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Ich habe mir nur ein Badetuch eingepackt. Den Bikini habe ich vorhin schon übergestreift. Die Sehnsucht nach dem tiefen schwarzen Loch treibt mich voran. Nach wenigen Kilometern bin ich da. Obwohl die Sonne schon die Baumwipfel streift, schwitze ich. Wie immer schlage ich mich durchs Unterholz und werfe meine Sachen unter die Birke. Hastig klettere ich auf den Felsen und springe …

      Danach geht es mir besser. Die Stille tut gut. Auch das kalte Wasser, das auf der Haut prickelt. Endlich kommt mein Kopf zur Ruhe. Müde schlurfe ich aus dem Wasser und wickle mich in das Handtuch ein. So bleibe ich auf dem Felsen hocken und starre in den Sonnenuntergang, der sich auf der Wasseroberfläche zu spiegeln beginnt. Abends mag ich den See besonders gern. Abends, oder wenn es regnet. Da gehört er nur mir allein. Mit all den Geräuschen. Dem Schwappen. Dem Rascheln. Dem Gurgeln. Dann spüre ich die Kraft, die von diesem Ort ausgeht. Eine traurige Geschichte verbirgt sich hinter seinem Namen. Wahrscheinlich kommen deshalb kaum Leute hierher. Weil es ein verfluchter Ort ist. Und verfluchte Orte meidet man besser.

      Ich meide ihn nicht. Hier habe ich wenigstens meine Ruhe …

      «Ich wusste, dass du hier bist», schnauft es prompt hinter mir. Es ist Jelly. «Wenn man dich so sitzen sieht, könnte man Angst kriegen, weißt du das?»

      «Hast du mich erschreckt», stöhne ich, nachdem ich mich einigermaßen vom Schock erholt habe. Ich glaube, mein Herz hat für den Bruchteil einer Sekunde zu schlagen aufgehört. Deshalb sage ich: «Wenn jemand Angst kriegen muss, dann bin ich es. Wie kannst du dich auch nur so an mich heranschleichen? Gib es zu, das hast du mit Absicht gemacht. Zur Strafe.» Ich suche Jellys Blick.

      Sie grinst.

      «Tut mir übrigens leid. Wegen heute», hänge ich dran.

      Jelly grinst noch mehr. «Das soll es auch», sagt sie, und dann macht sie etwas, das sie bisher noch nie gemacht hat. Denn eigentlich hat Karolina es ihr verboten. Jellys Mama verbietet fast nie etwas, aber wenn es um den Jungfrauenfelsen geht, ist sie beinhart. Weil sie ziemlich abergläubisch ist.

      Deshalb fällt mir auch fast die Kinnlade runter, als Jelly auf den Jungfrauenfelsen klettert und sich vorsichtig neben mich setzt. «Boah, ist das unheimlich», grummelt sie, als sie die Nase über die Felskante streckt. «Meine Mama hat schon recht, wenn sie sagt, dass man nicht auf den Felsen klettern soll! Dass du da freiwillig hineinspringst!? Ehrlich, du hast einen Vogel!»

      «Ja, wahrscheinlich», sage ich und lege den Kopf auf ihre Schulter. «Es stimmt übrigens», füge ich verlegen hinzu.

      «Was? Dass du einen Vogel hast? Oder dass der Ort gruselig ist?»

      «Nein, wegen meinen Eltern», antworte ich. «Und … vor allem wegen Raphael. Und …» Ich gerate ins Stocken.

      Jelly dreht den Kopf zu mir. «Und Finn?»

      «Jaaa», gebe ich schließlich zu. «Und Finn. Aber du musst mir versprechen, dass du kein Sterbenswörtchen darüber verlieren wirst. Zu niemandem!»

      Jelly sieht mich beleidigt an. «Na, hör mal, als ob ich so eine Tratschtante wäre …»

      «Versprich es mir!»

      «Ich sage nix. Du kannst dich auf mich verlassen. Ehrlich! Aber warum machst du so ein Drama daraus? Finn ist doch süß, oder nicht?»

      «Und wie», seufze ich, woraufhin wir laut zu gackern anfangen, während die Sonne hinter dem Wald verschwindet und den See in dämmriges Licht hüllt.

      «Dann verstehe ich dein Problem nicht», meint Jelly nach einer Weile. Ich hole tief Luft und fange mühsam zu erzählen an. Und weil Jelly halt doch meine allerbeste Freundin ist und ich sie nicht verärgern will, lasse ich auch nichts aus.

      So erzähle ich ihr, wie mich Finn an der Bushaltestelle angesprochen hat. Wie wir uns bei der alten Eiche getroffen haben und was tatsächlich am Abend des Sonnenwendfestes passiert ist. Von unseren ersten Küssen im Obstgarten. Von Brummer. Und von meiner Angst, Raphael könnte ausrasten, wenn er erfahren würde, dass ich mich mit Finn treffe. Immerhin ist der Vater von Finn auch Raphaels Chef.

      Um uns herum ist es mittlerweile so finster geworden, dass ich Jellys Gesicht kaum noch sehen kann. Trotzdem merke ich, wie sie es verzieht. «Glaubst du nicht, dass du ein bisschen überreagierst?»

      Ich schüttle den Kopf. «Weißt du, Raphael hat sich seit dem letzten Jahr sehr verändert. Du würdest ihn nicht wiedererkennen», sage ich vorsichtig.

      Jelly murrt. «Woher soll ich denn wissen, wie dein Bruder gerade drauf ist, wenn er mir seit dem Anfall ständig aus dem Weg geht? Dabei hab ich ihm nichts getan. Wenn ich daran denke, wie oft wir früher zusammen gespielt haben. Du und ich und dein Bruder auf dem Heuboden …» Jelly wird auf einmal still. «Das ist lange her», murmelt sie, greift nach ihrem Pulli und steht auf. «Brrr, ist mir kalt! Lass uns abhauen. Wenn es finster wird, ist es noch unheimlicher hier.»

      «Ja gut», antworte ich. Nur mühsam finde ich Hose und T-Shirt in der Dunkelheit.

      Als wir unsere Räder Richtung Landstraße schieben, sagt Jelly: «Ich finde, du solltest dich nicht drum kümmern, was Raphael sagt. Was mit ihm passiert ist, ist blöd. Aber das mit Finn geht ihn nichts an.»

      Ich seufze. «Ach Jelly, warum muss alles so kompliziert sein?»

      «Weil du alles kompliziert machst», antwortet sie altklug. «Setz dich endlich durch und zeige, dass du kein Kind mehr bist! Du brauchst dir nicht alles gefallen zu lassen!»

      «Mhm», brumme ich. «Und wie soll ich das anstellen?»

      Jellys Stimme gurrt in der Dunkelheit: «Ach, da fällt mir bestimmt was ein …»

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