bulle hatte nach Darek gefragt. Weshalb gerade nach ihm? Der Pole hatte gelegentlich Jobs für

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