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Cäsar Baronius36, hat für die Unhaltbarkeit dieser Hypothese eine ganze Reihe von Momenten ins Feld geführt, die seitdem von der Kritik37 gerne wiederholt und zum Teil ergänzt wurden, so außer anderen Gründen, daß Basilius von Cäsarea, um 330 geboren, also um etwas Beträchtliches älter war als Chrysostomus, demnach nicht von Jugend an dessen unzertrennlicher Studiengenosse gewesen sein konnte. Außerdem stammte Basilius der Große aus Cäsarea, während dem gleichnamigen Freunde des Chrysostomus mit diesem dieselbe Vaterstadt, also Antiochien, gemeinsam war. Ferner war ersterer gleichzeitig mit Gregor von Nazianz seinen Studien zu Cäsarea und Athen obgelegen, während Chrysostomus seine wissenschaftliche Ausbildung zu Antiochien erhalten hatte. Basilius der Große war schon seit 370, also unter allen Umständen bereits mehrere Jahre vor dem frühesten Zeitpunkte Bischof, auf den die von Chrysostomus berichtete fragliche Bischofswahl und -weihe angesetzt werden könnte. Zudem war Basilius Bischof von Cäsarea in Kappadozien und war auch dort konsekriert worden und nicht in Syrien.

      Baronius38 hat auch bereits die Meinung des Patriarchen Photius39 zurückgewiesen, der in unserem Basilius den Bischof Basilius von Seleukia erblicken wollte. Diese Hypothese ist noch weniger stichhaltig. Photius stützte sich dabei auf eine gewisse Ähnlichkeit, die er glaubte zwischen den Schriften des Chrysostomus und denen des genannten Basilius in Bezug auf Form und Inhalt, namentlich in der Schriftauslegung, gefunden zu haben. Aber es steht fest40, daß dieser Basilius im Jahre 451 als Bischof dem Konzil von Chalcedon beiwohnte und daß er noch 458 an der Absendung eines Briefes an Kaiser Leo I. beteiligt war. Er kann demnach unmöglich schon achtzig bis fünfundachtzig Jahre früher die Bischofsweihe erhalten haben und gar noch vorher viele Jahre lang ein Studiengenosse des Chrysostomus gewesen, sozusagen mit diesem aufgewachsen sein, abgesehen davon, daß auch sein Bischofssitz wieder nicht in Syrien, sondern in Isaurien gelegen war.

      Letzterer Einwand gilt auch gegenüber der von anderen41aufgestellten Hypothese, Chrysostomus habe unter „dem Pseudonym Basilius" einen seiner von Sokrates42, Sozomenus43 und Theodoret44 genannten Jugendfreunde Maximus, Bischof von Seleukia, oder Euagrius verbergen wollen, vielleicht um aus Zartgefühl dessen Bescheidenheit nicht zu nahe zu treten. Liegt da aber nicht die Frage nahe, wie es dann Chrysostomus mit seiner eigenen Bescheidenheit zu vereinbaren vermochte, bei der Benützung des einen Pseudonyms seinen eigenen Namen um so stärker, zur Geltung zu bringen und erst recht in den Vordergrund zu schieben?45

      Wenn Baronius46 in seiner obengenannten Auseinandersetzung als Resultat aufstellt, es könnten bei der fraglichen Identifizierung überhaupt bloß zwei Persönlichkeiten in Betracht kommen als nächste Zeitgenossen des Chrysostomus; nämlich ein Bischof Basilius von Raphanea, oder ein zweiter gleichen Namens, Bischof von Biblos, die beide die Akten des Konzils von Konstantinopel vom Jahre 381 unterschrieben hätten, so haben schon Tillemont47 und Stilting48 darauf hingewiesen, daß letzterer unbedingt ausgeschaltet werden müsse, da dessen Bischofssitz, Biblos, weit von Antiochien entfernt gelegen habe, in Phönizien und nicht in Syrien, zudem sein Name, wie genau aus den Akten des genannten Konzils zu entnehmen sei, nicht Basilius, sondern tatsächlich Basilides laute49

      Dagegen hat der andere Name der Alternative des Baronius seitdem fast allgemeine Annahme gefunden50, insbesondere da man R a p h a n e a gewöhnlich ganz in die Nähe von Antiochien verlegte51 und infolgedessen dafür hielt, daß dort auch die am Schlusse des Dialogs verabredete Wiederaufnahme des früheren innigen Verkehrs zwischen den beiden Freunden leicht durchgeführt werden konnte. Doch mußte schon Baronius52 dem Zugeständnis Raum geben, daß von einer unbedingten historischen Gewißheit bei der Eruierung des fraglichen Basilius keine Rede sein könne, und auch spätere Kri¬tiker wie Stilting, Migne, Feßler, Cognet bezeichnen die von ihnen akzeptierte Identifizierung mit dem Bischofe Basilius von Raphanea nur als eine höchst wahrscheinliche. Direkte Zweifel äußert z. B. P. Batiffol53, der hinter „Raphanée“ ein ostentatives Fragezeichen anbringt, oder in neuester Zeit (1912) Bardenhewer54, der sich darauf beruft, daß in einer alten syrischen Übersetzung der Konzilsakten vom Jahre 381 der betreffende Bischof von Raphanea „Basilinus“ heiße, so daß dessen Name zweifelhaft sei. Diesem Momente kann jedoch keineswegs irgendwelche besondere oder ausschlaggebende Bedeutung zukommen, wenn in Betracht gezogen wird, daß der Herausgeber der fraglichen Übersetzung aus einer syrischen Handschrift (Codex Borgiano Siriaco 82) der Vatikanischen Bibliothek, O. Braun55, bemerkt, daß die Übersetzung keine einheitliche Arbeit sei, sondern das Werk eines Sammlers, der drei verschiedene Stücke zusammengefügt habe, ohne sie enger zu verbinden, ferner daß der Kodex zahlreiche Schreibfehler aufweise, die der Unwissenheit des Kopisten zur Last fallen und die bei der Ausgabe ungeändert abgedruckt wurden56.

      Jedenfalls ist jedoch dem Urteile von F.Preuschen zuzustimmen, der schreibt: „Von des Chrysostomus Studienfreund Basilius wissen wir nichts Näheres. Es ist eine bloße Vermutung, daß er der Bischof von Raphanea gewesen sein soll, dessen Unterschrift sich auf dem Konzil zu Konstantinopel 381 findet“57. Denn die ganze Hypothese beruht allein auf dem Umstände, daß dies die einzige, anderweitig bekannte zeitgenossische Persönlichkeit ist mit dem Namen Basilius, die dann ohne weitere Beweisgründe, bloß um ihrer gesicherten, gleichzeitigen Existenz willen, zu der fraglichen Identifizierung herangezogen wurde.

      Auch ist es durchaus nicht richtig, daß ein Basilius speziell als Bischof von Raphanea ganz glatt in den Rahmen des von Chrysostomus entworfenen Bildes passen würde. Denn Raphanea lag keineswegs in solcher Nähe von Antiochien, daß, wie man glaubte annehmen zu dürfen, von letzterer Stadt aus ein beständiger vertrauter Verkehr zwischen den beiden Freunden leicht und bequem hätte bewerkstelligt werden können. Raphanea gehörte nämlich im Gegensatze zu Antiochien zu Cöle-Syrien58, dem sogenannten hohlen Syrien, und kirchlich zur Provinz Syria secunda59während Antiochien die Metropole von Syria prima war[^60]. Geographisch ist die Lage zu bestimmen nach des Christ. Cellarius bekannter Notitia orbis antiqui[^61] zwischen dem Orte Antaradus und dem Flusse Orontes, also bedeutend südlich von Antiochia, oder, wie es im vergleichenden Wörterbuche der alten, mittleren und neuen Geographie von H. Th. Bischoff und J. H. Möller[^62] heißt, „östlich von Area, am nördlichen Ende des Libanon, in der Nähe des Städtchens Barin“. Eine genauere und anschaulichere Beschreibung bietet uns M. K. Mannert in seiner Geographie der Griechen und Römer[^63]: „Aus Josephus lernen wir, daß Raphanea östlich von Area, also am nördlichen Ende des Libanon lag. Sie kommt noch beim Hierokles unter dem verdorbenen Namen Raphaneä vor. Steph. Byzant. nebst der Peut. Tafel — aus dem Anfange des dritten Jahrhunderts — stellt Raphanä westlich von Epiphania und 33 Mill. von Apamea entfernt. Und in der nämlichen Lage eine Tagereise westlich von Chamat (Epiphania) kennt Abulfeda die Ruinen von Rafaniat und rühmt den ehemaligen Ort als in der Geschichte wichtig„ Schauen wir uns schließlich noch die Situation auf den von der altchristlichen Geographie unter genauer Benützung aller einschlägigen historischen und geographischen Notizen entworfenen Landkarten[^64] an, so wird die tatsächlich bedeutende Entfernung zwischen Antiochien und Raphanea am besten dadurch illustriert, daß wir im Zwischenraume zwischen beiden Städten mindestens fünf Bischofssitze zählen können: Gabbus, Seleukia, Apamea, Larissa, Epiphania. Dabei berechnet Mannert die Entfernung von Raphanea nach Epiphania auf eine Tagereise[^65], desgleichen eine Tagereise von Epiphania nach Larissa[^66] und eine dritte Tagereise von Larissa nach Apamea[^67]. Und mit Apamea ist nicht einmal die Hälfte der Wegstrecke erreicht zwischen Raphanea und Antiochien. Wie man unter solchen Umständen noch Raphanea „ganz in die Nähe“ oder gar, wie der Franzose Martin tut[^68], „quelques pas“ von Antiochien verlegen kann, ist wirklich unerfindlich. Oder sollte etwa keiner der bisherigen Kritiker unserer Chrysostomus-Basilius-Frage sich genau um die tatsächliche geographische Lage von Raphanea umgesehen haben?

      Übrigens läßt der genaue Wortlaut der von Basilius am Schlusse des Dialogs[^69] geäußerten flehentlichen Bitte, „ihn doch ja nicht auch nur einen kleinen Augenblick zu verlassen, vielmehr die frühere innige Gemeinschaft noch fester zu knüpfen“[^70], und die Zusage des Chrysostomus, „es, soweit es in seinen Kräften liege, an nichts fehlen zu lassen, sondern jeden Augenblick, an dem es jenem vergönnt sei, von seinen schweren Sorgen aufzuatmen, ihm zur Seite zu stehen“, die Absicht beider auch dahin interpretieren, nunmehr das von Basilius bereits früher[^71]

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