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ihre Probleme mit Alkohol zu lösen versucht und dies vor ihrer Umwelt längere Zeit verborgen.

      Beltel mochte die Frau, sie hatte ihre Arbeit immer gut gemacht, aber die Sache mit dem Hund war zu viel. Er musste das Tier in eine Tierpension geben. Nur wie sollte er auf die Schnelle eine geeignete finden? Dieser Fall mit dem toten Jagdpächter würde ihn vollkommen in Anspruch nehmen. Da konnte er nicht mit einem Dackel in der Gegend herumfahren und Hundepensionen abklappern.

      Funk grinste. »Du bist also auf den Hund gekommen?« Etwas ernster fügte er hinzu: »Meine Eltern hatten mal einen Hund. Ich bevorzuge aber Katzen. Marga und ich haben eine. Molly, ein Schmusetier.«

      »Das heißt, du kannst mir also auch nicht weiter helfen?«

      »Du dachtest, ich hätte mich um den Hund kümmern können?«

      »Hätte ja sein können. Aber ich versteh schon. Du hast ’ne Katze und ich nehme an, Marga …«

      »Richtig, Marga wäre da garantiert nicht mit einverstanden.«

      Beltel hatte es schon geahnt. Terror Dog, weiß Gott, welche Rasse, erwachte sofort, als sie auf den Parkplatz traten und ließ seinen Aggressionen freien Lauf. Funk grinste und Beltel schüttelte verdrossen den Kopf.

      Die netten Kollegen

      Irgendein Witzbold hatte Beltel das Kalenderblatt vom Mai auf den Tisch gelegt, auf dem ein Dackelwelpe mit großen Augen aus dem Körbchen lugte. Solche Albernheiten waren Standard in seiner Abteilung. Aber nicht nur dort wurde ihm blöd und albern mitgespielt. Sondern auch in seiner Verwandtschaft. Seine Nichte Susanne, die in Bonn studierte, hatte ihn ohne sein Wissen bei einer Internet-Single-Börse angemeldet.

      Susanne, die Tochter seiner Schwester, war sein Liebchen. Zwar total schräg, schrill und verzogen, aber tiefsinnig, intelligent und mitfühlend, wenn es drauf ankam. Insofern war er gern der Ansprechpartner, wenn es um Probleme der jungen, selbstbewussten Studentin ging. Meistens waren es wohlhabende Liebhaber, mit denen regelmäßig Beziehungsstress auftauchte, über den sie offen und ausführlich mit ihm, dem eingefleischten Junggesellen, sprach. Mitfühlend, wie sie sein konnte, schien sie es für nicht glaubhaft zu halten, dass er mit seinem Junggesellendasein zufrieden sein könnte. So hatte sie ihm eine Internet-Annonce als Partnersuchender Single eingebrockt. Dummerweise hatte er auf der Arbeit davon erzählt und einige der »netten« Kollegen hatten sofort komplottartig etwas ausgeheckt. Sie hatten ein zu ihm passendes weibliches Profil erfunden, sich ebenfalls in der Internet-Partnerbörse angemeldet und ihn mit charmanten E-Mails aus der Reserve gelockt.

      Aus Spaß hatte er sich tatsächlich dazu verleiten lassen, der Anfrage einer vermeintlichen Dame, die so kultiviert und intelligent schreiben konnte, zu antworten. Von Anfang an hatte er aber durchblicken lassen, dass er keinesfalls an einer Partnerschaft interessiert sei, aber er könne sich so etwas wie eine E-Mail-Freundschaft vorstellen. Es war zu dem Austausch einiger Mails gekommen, im Laufe derer die vermeintliche Dame langsam dann doch irgendwie zu aufdringlich wurde und er an dem Punkt angelangt war, nicht mehr zu antworten. Hinterher stellte sich heraus, dass seine lieben Kollegen regelmäßig die Köpfe zusammengesteckt hatten, um diese Mails zu verfassen.

      Zwar hatten sie den Scherz nicht auf die Spitze getrieben und sich davor gehütet, eine dieser Mails auszudrucken und irgendwo auf der Etage an ein schwarzes Brett zu hängen, aber das Getuschel und Gekicher in den Büros hatte sie entlarvt.

      Er hatte einige Tage gebraucht, um dem Kollegenkreis den dämlichen Scherz zu verzeihen. Auch mit Susanne, die ihm diese Geschichte eingebrockt hatte und der er bis dahin noch nie etwas übel genommen hatte, hatte er eine ganze Woche nicht reden wollen. Aber da er gerade Susanne nicht lange böse sein konnte, hatte er hinterher sogar ein wenig darüber lachen können.

      Nun ergötzten sich die Dämel an seiner Hundemisere, aber ihm war wieder nicht nach Witzen zumute. Letzte Nacht hatte der Hund ihn zwar schlafen lassen, und heute hatte er alle Decken, Kissen und was sonst noch den Zähnen des Biests anheimfallen könnte, in einem Schrank in Sicherheit gebracht, aber die Befürchtung, wieder eine böse Überraschung zu erleben, sobald er nach Hause käme, ließ ihn nicht los.

      Anfangs hatte er versucht, Susanne anzurufen, in der Hoffnung, dass sie das Tier vielleicht zu sich nehmen könnte, aber nur ihren Anrufbeantworter erreicht. Dann hatte er mit dem Nachbarn seiner Haushälterin telefoniert und ihn gebeten, in Hundepensionen nach einem freien Platz zu fragen.

      Der Nachbar informierte ihn über die Hintergründe, die Frau Münch betrafen. Von ihm hatte er erfahren, dass seine Haushälterin mit einer Überdosis Tabletten in ihrer Wohnung aufgefunden worden war. Ein Selbstmordversuch? Beltel hatte es erst nicht glauben wollen. Karin Münch befand sich mittlerweile auf der geschlossenen Abteilung der Dr. von Ehrenwallschen Klinik und war vorerst telefonisch nicht erreichbar. Beiläufig hatte Beltel nach dem Namen des Hundes gefragt. »Butz« klang ja eigentlich niedlich und gestern Abend hatte der Kriminalhauptkommissar auch eine andere Seite des Tieres kennengelernt. Nach einem Spaziergang hatte der Dackel im Wohnzimmer auf dem Sessel gelegen und ihn beim Grübeln beobachtet. Beltel sah es überhaupt nicht gern, dass sich ein Tier auf seinem bequemen Sessel breitmachte, dies hatte ihn geärgert. Er hatte erst gar nicht versucht, den Hund dort runterzujagen, weil er ahnte, dass er nicht nur niedlich, sondern eigensinnig und vielleicht auch bösartig sein konnte, wenn man ihm nicht seinen Willen ließ.

      Seiner Gewohnheit, in einem Buch abendliche Entspannung zu finden, war er nicht nachgegangen. Noch hatte er, wie sonst, Musik aufgelegt und etwas Jazz gelauscht. Zu dieser Entspannung gehörte das Alleinsein, und da war dieses beobachtende Wesen in seinem Sessel, das den gewohnten Rhythmus total störte. Als er auch noch ein überlegenes Grinsen in dem Hunde-mischlingsgesicht zu entdecken glaubte, hatte er kapituliert und sich entschieden, sofort ins Bett zu gehen.

      Er warf das Kalenderblatt in das Altpapier. Dann entdeckte er das Fax, das halb unter dem Dackelbild gelegen hatte.

      Die Anfrage bezüglich Nirbachs und Klötschs etwaigen Vorstrafen war eingetroffen. Nirbach hatte in Köln einen Saunaclub betrieben. Eine Anzeige wegen Förderung der Prostitution hatte ihm eine Geldstrafe eingebracht und eine Betrugsgeschichte hatte zu einer Bewährungsstrafe geführt.

      Klötsch hatte noch Besseres zu bieten. Schwere Körperverletzung, Förderung der Prostitution und Einbrüche waren mit einigen Jahren hinter Gittern geahndet worden. Seit den letzten vierzehn Jahren jedoch gab es keinen Eintrag mehr in der Strafregisterkartei.

      Der Kriminalhauptkommissar hatte auch die Jugendlichen überprüfen lassen. Frank Bach und Markus Fromm waren noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, Ralf Schmitter dagegen hatte schon einiges auf dem Kerbholz. Wiederholte Körperverletzung und mehrfacher schwerer Diebstahl waren im Strafregister des Jungen vermerkt. Er hatte jede Menge Sozialstunden leisten müssen und er hatte auch schon den Jugendknast kennengelernt. Zurzeit gab es noch eine offene Bewährung, die er sich eingehandelt hatte, weil er einem Erzieher des Heims, in dem er noch vor einem Jahr gewohnt hatte, eine Cola-Flasche über den Kopf geschlagen hatte. Ralf Schmitter war offensichtlich ein schlimmes Früchtchen. Gestern Abend hatten Beltel und Funk noch mit Frank Bach und Markus Fromm geredet. Schmitter hatten sie nicht angetroffen.

      Beltel sah auf die Uhr. Es war neun und Klötsch war noch nicht erschienen. Er wählte Funks Nummer.

      »Was ist mit unserem Besuch, hat er sich vielleicht bei dir gemeldet?« Auch Funk hatte nichts gehört.

      »Wer hat das Kalenderblatt auf meinen Tisch gelegt, Hans?«, fuhr der Hauptkommissar ärgerlich fort.

      Funk erklärte, nichts von einem Kalenderblatt zu wissen.

      »Okay«, sagte Beltel, wohl wissend, dass Funk flunkerte, »aber ich finde die Geschichte wirklich nicht lustig. Das Fax aus dem Vorstrafenregister ist mir erst gar nicht aufgefallen, und da geht es mir nah, wie ernst hier die Arbeit genommen wird.«

      Natürlich wurden auch in der Mordkommission trotz der Ernsthaftigkeit der Fälle oft Späße getrieben und gelacht. Das gehörte einfach dazu. Eine ständige dunkle, ernste Stimmung trug nicht viel zu klaren Gedanken bei. Aber Beltel war von dem Problem mit dem Köter genervt und er hatte sich Luft machen müssen.

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