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hätte es von mir aus nie geschafft, David-Alexander einfach so, also ohne triftigen Grund, zu verlassen. Dazu war ich viel zu harmoniebedürftig. Nun gab es einen Anlass. Wir machten kein großes Tamtam um die Trennung. Er zog aus, ließ sich nach London versetzen und erlebt wahrscheinlich dort jetzt den Sex seines Lebens. Das nehme ich ihm allerdings immer noch übel. Wieso konnte er diese Seiten nicht mit mir ausleben? War ich so langweilig? Fand er mich überhaupt je sexy?

      „Im Bett war es einfach kein Match mit uns“, meinte er zuletzt. Neuerdings war seine Sprache mit Anglizismen durchsetzt.

      „Na, dann hoffe ich, dass deine Performance jetzt ein bisschen nicer ausfällt“, ermunterte ich ihn zum Abschied.

      Das ist drei Monate her, und nach sechs Wochen Trauerhungern (immerhin vier Kilo weniger), allen sechs Staffeln von „The Affair“, unzähligen Therapiesitzungen mit Dina „Ich fand David-Alexander immer total langweilig“ (danke, Dina), weiteren Therapiesitzungen mit meinem allerbesten Freund Daniel „Willst du Trost-Sex? Ich bin bereit“ (nein, danke, Daniel) und vier Aufpäppel-Wochenenden bei meinen Eltern „Nett war er ja, und auch gut erzogen“ (danke, Papa) „War er so gut im Bett, oder was hat dich an ihm gereizt?“ (danke, Mama) fällte ich eine Entscheidung.

      Ich bin 35 Jahre alt, 1,72 Meter groß, habe braune Augen, dunkelblondes glattes Haar, das mir bis auf die Schultern fällt. Ich trage Körbchengröße B, habe einen runden Hintern und schlanke lange Beine. Ich bin nicht so schön wie Charlize Theron, aber insgesamt ganz hübsch. Mehr so der Typ Drew Barrymore. Ich habe einen angenehmen Job als Glückskeksautorin, manchmal arbeite ich zusätzlich als freie Werbetexterin. Ich wohne in einer schönen Wohnung, in der ich, seit David Alexander ausgezogen ist, tun und lassen kann, was ich will. Das Einzige, was mir fehlt ist – nein, kein Mann! Was mir fehlt, sind erotische Erfahrungen. Ich will wissen, was mir im Bett Spaß macht, was Männern im Bett Spaß macht, wie ich Männern Spaß bereiten kann und umgekehrt. Und ich will mich endlich von meinem kleinen Tchibo-Massage-Gerät verabschieden, das auch während der Beziehung mit David-Alexander des Öfteren zum Solo-Einsatz kam. Oder ich ersetze es erst mal durch einen Womanizer – der soll ja eine Offenbarung sein. Aber vor allem will ich echten Sex. Ich will meinen Körper kennenlernen, mich lockermachen, herausfinden, ob es diesen verdammten G-Punkt gibt und wahnsinnige Lust erleben.

      Dafür habe ich Regeln aufgestellt:

      1. Für ein Jahr Single bleiben

      2. Beim dritten Date muss es zum Sex kommen, sonst kein weiteres Investment

      3. Mit keinem Mann öfter als drei Mal

      4. Schlechten Sex abbrechen

      5. Alles zulassen bis auf Urin- und Fäkalspielchen

      6. Nicht verlieben (auweia)

      7. Keiner über 50

      8. Keiner darf kleiner sein als ich

      9. Keine Hemmungen

      Und es gibt noch eine geheime 10. Regel – ich will am Ende meiner Abenteuerreise meinem Arbeitgeber eine Glückskeks-Sonderedition vorschlagen: erotische Fortune-Cookies! Also, was auch immer ich erlebe: Es muss ein Spruch dabei herausspringen!

      Es tut gut, einen Plan zu haben, und was soll ich Euch sagen: Er hat mir – wie eingangs beschrieben – schon beim ersten Date zum besten Orgasmus meines bisherigen Lebens verholfen. Von mir aus kann es so weitergehen …

      Kapitel 2

       Öffne dein Lustschloss und spüre den heißen Hauch des Südens

      Mein erstes Date soll auf jeden Fall ein Erfolg werden. Also in erotischer Hinsicht kann ich das natürlich nicht vorher wissen, aber ich möchte zumindest sichergehen, dass es am Ende dorthin führt, wo ich hin will: ins Bett (im übertragenen Sinne, von mir aus könnte es auch auf dem Küchentisch passieren oder auf einer Parkbank). Deshalb gehe ich im Geiste meine naheliegenden Optionen durch. Da ist dieser niedliche Kellner in dem Coffeeshop, bei dem ich mir morgens nach dem Joggen immer meinen Hafer-Latte hole. Das habe ich mir nach der Trennung von David-Alexander angewöhnt – also beides: das Joggen und den Hafer-Latte. Der niedliche Kellner heißt Gary, kommt aus Australien, ist, würde ich sagen, Ende 20 und hat so einen süßen Akzent. Er ist mindestens 1,90 Meter groß, was schon mal gut ist, und trägt einen dunkelblonden Dutt. Ja, ich weiß, ist nicht jedermanns beziehungsweise -fraus Sache, aber ich stehe nun mal drauf. Allerdings ist er nicht meine erste Wahl für mein Auftakt-Date. Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist er mir eine Spur zu schmächtig. Er trägt seine Jeans im Baggy-Style, und ich habe immer Angst, dass ihm die Hose gleich völlig abrutscht, weil da irgendwie kein richtiger Hintern drin ist. Meistens hat er dazu ein T-Shirt mit V-Ausschnitt an. Insgesamt hat er eine sexy Ausstrahlung und inmitten seines Hipster-Barts ein wirklich anziehendes Lächeln.

      Trotzdem: Ich nehme mir vor, Gary erst einmal aufzuschieben. Wer weiß, vielleicht lecke ich mir nach ein paar Reinfällen noch alle zehn Finger nach ihm.

      Also weiter: Neulich habe ich auf einer kleinen Party bei Dina ihren neuen Kollegen kennengelernt, Alex. Typ Werber, was kein Wunder ist, weil Dina in einer Werbeagentur arbeitet, also was machen wohl ihre Kollegen?! Haha, schlaue Luzy! Alex sieht echt gut aus: groß, schlank, trainiert, kurzes blondes Haar und hellblaue Augen. Sehr selbstbewusst – und seine Anekdote, wie er sich vor der ersten Präsentation vor einem neuen Kunden für Slipeinlagen noch eben die Hände waschen wollte, die Seife aus dem Spender dann auf seinem Hosenschlitz landete, er den peinlichen Fleck wegwischen wollte und das ganze Dilemma immer größer und größer wurde, bis es am Ende so aussah, als hätte er sich in die Hose gemacht, war wirklich zu komisch.

      „Wie ist es ausgegangen?“, fragte ich.

      „Ich habe dem Kunden vorgeschlagen, über ein entsprechendes Einlageprodukt für Männer nachzudenken, und wir haben alle herzlich gelacht.“

      Typisch. Männer kommen aus ihren eigenen Geschichten immer als Gewinner raus – selbst aus den peinlichsten Situationen. Also Alex muss ich mir erst zutrauen, und dafür muss ich meinen Erfahrungsschatz vergrößern.

      Ich durchforste meine Kontakte auf dem Handy.

      1. Addy, ehemaliger Schulfreund, Computernerd mit leichtem Bauchansatz und komplett asexuell – kommt beim besten Willen nicht infrage.

      2. Chris, kenne ich aus meiner Zeit im Gym – sexy, sehr trainiert, groß, blond, ein bisschen naiv, aber ganz süß. Mal sehen …

      3. Daniel – mein allerbester Freund, Ende 30, Musiker, spielt Schlagzeug, superlustig, schlau, schlagfertig, gut aussehend mit dunkelroten Locken und einer Topfigur, sensationeller Tänzer. schräg und immer ‚up-to-date’. „In den USA verletzen sich jedes Jahr 11.000 Menschen bei erotischen Experimenten.“ So was muss man erst mal wissen! Also Daniel wäre mein Mr. Right – gäbe es da nicht eine Sache: Daniel ist … Nein, nicht schwul. Er ist nur 1,65 Meter groß, und das ist mir definitiv zu klein.

      „Das sagt aber nichts über meine Penisgröße!“

      Mag sein, geht aber trotzdem nicht!

      4. Gil – ein ehemaliger Studienkollege von mir, groß, ein bisschen schlaksig, Typ Cordanzug, hip, mit einem ausgeprägten Sinn fürs Romantische, liebt und schreibt Gedichte – wäre einen Versuch wert. Ich habe allerdings lange nichts von ihm gehört, womöglich ist er längst in einer Beziehung und liest seinen Kindern Goethe vor

      5. Herbert – hat um die Ecke von meiner Wohnung ein Architekturbüro. Anfang 40, sehr lässig, wuschelige Locken, ein Lächeln wie Ryan Gosling, Topbody – ist leider gerade frisch verliebt, sonst wäre er meine erste Wahl gewesen

      6. Kasimir, Haus- und Hofhandwerker meiner Eltern. Er kommt aus Polen, dürfte so um die 40 sein, hat ebenfalls einen sehr süßen Akzent (ich merke gerade, dass ich auf Akzente stehe), trägt Glatze (steht ihm sehr gut), arbeitet gerne mit freiem Oberkörper, ist etwa so groß wie ich und hat diese erotische Ausstrahlung eines Stahlarbeiters. Ziemlich sexy.

      7. Mike – guter Freund von Dina. Nicht hübsch, nicht hässlich, Typ Jeff Bezos

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