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niedlich: ein bisschen zerzaust, offenes Gesicht, dunkelblonde Mähne, strahlendes Lächeln, kleine Lachfältchen um Augen und Mund, nicht sehr groß, aber größer als ich, immer im sehr lässigen Outfit – Jeans und Hemden mit Blumenmuster. Ich bin mir aber nicht sicher, ob er schwul ist.

      9. Und dann, ebenfalls unter „R“, stoße ich auf Ramon. Treffer! Ramon ist der Salsa-Lehrer, von dem Dina mir schon seit zwei Jahren vorschwärmt. „Der ist so wahnsinnig sexy – wenn ich nicht vergeben wäre, würde ich sofort mit ihm in die Kiste steigen!“

      „Susan aus unserem Kurs hat mit Ramon eine Nacht verbracht – die ist völlig hin und weg.“

      „Ramon hat mich heute so angetanzt, das hat mich total angemacht.“

      Inzwischen ist Dina von Salsa mit Ramon zu Vinyasa Yoga mit Vidya gewechselt. „Es wurde mir einfach zu heiß mit Ramon – ich suche mir jetzt nur noch Kurse, in denen Frauen unterrichten.“

      Ramon! Das bedeutet: Ich muss mich zum Salsa-Kurs anmelden. Dabei ist Tanzen nicht gerade meine Stärke. Meine Kondition lässt auch zu wünschen übrig. Und Sport im Allgemeinen gehört sowieso nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Immerhin jogge ich jetzt seit zwei Monaten – das dürfte ein bisschen helfen. Auf keinen Fall kann ich da einfach so auftauchen und direkt mitmachen. Ich muss mich vorbereiten. Vor allem optisch. Deshalb kaufe ich mir erst mal ein neues Sportoutfit. In der Umkleidekabine überfallen mich übelste Selbstzweifel, weil das Licht von oben auf meinen Körper fällt. Sehe ich da erste Dellen auf meinen Oberschenkeln? Seit wann wölbt sich mein Bauch über dem Gummizug? Sind die verlorenen vier Liebeskummer-Kilos heimlich zurückgekehrt? Kann man mit Mitte 30 überhaupt noch bauchfrei zum Sport gehen? Und wie sieht das Ganze in Bewegung aus? Ich hüpfe in schwarzen Shorts und einem weißen Sport BH vor dem Spiegel auf und ab.

      „Alles in Ordnung da drin?“, fragt eine männliche Stimme vor der Kabine, und in einem übermutigen Impuls öffne ich den Vorhang und frage:

      „Ich weiß nicht. Was meinen Sie?“

      Der junge Verkäufer, der aussieht wie der jüngere Bruder von Boris Johnson, wird rot und stammelt:

      „Also, ich find’s cool.“

      „Danke“, flöte ich und ziehe den Vorhang wieder zu. Ich kaufe die Shorts eine Nummer größer, dann quetscht nichts mehr, und nehme noch ein schwarzes weites Oberteil mit riesigen Armausschnitten, durch die ein bisschen Haut und weißer Sport-BH durchblitzen.

      Zuhause vor dem Spiegel drehe ich mich zufrieden um mich selbst und wähle Ramons Nummer. „Oi! Ramon hier.“

      „Oi! (Oh mein Gott, habe ich das gerade wirklich gesagt?) Äh, hier spricht Luzy. Ich bin eine Freundin von Dina. Sie war mal bei dir im Salsa-Kurs. Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst …“

      „Querida – wenn ich mich an alle Frauen erinnern würde, die bei mir im Kurs waren, dann hätte ich keine Zeit mehr zu tanzen.“

      ‚Na, hoffentlich erinnerst du dich wenigstens an die, die du gevögelt hast’, schießt es mir durch den Kopf.

      „Ist ja auch nicht so wichtig“, sage ich. „Ich rufe an, weil ich gerne mal eine Probestunde bei dir machen würde.“

      „Allein?“, fragt er.

      Meine Stunde hat geschlagen!

      „Ja, am liebsten allein.“

      „Das ist nicht billig, eine Einzelstunde kostet 50 Euro. Zu zweit 30 Euro und in der Gruppe 15 Euro.“

      „Einzelstunde“, beharre ich.

      „Esta bem, Querida. Ich könnte übermorgen um 10 oder um 18 Uhr.“

      „Um 18 Uhr.“

      Auf jeden Fall abends!

      „Super.“

      Er gibt mir die Adresse des Studios, und wir legen auf. Ich weiß überhaupt nicht, wie Ramon aussieht, deshalb gehe ich ins Internet und tippe „berühmte Brasilianer“ ein. Neymar, Ronaldinho, Ronaldo – alles Fußballer. Ich kenne keinen und finde einen unattraktiver als den nächsten. Deshalb beschließe ich, nicht weiter zu forschen und mich überraschen zu lassen. Schließlich will ich ja auf Abenteuerreise gehen, und Abenteuer lassen sich nicht planen. Aber wenn Dina ihn so umwerfend findet, dann wird da ja was dran sein.

      Meine Lässigkeit hält bis zu dem Moment, in dem ich in meinem Mini Cooper Richtung Salsa-Studio fahre.

      ‚Wenn er dir nicht gefällt, musst du ja nichts mit ihm anfangen’, beruhige ich mich.

      ‚Aber was, wenn ich ihm nicht gefalle?’, ätzt eine andere Stimme in mir. ‚Was, wenn er nicht die geringsten Anstalten in Richtung Flirt macht?‘ Der Blick in den Rückspiegel entstresst mich ein wenig. Ich sehe gut aus, nur wenig geschminkt, die Haare zu einem sportlichen Dutt hochgebunden, leicht rote Wangen, vielleicht vor Aufregung. Ich trage ein hellblaues sportliches Hemdblusenkleid, das vorne mit Druckknöpfen verschlossen ist, und dazu weiße Turnschuhe. Meine Sportsachen will ich vor Ort anziehen. Ramon soll mich schließlich erst einmal als Frau wahrnehmen.

      Als ich am Studio ankomme, steht die Tür weit offen, aus dem Inneren dringt brasilianische Musik. Ich trete in den gut 100 Quadratmeter großen, komplett verspiegelten Raum, und mir strahlt ein ausgesprochen gut geschnittenes Gesicht mit blendend weißen Zähnen entgegen, das auf einem sehr trainierten, nicht allzu großen Körper sitzt.

      ‚Hoffentlich ist er nicht kleiner als ich’, schießt mir Regel Nummer 8 durch den Kopf. Ramon kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, umfasst meine Schultern und küsst mich zur Begrüßung mit drei Küsschen auf die Wange: links, rechts, links.

      „Oi, meine Schöne.“

      Ich verkneife mir ein weiteres ‚Oi‘ und belasse es bei einem halbwegs entspannten „Hi.“

      „Komm rein.“

      Wir plaudern ein wenig über das Wetter, das Studio und Brasilien. Dann sagt er:

      „Willst du dich noch umziehen? Ich zeige dir die Kabinen.“

      In der Umkleide schlägt mir das Herz doch tatsächlich bis zum Hals. Ramon ist total heiß. Er bewegt sich wie eine geschmeidige Katze, mit sehr lässigem Hüftschwung und aufrechtem Gang. Er ist charmant, flirty und sexy. Und: Er ist definitiv nicht kleiner als ich.

      ‚Gute Wahl, Luzy’, sage ich mir und wage mich in meinem Sportdress in die Höhle des Löwen.

      „Schon mal Salsa getanzt?“, fragt er mich.

      „Nicht wirklich – deshalb wollte ich ja auch eine Einzelstunde.“

      „Ach ja?“

      Er lächelt, und ich weiß nicht recht, was ich antworten soll.

      „Dann stell dich mal hier vor den Spiegel.“

      Er schaltet die Musikanlage an, platziert sich direkt hinter mir, umfasst meine Hüften und beginnt, mich langsam hin und her zu wiegen.

      „Schön lockerlassen.“

      Es dauert ein paar Sekunden, aber dann bewege ich mich im Rhythmus zu seinem Hüftschwung. Erst von rechts nach links, dann kreisend. Unsere Blicke begegnen sich im Spiegel. Ramon lächelt und setzt einen Fuß nach rechts. Ich folge ihm, Fuß zur Mitte, Fuß nach links. Ich fühle seinen Atem in meinem Nacken, und mir stellen sich die Härchen auf. „Nicht nachdenken, Querida!“, flüstert er. „Konzentrier dich nur auf meine Bewegungen.“

      Sein Körper schwingt warm und geschmeidig hinter meinem. Seine Hände wandern von meinen Hüften zu meiner Taille. Er dirigiert mich sanft zu der Musik, lässt mich los, dreht mich zu sich, zieht mich an sich, schiebt mich wieder weg, wirbelt mich zurück. Das Ganze mit einer Anmut und Eleganz, die mir die Sinne rauben. Seine Handgriffe sind bestimmt, aber nicht fordernd. Wir kommen uns ganz nah und entfernen uns wieder voneinander. Mein Atem geht schneller, aber mein Herz klopft im ruhigen Rhythmus der Vertrautheit. Wir tanzen wie Liebende, die sich verlieren, suchen und wiederfinden.

      In einer weiteren

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