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und Gehenckh«, in dem sein Degen steckte. Der Hut wurde von einer »Huetschnur mit Berlin [Perlen] gestickt« und einem »Perlin Federlin« geschmückt. Außerdem zählt das Inventar einen Diamantring, einen Smaragdring, zwei Rubinringe, einen goldenen Siegelring und 32 Silberknöpfe auf. Derart ausstaffiert konnte sich der junge Thüringer durchaus auf einer gräflichen Hochzeit sehen lassen.

      Das Wappen der Familie von Meusebach auf dem Epitaph in der Friedhofskapelle Waldenburg

      Die Feierlichkeiten auf Schloss Waldenburg waren mit der formalen Eheschließung keinesfalls zu Ende gegangen. Zehn Tage lang wurde die Vermählung des Grafen Ludwig Eberhard von Hohenlohe mit Gräfin Dorothea von Erbach nach allen Regeln der Kunst zelebriert. Leider hat sich kein regelrechter Ablaufplan erhalten, sodass sich nicht nachweisen lässt, ob etwa Reiterspiele oder Jagdvergnügen zum Festprogramm gehörten. Immerhin belegen die erhaltenen Rechnungen, dass das Gros der Unkosten auf gutes und reichliches Essen entfielen. Bei anderen Hochzeiten des gräflichen Hauses Hohenlohe lässt sich eine Abfolge der Speisen nachweisen, die wohl auch im Jahr 1610 eingehalten wurde. Der Tag begann mit einer Morgensuppe, um die Mittagszeit folgte ein erstes, mehrgängiges Bankett, dann, am Nachmittag, der Untertrunk, ein abendliches Bankett und schließlich der Schlaftrunk. Die Begriffe »Suppe« und »Trunk« dürfen hier nicht allzu wörtlich genommen werden, da auch bei dieser Gelegenheit handfeste Speisen serviert wurden. Zum Schlaftrunk gehörten üblicherweise kandierte Früchte, Zuckerwerk, Lebkuchen und andere Süßigkeiten.

      Das ganze Ausmaß des »großen Fressens« wird in den erhaltenen Rechnungen deutlich. Die Gäste in Waldenburg verzehrten knapp 60 Rinder, 50 Schweine, 127 Schafe und Hammel und große Mengen Wildbret. An Geflügel wurden unter anderem 410 Hühner und Kapaune, 127 Gänse, 30 Feldhühner, 22 Enten, vier Pfauen und etliche Kleinvögel aufgetragen. Der Bedarf an Eiern belief sich auf 3.500 Stück. Auch an Fisch wurde nicht gespart. Die Rechnungen weisen knapp 1.200 Karpfen, 602 Hechte, 230 Forellen, 124 Pfund Aal und verschiedene Kleinfische aus. Hinzu kamen gedörrter Bodenseefisch und beachtliche 4.200 Krebse. Als Beilage sind rund 3.400 Paar Wecken und etwa ebenso viele Laibe Brot aufgeführt. Weniger abwechslungsreich als die Fleisch- und Fischauswahl war das Gemüseangebot: Durch Quellen belegt sind lediglich Kraut und Rüben.

      Die Mahlzeiten waren nicht nur reichlich, sondern auch exquisit – und somit kostspielig – gewürzt. Erwähnung finden Safran, Ingwer, Nelken, Pfeffer, Muskatnuss, Muskatblüten, Zimt, Koriander und Fenchelsamen. Auch andere Speisen und Zutaten auf der Hochzeitstafel hatten einen langen Exportweg hinter sich: Oliven, Kapern, Mandeln, Reis, Zucker, Zitrusfrüchte und »Parmaßon Keeß« zeugten vom guten Geschmack, der Weltgewandtheit und dem Wohlstand des Gastgebers. Unklar bleibt, wie viel Wein es brauchte, um all das herunterzuspülen. Da der größte Teil des Rebensafts nicht eingekauft wurde, sondern aus dem eigenen Keller stammte, liegt hierzu keine aussagekräftige Rechnung vor.

      Neben dem Essen und Trinken gehörten Musik und Tanz zu den integralen Bestandteilen des Fests. Die 20 Trompeter aus Stuttgart, Öttingen, Fürstenau, Berlichingen und verschiedenen hohenlohischen Orten sowie ein Trommelschläger aus Wimpfen sorgten für die klangliche Umrahmung der zeremoniellen Programmpunkte. Lehrer und Schüler der Lateinschule in Öhringen trugen Vokalmusik vor und ein namentlich ungenannter Sänger erhielt 42 Kreuzer, weil er dem frisch vermählten Grafen Ludwig Eberhard ein (leider nicht überliefertes) Lied widmete. Zum Tanz spielten Gruppen oder einzelne Interpreten aus Erbach, Schwäbisch Hall, Öhringen, Weikersheim und Waldenburg, im Ganzen etwa 30 Musiker, auf. Besonders bemerkenswert ist, dass das siebenköpfige Ensemble aus Weikersheim unter Leitung des berühmten Komponisten und gräflich-hohenlohischen Kapellmeisters Erasmus Widmann stand. Die vier Öhringer Musiker werden an einer Textstelle als »Wölffle von Öringen mit seinen Consorten« bezeichnet – die vielleicht älteste namentlich bekannte Boy Group der hohenlohischen Geschichte.

      Die ersten sechs Tage über scheint das Hochzeitsfest auf Schloss Waldenburg fröhlich und friedlich verlaufen zu sein. Erste Anzeichen eines aufziehenden Konflikts zeigten sich am Abend des siebten Tages, dem 3. Oktober 1610, der auf einen Samstag fiel. Später erinnerte sich der hohenlohe-waldenburgische Jägermeister Heinrich von Meerrettich, dass er sich an jenem Abend im Festsaal aufgehalten habe. Der allabendliche Tanz war schon beendet und die meisten Gäste zogen sich in ihre Unterkünfte in Schloss und Stadt zurück, als der Jägermeister auf zwei Streithähne aufmerksam wurde. Es handelte sich um Liebmann von Meusebach und den bereits erwähnten Friedrich von Lelliewah. Der 25-jährige Lelliewah stammte aus der Nähe von Kulm (heute: Chełmno). Trotz seines geringen Alters hatte er sich bereits eine gewisse Weltläufigkeit erworben. Einen Teil seiner Jugend hatte er in Königsberg und Berlin zugebracht. Später hatte er sich seine Sporen im Süden des Reiches verdient, erst bei den Grafen von Oettingen, dann bei den Grafen von Erbach, in deren Diensten er 1610 stand.

      Durch das Wortgefecht der Kontrahenten erfuhr Heinrich von Meerrettich, dass sich der Unmut an einem geringen Geldbetrag entzündet hatte. Offenbar hatten sich Meusebach und Lelliewah während der Hochzeitsfeierlichkeiten zusammengesetzt und ein Würfel- oder Kartenspiel gewagt. Meusebach hatte verloren und war Lelliewah neun Batzen (= 36 Kreuzer) schuldig geblieben. Offenbar erkannte Meusebach die Rechtmäßigkeit dieser Forderung durchaus an. Zumindest enthalten die Quellen keinen Hinweis, dass sich der junge Edelmann durch seinen Spielkumpanen über den Tisch gezogen oder betrogen fühlte. Und dennoch weigerte er sich standhaft, die neun Batzen zu bezahlen. Heinrich von Meerrettich versuchte die Wogen zu glätten und ermahnte die jungen Männer, sie »sollten fridlich und eynig mit einander sein [und] nichts bey disem gravlichen Beylager anfachen, dann es bishero fridlich abgangen.« In der Hoffnung, die Gemüter beruhigt zu haben, nahm der Jägermeister seinen Abschied und suchte seinen Schlafplatz auf.

      Die Hoffnung erwies sich schon tags darauf als vergeblich: »Volgenden Sontag nach dem Mittag-Imbiß hetten sy wider miteinander zue zanckhen angefachen, und Lelif zu Meyßbach gesagt: Er were ime 9 Bazen schuldig, soltte ime nur etwas khaufen oder das Geltt geben, welches aber Meyßbach verweigert, mit dem Reden: Er gebe ime also nit.«

      Stattdessen bot Meusebach dem Kontrahenten sein altes Degengehenk an, das dieser aber als zu geringwertig zurückwies: »Das neme er nit.« Aber auch Friedrich von Lelliewah war bereit, seinem Schuldner entgegenzukommen. Er zeigte sich bereit, auf mehr als die Hälfte seiner Ansprüche zu verzichten, und forderte Meusebach auf, ihm einen Batzen zu geben und ein Paar Handschuhe zum Preis von drei Batzen zu kaufen, »so woltte er zufriden sein.« Diesen Kompromiss schlug wiederum Meusebach aus: »Er gebe ime also nit.«

      Nachdem alle vorherigen Schlichtungsversuche gescheitert waren, schaltete sich mit Friedrich von Kirschky, dem hohenlohischen Amtmann in Sindringen, ein weiterer hoher Beamter der Grafschaft Hohenlohe ein. Dieser gab später zu Protokoll, wie sehr er sich gerade an jenem Sonntag gefreut habe, dass die Hochzeitsfeierlichkeiten bisher ohne größere Zwischenfälle vonstattengegangen seien. Er habe, so seine Aussage, in der Hofstube gestanden »und mit zusammen gelegten Henden Gott gedanckht, daß es bey diser großen Menge so fridlich und wol abgangen, auch sonst kheyn Feursgefahr entstanden« sei. Der bei ihm stehende Sebastian von Morstein brachte den frohlockenden Amtmann auf den Boden der Tatsachen zurück, indem er ihm erklärte, »es were nit alledings frid, dann dort zween, die sich wollen streiten und balgen.« Nach einigen Nachforschungen musste Kirschky feststellen, dass es sich bei einem der »zween« um Friedrich von Lelliewah, den Sohn seiner Schwester, handelte. Der Amtmann musste demnach ein besonderes Interesse daran haben, den entstandenen Zwist nicht eskalieren zu lassen. Sollte sich sein junger Neffe in einen Skandal verwickeln lassen, so würde das zweifelsohne auch auf ihn zurückfallen. Entsprechend suchte er Lelliewah auf und wies ihn zurecht: »Es weren so vil Fürsten, Graven, Herrn und vom Adel alhier gewesen und [haben] nichts angefangen. Was er thon wolle? Solle sich zur Rhue begeben.« Lelliewah beteuerte gegenüber seinem Onkel, dass er dem Kontrahenten nichts tun wolle, wenn man ihm nur zu seinem Recht, also zu seinem Geld, verhelfe. Er führte weiter aus, dass er die sechs Batzen weit dringender brauche als Meusebach: Dieser »hette 10 Thaler zu verzehren, wo er khaum 10 Batzen hette.« (Tatsächlich fand sich bei der Inventarisierung des Gepäcks des Liebmann von Meusebach eine erhebliche Geldsumme von mehr als 23 Gulden. Rechnet man mit einem Gulden zu 60 und einem Taler zu 90 Kreuzern, so führte Meusebach

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